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„Ein lateinischer Muttersprachler“

Lateindidaktiker Andreas Fritsch mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet

31.03.2014

Altphilologe Andreas Fritsch (links) erhielt das Bundesverdienstkreuz aus den Händen des Berliner Staatssekretärs für Wissenschaft, Knut Nevermann.

Altphilologe Andreas Fritsch (links) erhielt das Bundesverdienstkreuz aus den Händen des Berliner Staatssekretärs für Wissenschaft, Knut Nevermann.
Bildquelle: privat

„Latein ist das Schlüsselfach der europäischen Tradition und deshalb elementar wichtig“, sagt Professor Andreas Fritsch. Seit Jahrzehnten setzt sich der international renommierte Lateindidaktiker für eine engere Zusammenarbeit von Schulen, Universitäten und Fachverbänden ein. Für seine wissenschaftlichen Leistungen, seinen Einsatz für die lateinische Fachdidaktik und sein vielfältiges gesellschaftliches Engagement wurde der 72-Jährige nun mit dem Verdienstkreuz 1. Klasse des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

Bereits in seiner Schulzeit am Berliner Canisius-Kolleg zeichnete sich Fritschs Passion für Latein und seine spätere Profession ab: Nach dem Abitur 1960 studierte er an der Freien Universität Berlin und in Münster Pädagogik und spezialisierte sich auf das Schulfach Latein.

Seine Karriere im Hochschuldienst begann Ende der 1960er Jahre an der Pädagogischen Hochschule Berlin. Dort wurde er 1972 zum Professor für Didaktik der Lateinischen Sprache und Literatur ernannt – aufgrund „gleichwertiger Leistungen“ ohne Promotion und Habilitation. Von 1980 an lehrte Fritsch an der Freien Universität Berlin, wo er unter anderem die Position des Direktors des Instituts für Sprach- und Literaturdidaktik, des Zentralinstituts für Fachdidaktiken und des Instituts für Griechische und Lateinische Philologie innehatte.

Der Pädagoge blickt mit großer Wertschätzung für seine Lehrer und Kollegen auf das eigene Studium und den späteren wissenschaftlichen Austausch zurück: „Meine Liebe zur historischen Pädagogik verdanke ich meinem Lehrer an der Pädagogischen Hochschule Berlin, Professor Wilhelm Richter; das Verständnis der Didaktik als einer empirischen Unterrichtswissenschaft meinem älteren Kollegen Professor Wolfgang Schulz, einem Mitbegründer der in der Erziehungswissenschaft so bezeichneten ‚Berliner Didaktik‘“, sagt Fritsch. In der Philologie fühle er sich insbesondere dem inzwischen verstorbenen Manfred Fuhrmann und dem, wie Fritsch sagt, emeritierten, aber bis heute „produktiv tätigen“ Professor Michael von Albrecht in Heidelberg „dankbar verbunden“.

Von 2001 bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2006 lehrte Fritsch im Rahmen einer Kooperation zwischen der Freien Universität und der Humboldt-Universität zu Berlin auch an letzterer. Bis heute ist der Altphilologe im Vorstand der Deutschen Comenius-Gesellschaft tätig, zuvor war er bis 2013 acht Jahre ihr Vorsitzender. Die Gesellschaft fördert Forschungen und Veröffentlichungen zum Werk des Johann Amos Comenius, Theologe, Philosoph und herausragender Pädagoge des 17. Jahrhunderts.

Enge Verknüpfung zwischen Studium und Unterrichtspraxis

Neben seiner wissenschaftlichen Tätigkeit unterrichtete der renommierte Altphilologe auch Latein an verschiedenen Schulen in Berlin und entwickelte so eine enge Verknüpfung von Studium und Unterrichtspraxis. Auf seine Initiative hin entstand in Berlin eine bundesweit einmalige Kooperation zwischen Schule, Universität und Fachverband auf dem Gebiet der alten Sprachen. Andreas Fritsch hat „in mustergültiger Weise unter Beweis gestellt, dass eine moderne Fachdidaktik nur dann nachhaltige Leistungen erbringen kann, wenn sie auf der Basis ausführlicher historischer Reflexion agiert“, sagte der Berliner Staatssekretär für Wissenschaft, Knut Nevermann, in seiner Laudatio zur Verleihung des Verdienstkreuzes.

In der Wissenschaft hat sich Fritsch mit seinen Arbeiten zum Didaktiker Comenius und dem Werk des Fabeldichters Phaedrus hervorgetan. Ein persönliches Anliegen ist dem 72-Jährigen das gesprochene Latein, an dessen Popularisierung er unermüdlich arbeitet. Er leitete lateinische Gesprächskreise und setzt sich bis heute für den nationalen und internationalen Austausch im Bereich der Altphilologie und ihrer Didaktik ein. „Wer einen lateinischen ‚native speaker‘ sucht, findet ihn in dem Ur-Berliner Andreas Fritsch“, konstatierte sein Fachkollege Professor Stefan Kipf vom Institut für Klassische Philologie der Humboldt-Universität zu Berlin in seiner Rede zur Ordensverleihung.

Kein Ruhestand in Sicht

Mehr als 500 Publikationen unterschiedlichen Umfangs hat Andreas Fritsch veröffentlicht, und auch sieben Jahre nach seiner Pensionierung kann bei ihm von Ruhestand keine Rede sein. Neben seiner seit 1991 bestehenden Tätigkeit als Schriftleiter der Zeitschrift für Latein und Griechisch an Schulen und Universitäten, Forum Classicum, ist er Mitherausgeber des Comenius-Jahrbuches. Er veröffentlicht weiterhin und ist mit Vorträgen auf internationalen Konferenzen und Seminaren vertreten.

Im April wird Fritsch auf der Tagung des Deutschen Altphilologenverbandes in Innsbruck wieder einen Workshop zum aktiven Lateingebrauch halten. „Andreas Fritsch ist ein Vorbild für ein vielfältiges gesellschaftliches Engagement im Ehrenamt und zeigt immer wieder die sympathische Menschlichkeit eines zutiefst liberalen Geistes“, sagte Staatssekretär Nevermann. Sich aus Wissenschaft und Lehre zurückzuziehen, scheint für den mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichneten Didaktiker nicht in Frage zu kommen. Seine berufliche und außerberufliche Tätigkeit, so Fritsch, war stets am Leitspruch des Pädagogen Comenius orientiert: Omnia sponte fluant; absit violentia rebus. - Alles fließe von selbst; Gewalt sei ferne den Dingen.