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Neues Lehrangebot „Provenienzforschung“

Im Sommersemester 2011 beginnt die weltweit erste universitäre Ausbildung zur Erforschung der Herkunftsgeschichte von Kunstwerken und Kulturgütern

Nr. 100/2011 vom 13.04.2011

Die Freie Universität Berlin bietet im Sommersemester 2011 für Bachelorstudenten der Geschichts- und Kulturwissenschaften erstmals eine umfassende Ausbildung in Provenienzforschung an. Diese wissenschaftliche Richtung befasst sich mit der Herkunftsgeschichte von Kunstwerken und Kulturgütern und spielt unter anderem eine Rolle bei der Rückgabe von Werken, die vom NS-Regime enteignet wurden. Das Lehrangebot ist die weltweit erste universitäre Ausbildung in Provenienzforschung.

Das Lehrangebot vermittelt die Grundlagen, Terminologie und Methoden der Provenienzforschung durch aufeinander aufbauende Veranstaltungen und Praktika in Museen, Archiven und dem Kunsthandel. Die Studierenden erlernen Rechercheverfahren, um die Herkunft und den Verbleib von Kunstwerken zu bestimmen und nachzuweisen. Zudem erhalten sie Einblick in die politische, juristische und moralisch-ethische Dimension der Provenienzforschung.

Die Provenienzforschung hat sich an Museen seit der „Washingtoner Konferenz über Vermögenswerte aus der Zeit des Holocaust“ 1998 zu einem eigenständigen Aufgabenbereich entwickelt. Auf der Konferenz haben sich 44 Staaten bereit erklärt, Kunstwerke, die von den Nationalsozialisten beschlagnahmt und nicht zurückgegeben wurden, zu identifizieren und die Vorkriegseigentümer oder ihre Erben ausfindig zu machen. Auch Deutschland hat sich 1999 mit der „Gemeinsamen Erklärung“ der Bundesregierung, der Länder und der Kommunen zur Auffindung und Rückgabe von NS-verfolgungsbedingt entzogenem Kulturgutes bereit erklärt. Bereits 1994 wurde mit Gründung der Koordinierungsstelle in Magdeburg eine Institution geschaffen, die Such- und Fundmeldungen zu beschlagnahmten Kulturgütern entgegennimmt und dokumentiert. Auf Anregung des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM) Staatsminister Bernd Neumann wurde 2008 die Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung (AfP) unter dem Dach der Stiftung Preußischer Kulturbesitz eingerichtet, die mit Mitteln des BKM eine bundesweite Überprüfung der Sammlungsbestände unterstützt. Der Bund stellt dafür jährlich eine Million Euro zur Verfügung, die Kulturstiftung der Länder trägt mit 200.000 Euro pro Jahr die Kosten der Geschäftsstelle. Bisher wurden von der AfP zahlreiche Projekte an Museen, Bibliotheken und Archiven in Deutschland gefördert, was die Nachfrage nach Fachkräften erheblich steigerte. Nach wie gibt es jedoch weltweit keine Ausbildung oder zusätzliche Qualifikation für Provenienzforscher, weder als Studiengang noch als Weiterbildung.

Das Modul ist von der Forschungsstelle „Entartete Kunst“ am Kunsthistorischen Institut der Freien Universität Berlin in Zusammenarbeit mit der Arbeitsstelle für Provenienzrecherche/-forschung am Institut für Museumsforschung der Staatlichen Museen zu Berlin konzipiert worden. Als Dozenten beteiligen sich Spezialisten aus dem Arbeitskreis für Provenienzforscher, der Koordinierungsstelle Magdeburg, dem Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin, dem Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien, dem Bundesamt für zentrale Dienste und offene Vermögensfragen sowie aus dem internationalen Kunsthandel.

Weitere Informationen

Dr. Meike Hoffmann, Freie Universität Berlin, Kunsthistorisches Institut, Forschungsstelle „Entartete Kunst“, Telefon: 030 / 838-54523, E-Mail: meikeh@zedat.fu-berlin.de