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Bioethik für Reagenzglas–Empryonen: Wie verändern die Biowissenschaften das Selbstverständnis des Menschen?

Nobelpreisträgerin Christiane Nüsslein-Volhard trifft auf Philosoph Volker Gerhardt

Nr. 254/2002 vom 20.11.2002

Wer soll über die Präimplantationsdiagnostik (PID), also über Gentests an Reagenzglas-Embryonen entscheiden? Wann entsteht aus einer Ansammlung von Zellen ein zu schützender Mensch? Kurz vor der Veröffentlichung der Stellungnahme des Nationalen Ethikrats zur umstrittenen Präimplantationsdiagnostik werden zwei der einflussreichsten Mitglieder des Rates im Rahmen der Ringvorlesung "Bioethik und Biopolitik" aus der Reihe Universitätsvorlesungen an der Freien Universität Berlin aufeinander treffen.

"Wie soll eine wirkungsvolle und ungefährliche Therapie entstehen, wenn nicht vorher geforscht, entwickelt und erprobt wurde?" fragt die Nobelpreisträgerin 1996 für Medizin und Physiologie, Prof. Dr. Christiane Nüsslein-Volhard. Die Biologin vom Tübinger Max-Planck-Institut für Entwicklungsbiologie befürwortet die Gentechnik. Aber sie sieht die Verantwortung für den Stammzellimport und die Stammzellengewinnung überwiegend bei der Frau. Sie soll entscheiden, was mit ihrem Embryo geschieht. "Ich denke nicht, dass die katholische Kirche das Recht hat, dogmatisch Ethiknormen festzulegen", betont die Forscherin.

Prof. Dr. Volker Gerhardt, der renommierte Rechts- und Sozialphilosoph von der Berliner Humboldt- Universität, sieht sich vor allem als Verteidiger der Genforschung gegen ihre apokalyptischen Kritiker. Der Vorsitzende der Bioethik-Kommission der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) warnt davor, aus dem biologischen Faktum der Verschmelzung von Ei- und Samenzelle ein moralisches Prinzip zu machen. Er will auch die großen Chancen der neuen Biotechnologien berücksichtigt sehen. "Es gibt Grenzen, die sind gesetzlich geregelt - durch Gentechnik, Embryonenschutz- und Tierschutzgesetz -, und die werden vollkommen respektiert, darüber gibt es keine Debatte", sagt Christiane Nüsslein-Volhard.

Wie bereits in den vorausgegangenen Veranstaltungen, tragen die Wissenschaftler jeweils Ihre Positionen vor und diskutieren miteinander. Danach hat das Publikum Gelegenheit, auch kritische Fragen zu den neuen Verfahren zu stellen: Wie verändern die Biowissenschaften das Selbstverständnis des Menschen?

Zeit und Ort:

Donnertag, 21.November, 18.00 bis 20.00 Uhr
Freie Universität Berlin, Habelschwerdter Allee 45, Rostlaube, Hörsaal 1b, 14195 Berlin

Weitere Informationen

  • Dr. Mirjam Schaub, Sascha Karberg, Telefon: 030 / 70 50 96 60, E-Mail: schaub@zedat.fu-berlin.de, karberg@jb-schnittstelle.de, im Internet unter: www.netzeitung.de/bioethik
  • Kooperationspartner der Ringvorlesung sind: Heinrich-Böll-Stiftung, Epigenomics AG, Mologen AG, Technologiestiftung Berlin (TSB), Verein zur Förderung der Nutrigenomic, BioTOP Berlin-Brandenburg
  • Medienpartner der Ringvorlesung sind: infoRADIO Berlin, NETZEITUNG.DE, Journalistenbüro Schnittstelle