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Musik ist die Sprache der Gefühle

Studie der Freien Universität zeigt, dass Musik auf Gehirnstrukturen wirkt, die mit Emotionen in Verbindung stehen - Bedeutung für die Therapie psychiatrischer und neurologischer Erkrankungen

Nr. 72/2014 vom 05.03.2014

Musik kann nach einer Studie von Prof. Dr. Stefan Koelsch von der Freien Universität Berlin Emotionen hervorrufen und Stimmungen ändern. Das zeigt der Musikpsychologe vom Exzellenzcluster Languages of Emotion in einer Veröffentlichung in der jüngsten Ausgabe der Fachzeitschrift Nature Reviews Neuroscience. Für den Artikel wertete er 21 neurowissenschaftliche Studien mit bildgebenden Verfahren zur Wirkung von Emotionen auf Hirnstrukturen aus. Musik habe die Kraft, die neuronale Aktivität in Gehirnregionen, die mit Emotionen in Verbindung stehen, zu ändern, erläutert Koelsch. Dies habe bedeutende Auswirkungen für die Entwicklung musikbasierter Therapien für neurologische und psychiatrische Erkrankungen, bei denen diese Gehirnregionen betroffen seien.

Bei den von Musik angesprochenen Strukturen handelt es sich unter anderem um den sogenannten Mandelkern – Amygdala –, den Hippocampus sowie weitere Regionen, die eine zentrale Rolle für Emotionen spielen. Sind diese Strukturen bei Personen geschädigt, fallen auch deren emotionale Reaktionen auf Musik schwächer aus. Diese Reaktionen umfassen neben den subjektiven Empfindungen auch physiologische Veränderungen, Veränderung der Mimik wie Lächeln und der Wunsch zu klatschen, zu tanzen oder (mit) zu musizieren.

Inwieweit zwischen Alltagsemotionen und durch Musik hervorgebrachten Emotionen unterschieden werden kann, muss noch geklärt werden, sagt Koelsch. Es gebe zahlreiche Überschneidungen zwischen den beiden, jedoch auch Unterschiede. Einige Emotionen werden öfter in der Musik als im alltäglichen Leben erlebt – etwa bewegt sein, gerührt sein und Erlebnisse von Spiritualität und Transzendenz. Andere Emotionen wie Schuld und Scham spielten im Alltagsleben der Menschen oft eine Rolle, jedoch praktisch nicht in der Musik. Während Traurigkeit von den meisten Menschen als unangenehm erlebt wird, kann traurige Musik eine tröstende Funktion haben.

Die Befunde bekräftigen musik-therapeutische Methoden, bei denen die Therapie von Patienten mit emotionalen, psychiatrischen oder neurologischen Störungen durch Musik und Musizieren unterstützt wird. Da die Erforschung der Wirkungsnachweise dieser Methoden erst am Anfang steht, hat die Arbeitsgruppe von Stefan Koelsch an der Freien Universität Berlin zum Ziel, nun die Wirkung von Musiktherapie bei Personen mit Krankheiten wie Alzheimer, Depression oder mit chronischen Erkrankungen des Immunsystems zu untersuchen. Insbesondere bei Alzheimer-Patienten könne Musizieren mit einem Instrument, das in der Jugend gelernt wurde, erstaunlich positive Effekte haben. Aufgrund seiner Effekte auf Emotionen und das Gehirn habe Musikhören und eigenes Musizieren, insbesondere das Erlernen eines Instruments während Kindheit und Jugend, eine nicht zu unterschätzende Bedeutung für eine Gesellschaft.

Literatur

Koelsch, S. (2014): Brain correlates of music-evoked emotions, Nature Reviews Neuroscience 15, 170–180, doi:10.1038/nrn3666

Weitere Informationen

  • Prof. Dr. Stefan Koelsch, Cluster Languages of Emotion, Freie Universität Berlin, E-Mail: koelsch@cbs.mpg.de
  • Dr. Nina Diezemann, Presse und Kommunikation, Freie Universität Berlin, Telefon 030 838-73190, E-Mail: nina.diezemann@fu-berlin.de