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Der neue Feminismus von 1963 bis heute

Barbara Holland-Cunz – 2006

Dieser Aufsatz ist ein Kapitel des im Suhrkamp Verlag erschienenen Buches „Die alte neue Frauenfrage“ von Barbara Holland-Cunz (Edition Suhrkamp, Frankfurt am Main 2003, ISBN 3518123351, Taschenbuch, 309 Seiten). Wir danken Barbara Holland-Cunz, Claudia Brandes und dem Suhrkamp Verlag für die Erlaubnis einer Veröffentlichung des Textes. Inhaber der Rechte am Text ist der Suhrkamp Verlag. Auf unserer Webseite befindet sich ein Link zum Suhrkamp Verlag, u.a. mit einer Bestellmöglichkeit des o.g. Buches (http://www.suhrkamp.de). Abstract Im Mittelpunkt der Geschichte der Neuen Frauenbewegung von 1963 bis heute steht der Freiheitsbegriff des neuen Feminismus: Vor allem in den Anfangsjahren geht es nicht um die Teilhabe an einer ungerechten patriarchalen Gesellschaft, sondern um die Verwirklichung einer anderen, besseren Gesellschaft freier Frauen und Männer. Verknüpft wird die Realisierung der Freiheit mit einem Gleichheitsideal legitimer Differenzen: An die Stelle der Polarisierung der vermeintlichen natürlichen Geschlechtscharaktere tritt eine Vielfalt individueller Unterschiede und gesellschaftlicher Lebenspläne. Auch wenn sich von der Aufbruchszeit der sechziger Jahre, in denen neben öffentlich-politischen Aktionen die physische, psychische und intellektuelle Selbstverständigung der Frauen zentral war, politisch wenig erhalten hat, stammen die bis heute gängigen Klischees über die Frauenbewegung aus dieser Zeit. Holland-Cunz wertet dies als Ausdruck dessen, dass die damalige frauenpolitische Selbstinteressiertheit, Selbstbezüglichkeit und Selbstgenügsamkeit in einer konservativen patriarchalen Gesellschaft als Anmaßung empfunden wurde (und wird). Nach einer Ausdifferenzierung feministischer Strömungen in den 1980er Jahren institutionalisieren sich im Laufe der 1990er Jahre feministische Anliegen zunehmend in Form von Gleichstellungsstellen und Frauenquoten. Gleichzeitig findet eine weitgehende Professionalisierung feministischer Theorie statt, die, wie der Text aufzeigt, mit einer Entpolitisierung einhergeht. Im Bereich feministischer Theorie distanzieren sich in den 1990ern viele TheoretikerInnen sowohl vom Gleichheits- als auch vom Differenzdenken zugunsten von Postmoderne und Dekonstruktion. Mit Foucault macht Holland-Cunz eine Normalisierung in den Feldern feministischen Engagements aus. Entsprechend zwiespältig ist ihr Fazit: Zwar sind Frauenfragen international und global verankert worden, doch die nationalen Fortschritte stagnieren seit geraumer Zeit. Feminismus hat sich als Beruf etabliert, doch es fehlt an neuen AktivistInnen und neuen Aktions- und Denkformen, um den aktuellen frauenpolitischen Herausforderungen zu begegnen.

Titel
Der neue Feminismus von 1963 bis heute
Verfasser
Barbara Holland-Cunz
Datum
2006-02
Art
Text

Über die Autorin

Barbara Holland-Cunz, Prof. Dr. phil., Politikwissenschaftlerin. Professorin für Politikwissenschaft mit dem Schwerpunkt Frauenforschung und Leiterin der Arbeitsstelle Gender Studies an der Justus-Liebig-Universität Gießen.
Von 1988 bis 1993 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin im Schwerpunkt Frauenforschung der Universität Frankfurt am Main.
Von 1993 bis 1995 hatte sie eine Professur am Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin inne.
Im Sommer 2000 lehrte sie als Gastprofessorin an der Leopold-Franzens-Universität Innsbruck.
Ihre Arbeitsschwerpunkte sind: Politische Theorie; Frauenbewegung, Gleichstellungspolitik, Partizipation, neue soziale Bewegungen; Wissenschafts- und Naturtheorie.
Seit mehr als fünfundzwanzig Jahren engagiert sie sich in der Frauenbewegung und Frauenpolitik in und außerhalb der Hochschule, u.a. als Vorsitzende des Ständigen Ausschusses für Fragen der Frauenförderung in der Deutschen Vereinigung für Politische Wissenschaft.

Zur Zeit ist sie aktives Mitglied der Städtegruppe Rhein-Main von terre des femmes e.V.

 

Veröffentlichungen u.a.

Die Regierung des Wissens. Wissenschaft, Politik und Geschlecht in der „Wissensgesellschaft“, Opladen: Verlag Barbara Budrich 2005

Mit Karola Maltry/ Nina Köllhofer/ Rolf Löchel/ Renate Rausch (Hg.): Zukunftsbilder. Wie Frauen in dreißig Jahren leben werden – Prognosen und Visionen, Königstein/Taunus: Helmer 2004

Mit Uta Ruppert (Hg.): Frauenpolitische Chancen globaler Politik. Verhandlungserfahrungen im internationalen Kontext, Opladen: Leske & Budrich 2000

Feministische Demokratietheorie. Thesen zu einem Projekt, Opladen: Leske & Budrich 1998

Soziales Subjekt Natur. Natur- und Geschlechterverhältnis in emanzipatorischen politischen Theorien, Frankfurt am Main/ New York: Campus 1994

Utopien der Neuen Frauenbewegung. Gesellschaftsentwürfe im Kontext feministischer Theorie und Praxis, Meitingen: Corian 1988


Kontakt

Barbara Holland-Cunz
Justus-Liebig-Universität
Institut für Politikwissenschaft
Karl-Glöckner-Str. 21E
35394 Gießen
oder
Arbeitsstelle Gender Studies der Justus-Liebig-Universität Giessen
Karl-Glöckner-Str. 21H
35394 Gießen

E-Mail: Barbara.Holland-Cunz@sowi.uni-giessen.de
URL: www.uni-giessen.de/genderstudies