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"Rauschen. Seine Phänomenologie und Semantik zwischen Sinn und Störung"

Interdisziplinäre Tagung vom 2. bis 3. Dezember 1999

Nr. 230/1999 vom 29.11.1999

Das Rauschen ist allgegenwärtig, man muß es nur wahrnehmen: Es rauschen die Wälder, die Meere und die Fernseher nach Sendeschluß. Der Verkehr rauscht an einem vorbei – wie fast das ganze Leben. Ja selbst das Universum rauscht still vor sich hin, kaum hörbar, immerfort, auf ewig. Die intellektuelle Beschäftigung mit dem Rauschen ist hochproduktiv, führt sie uns doch in ungeahnte Sphären des Unbewußten. Niemand weiß das besser als die Wissenschafler/innen des DFG-Forschungsprojekts "Derealisierung und Digitalisierung" am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie im Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin. Sie haben dem Rauschen eine ganze interdisziplinäre Tagung gewidmet. Das Event findet vom 2. bis 3. Dezember 1999 im Clubhaus der Freien Universität Berlin, Goethestr. 49, 14163 Berlin, statt. Expertinn/en aus Deutschland, Großbritannien, Taiwan, Österreich und den USA folgen in ihren Vorträgen dem Rauschen in Technik, Sprache und Kunst.

Rauschen hat Konjunktur, zumindest in den medien- und informationstheoretischen Diskussionen, aber auch in der Kunst. Im Deutschen bezeichnet das Wort Rauschen den Gegensatz zu Struktur, Ordnung und Information, also Unordnung, Chaos oder gar Störung. Aufgrund der semantischen Breite des Wortes und je nach theoretischer Ausrichtung ist nicht klar einzuschätzen, inwiefern man es beim Rauschen mit einem Begriff, mit einer Metapher, mit einem Phänomen oder mit einem Motiv zu tun hat. Die Karriere des Rauschens im Kontext theoretischer Debatten resultiert daher gerade im deutschsprachigen Raum nicht zuletzt aus der Vieldeutigkeit und Mehrwertigkeit des Wortes: Als Naturphänomen, ja als "Kulisse des Universums" ist das Rauschen vor allem in der Kunst (Musik, Naturlyrik) und in der ästhetischen Theorie mit dem Erhabenen in Verbindung gebracht worden und weist dementsprechend eine Lust am Dasein und Davonkommen auf. Diese Spannungslust auf ein Jenseits von Bedrohung und Verlockung ist es, die dem Rauschen – auch wegen seiner Nähe zum Rausch – in den Künsten seit der Romantik wie in neueren theoretischen Ansätzen zu einer bemerkenswerten Karriere verholfen hat.

Weitere Informationen

Andreas Hiepko, DFG-Forschungsprojekt "Derealisierung und Digitalisierung" am Institut für Deutsche und Niederländische Philologie im Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften der Freien Universität Berlin, Tel. 030 / 838 4409