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Der Architekt Henry van de Velde 1913: Abgesang des Jugendstils?

Internationale Tagung der Freien Universität vom 28. bis 30. November zum Architekturskandal um das Théâtre des Champs-Elysées in Paris und um Paradigmenwechsel in der Architektur vor 100 Jahren

Nr. 363/2013 vom 26.11.2013

Eine internationale Tagung zum belgisch-flämischen Architekten, Ausstatters und Theoretikers Henry van de Velde (1863–1957) wird vom 28. bis 30. November 2013 vom Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin veranstaltet. Im Mittelpunkt der Tagung steht ein Architekturskandal um das Théâtre des Champs-Elysées in Paris, der sich 2013 zum 100. Mal jährt, und der einhergehende Paradigmenwechsel in der damaligen Architektur. Am 29. und 30.11. ist die Veranstaltung öffentlich, der Eintritt frei.

Das Jahr 1913 markiert ein signifikantes Datum im Leben des Allroundtalents Henry van de Velde. Im April, dem Monat seines 50. Geburtstags, war eines seiner Hauptwerke eröffnet worden: das große Théâtre des Champs-Elysées in Paris. Die Ausführung und die Anerkennung der Autorschaft war ihm allerdings unter skandalösen Umständen durch den Architekten Auguste Perret entwunden worden, der aus dem Bauwerk das Initialwerk einer klassizistischen Moderne machte.

Der Skandal hat eine weit über die Konkurrenz von Architekten hinausweisende Bedeutung. Auf dem Zenit seiner Berühmtheit – Henry van de Velde war nach Deutschland als Leiter der Weimar Kunstschule berufen worden, er war mit ambitionierten Projekten in ganz Europa betraut und maßgeblicher Protagonist des Deutschen Werkbundes – erlebte der Architekt, dass sich die Rahmenbedingungen seines künstlerischen Schaffens radikal änderten: Unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg vorschoben sich umfassend und sehr eindringlich die Ziele und Diskurse von Architektur und künstlerischer Ausstattung. Selbstverständnis des sogenannten Jugendstils im Allgemeinen und von Henry van de Veldes Arbeit im Besonderen war es gewesen, in pädagogischer und emanzipatorischer Weise die Umgebung des Menschen auf eine höhere Wahrnehmungsstufe zu heben. Nunmehr trat verstärkt der Imperativ in Kraft, über die Architektur als Leitgattung Ordnung und Hierarchie zu vermitteln – häufig als anschauliches Äquivalent angeblich nationaler Eigenschaften. Dies gilt für alle Länder, in denen Henry van de Velde in dieser Zeit tätig war, insbesondere in Frankreich und Deutschland. Wesentliche Kriterien von Architektur, Innenausstattung und Kunsthandwerk standen nun auf dem Prüfstand: Ornament und Emotion, Theatralität und Pädagogik, Monumentalität und Präsenz.

Ziel der Veranstaltung ist es, den hier umrissenen Paradigmenwechsel insbesondere anhand des Werkes des herausragenden Architekten und Künstlersder Zeit, Henry van de Velde, schärfer als zuvor zu umreißen. Einen Schwerpunkt bilden dessen Theaterbauprojekte in der Zusammenschau mit den Theaterreformen der Zeit, in denen die Rolle des Zuschauers seit etwa 1900 neu bestimmt wurde. Damit im Zusammenhang steht ein weiteres Leitthema, das in letzter Zeit vermehrte Aufmerksamkeit in der Forschung erhält: die emotionale Wirkqualität der Architektur. Sie bildete die wesentliche Diskursebene, auf der die Hinwendung zu einer neuen Architekturästhetik formuliert wurde. Insoweit sind die Parameter von „Konstruktion“ und „Monumentalität“ dritter Fokus der Veranstaltung.

Die Tagung wurde konzipiert von Prof. Dr. Christian Freigang vom Kunsthistorischen Institut der Freien Unversität Berlin in Zusammenarbeit mit der Flämischen Repräsentanz in Berlin.

Zeit und Ort

  • Donnerstag, den 28. November 2013, Beginn 18.00 Uhr: Belgische Botschaft Berlin, Jägerstraße 52–53, 10117 Berlin (Alle Plätze sind bereits belegt)
  • Freitag, den 29. November 2013, Beginn 9.00 Uhr: Henry-Ford-Bau der Freien Universität Berlin, Garystraße 35, 14195 Berlin
  • Sonnabend, den 30. November 2013, Beginn 10.00 Uhr: Bröhan-Museum, Schloßstraße 1 a, 14059 Berlin

Weitere Informationen

Christine Beese, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Arbeitsbereich Architekturgeschichte, Kunsthistorisches Institut der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-59293, E-Mail: c.beese@fu-berlin.de

Im Internet

www.geschkult.fu-berlin.de/e/khi/veranstaltungen/velde_tagung.html