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Einblicke in zelluläre Nanomaschinen

Wie lebende Zellen auf Erbinformationen zugreifen

09.03.2009

Der Biochemiker Markus Wahl ist zum 1. Februar 2009 an die Freie Universität berufen worden

Der Biochemiker Markus Wahl ist zum 1. Februar 2009 an die Freie Universität berufen worden
Bildquelle: Tomasz Kurianowicz

Der an die Freie Universität Berlin neu berufene Professor für Strukturbiochemie, Prof. Dr. Markus Wahl, untersucht den atomaren Aufbau und die Funktionsweisen von Proteinen und RNA-Molekülen, um komplexe Prozesse in lebenden Zellen zu verstehen.

Der Biochemiker Markus Wahl, der zum 1. Februar 2009 als W3-Professor an die Freie Universität berufen wurde, will erforschen, wie biologische Makromoleküle in ihren atomaren Details beschaffen sind. Der Schwerpunkt seiner Arbeit liegt auf Molekülkomplexen, die bei der sogenannten Genexpression im Kern von lebenden Zellen wichtige Prozesse steuern. „Bei diesen Prozessen spielen molekulare Maschinerien, die aus Proteinen und RNA zusammengesetzt sind, eine ganz entscheidende Rolle. In meiner Forschung geht es um die grundsätzliche Frage, wie Proteine und RNA-Moleküle in solchen molekularen Maschinen zusammenarbeiten.“

Unter dem Begriff „Genexpression“ werden alle zellulären Vorgänge zusammengefasst, über die die Erbinformation nutzbar gemacht wird. Diese Erbinformation ist in zahlreichen Abschnitten auf der DNA im Kern jeder Zelle abgelegt. Beim Ablesen dieser Informationen wird eine Kopie eines DNA-Abschnittes in Form von RNA erzeugt. Einige dieser RNA-Moleküle sind Bestandteil molekularer Funktionseinheiten, andere dienen als Informationsträger, sogenannte Boten-RNAs, die die Baupläne für die Herstellung von Proteinen umfassen.

Zur Untersuchung der zellulären Bestandteile verwendet die Gruppe von Professor Wahl die Röntgenstrukturanalyse. Damit kann die Lage jedes einzelnen Atoms in einem Molekül oder Molekülverband entschlüsselt werden. Auf diese Weise wird quasi eine technische Zeichnung der molekularen Maschinerie erstellt, die tiefe Einblicke in ihre Funktionsweise ermöglicht. Voraussetzung für die Anwendung dieser Methode ist es, Kristalle zu züchten, die aus dem zu untersuchenden Material bestehen.

An diesen Kristallen werden Beugungsexperimente mit Röntgenstrahlung vorgenommen. Aus den Beugungsmustern können die Wissenschaftler die Struktur der Moleküle ermitteln, die einen Kristall aufbauen. „Hier in Berlin haben wir direkten Zugang zu Röntgenstrahlenquellen am BESSY Synchrotron, die für die Untersuchung unserer Kristalle beste Voraussetzungen bieten. Dies ist für mich ein ganz zentraler Standortfaktor und hat eine wichtige Rolle bei meiner Entscheidung gespielt, nach Berlin zu kommen.“

Neben den grundlegenden Erkenntnissen über die molekularen Funktionseinheiten einer Zelle haben die Forschungsergebnisse der Gruppe von Markus Wahl und von anderen Strukturbiochemikern auch medizinische Bedeutung. Bei Veränderungen des Erbmaterials kann es zu Krankheiten wie Krebs kommen. Veränderungen der DNA verursachen Veränderungen in den hergestellten Proteinen und RNAs. Durch die genaue Kenntnis des atomaren Aufbaus und der Wirkungsweise dieser Moleküle lässt sich verstehen, welche Funktion der Moleküle bei einer konkreten Veränderung gestört ist.

Der Biochemiker, der an der Ohio State University promoviert hat und der an der Technischen Universität München habilitiert wurde, sieht im Studiengang Biochemie der Freien Universität sowie in den Kooperationsmöglichkeiten mit Berliner Kollegen weitere wichtige Grundlagen für seine Arbeit. „Die Berliner Forschungslandschaft im Allgemeinen und die der Freien Universität im Besonderen haben zahlreiche molekular und strukturbiologisch ausgerichtete Forschungsschwerpunkte. Ich freue mich auf die komplementären Ansätze und die Möglichkeiten der Zusammenarbeit, die dieses Umfeld bietet.“