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Auf den Spuren des unsichtbaren Wassers

Bei der 15. SchülerUni Nachhaltigkeit + Klimaschutz an der Freien Universität ermittelten Schülerinnen und Schüler in einem Mitspiel-Krimi

24.10.2016

Wer hat das Wasser des kasachischen Brunnens vergiftet? Die Schülerinnen und Schüler der 6 c der Grundschule an der Marie in Prenzlauer Berg sind den Tätern schon auf der Spur.

Wer hat das Wasser des kasachischen Brunnens vergiftet? Die Schülerinnen und Schüler der 6 c der Grundschule an der Marie in Prenzlauer Berg sind den Tätern schon auf der Spur.
Bildquelle: Manuel Krane

Marie-Thérèse Fontheim und Fabian Monasterios vom Grips-Theater ermittelten im Workshop „WASSERbomben“ gemeinsam mit den Schülern.

Marie-Thérèse Fontheim und Fabian Monasterios vom Grips-Theater ermittelten im Workshop „WASSERbomben“ gemeinsam mit den Schülern.
Bildquelle: Manuel Krane

Im Workshop „Aus alt mach schick“ konnten Schüler lernen, wie sich aus alten Stoffen neue Kleidung basteln lässt.

Im Workshop „Aus alt mach schick“ konnten Schüler lernen, wie sich aus alten Stoffen neue Kleidung basteln lässt.
Bildquelle: Manuel Krane

„Rob3000“ ist der Traum eines jeden Schülers und Lehrers: Der Multifunktionsroboter der Firma „HomeTec“ räumt vollautomatisch die Klasse auf, niemand muss sich mehr um Sauberkeit im Schulgebäude kümmern. Als der Schulleiter die Kooperation mit „HomeTec“ verkündet, sind Schüler und Lehrer begeistert. Gratis im Angebot: Reisen zur Firmenzentrale und den Partnerfirmen in Kasachstan und Brasilien. Was als PR-Coup beginnt, entpuppt sich bald als Komplott aus Korruption, Erpressung und Intrigen. Nur: Die Firma HomeTec gibt es nicht, ebenso wenig den Roboter. Der Mitspiel-Krimi „WASSERbomben“ ist vielmehr ein szenischer Mitmachworkshop, in den sich Schülerinnen und Schüler im Rahmen der 15. SchülerUni „Nachhaltigkeit und Klimaschutz“ verwickeln lassen konnten.

Die Schauspieler Marie-Thérèse Fontheim und Fabian Monasterios vom Grips-Theater haben die Schüler der Klasse 6 c von der Grundschule an der Marie dabei in die Aufklärung des mysteriösen Falles einbezogen: Bei der inszenierten Reise nach Kasachstan, wo die Schüler eigentlich eine Hochglanz-Firmenpräsentation erwarteten, begegnen sie einem jungen Mann, dessen Freund an verseuchtem Brunnenwasser gestorben ist. Aufgabe der Schüler ist es zu klären, wer das Wasser vergiftet hat.

Korrupten Strukturen auf der Spur

Nach und nach stoßen sie auf ein komplexes System von Unterdrückung und Korruption: Die Firma HomeTec lässt die Chips für ihre Roboter bei einem brasilianischen Zulieferer produzieren. Weil dieser der deutschen Firma zu teuer ist, wird er erpresst: HomeTec kauft die Chips nur zu einem deutlich günstigeren Preis oder gar nicht. Die brasilianische Firma muss also bei der Produktion Geld sparen, sie will nun ihrerseits die Zulieferer-Kosten drücken. Für die Chip-Produktion werden Metalle aus Kasachstan verwendet, die dort in einem Bergwerk abgebaut werden. Es verfügt über ein Wasserrückhaltebecken, das verhindert, dass das durch die Produktion vergiftete Wasser ins Grundwasser sickert. Doch um das Wasserrückhaltebecken instand zu halten, braucht man Arbeiter. Der Plan der brasilianischen Firma: In Kasachstan werden die Arbeiter entlassen, die für das Wasserrückhaltebecken zuständig sind. Durch die daraus resultierenden Einsparungen kann das Bergwerk die Metalle günstiger nach Brasilien verkaufen. Nun müssen nur noch Sicherheitskontrollen im Bergwerk verhindert werden, dafür wird ein Politiker bestochen.

Wer ist schuld?

Wie das Brunnenwasser vergiftet wurde, das der kasachische Junge getrunken hat, steht also fest. Aber wer ist für seinen Tod verantwortlich? Das Bergwerk? Der bestochene Politiker? Die brasilianische Zuliefererfirma? Die deutsche HomeTec oder gar die Kunden, die immer günstigere Produkte haben wollen?

Eine eindeutige Antwort gibt es nicht, es geht schließlich darum, bei den Schülerinnen und Schülern ein Problembewusstsein zu schaffen für die Auswirkungen von Konsumverhalten in Zeiten der Globalisierung. Die Kinder erfahren auch, dass durch die Herstellung von Elektronikprodukten enorm viel Wasser verbraucht wird: „Unsichtbares Wasser“ wird es auch genannt, weil man dem Produkt nicht ansieht, dass zu seiner Herstellung Wasser verbraucht worden ist.

Lehramtsstudierende entwickeln Workshops für die SchülerUni

Insgesamt zwölf neue Workshops hatte die SchülerUni der Freien Universität diesmal im Programm, einige davon sind in Zusammenarbeit mit Politikdidaktik-Masterstudenten um die promovierte Politikdidaktikerin Katharina Röll-Berge und Professorin Sabine Achour entstanden. „Es war für uns spannend zu beobachten, wie engagiert und kreativ die angehenden Lehrkräfte sich mit dem theoretischen Konzept ‚Bildung für nachhaltige Entwicklung‘ im Politikunterricht auseinandergesetzt haben“, sagt die Projektleiterin der SchülerUni Karola Braun-Wanke vom Forschungszentrum für Umweltpolitik.

„Mit der Konzeption und Umsetzung von vier handlungsorientierten Workshops im Programm der SchülerUni bot sich für die Studierenden die Möglichkeit, die Theorie konkret in die Praxis umzusetzen. Das war eine tolle Erfahrung“, so Röll-Berge. In einem der vier Workshops diskutierten die Lehramtsstudierenden mit den Schülern unter anderem die Frage, ob Berlin Fahrradstadt werden soll. In einer Talk-Runde wurden Pro- und Contra-Argumente ausgetauscht, am Ende kam es zur Abstimmung: Die Fraktion Pro-Fahrradstadt setzte sich knapp durch.

Schwerpunkt Wasser

Besonders stark vertreten bei der diesjährigen SchülerUni war das Thema „Virtuelles Wasser“. Insgesamt wurden zehn Workshops zur überlebensnotwendigen Ressource Wasser angeboten. „Wasser wird weltweit immer knapper. Insofern halten wir es für wichtig, dieses Thema auch in unserem Programm zu behandeln und die Schüler für einen sorgsamen und verantwortungsvollen Umgang mit der Ressource zu sensibilisieren und mit ihnen den versteckten Wasserkonsum in unserer Kleidung und unserem Essen zu diskutieren“, sagt Karola Braun-Wanke.

Neu im Programm war auch der Workshop „Aus alt mach schick“, bei dem Schülerinnen und Schüler aus alten Stoffresten neue Kleidung herstellen konnten. Angeleitet wurden sie dabei von der Modedesignerin Sigrid Ellen Münzberg von Sekundär-Schick – eine Designfirma, die Kurse zu Zweitverwertungsmöglichkeiten von Kleidung und Kleidertauschpartys anbietet. Unter Münzbergs Anleitung bastelten die Kinder neue Motive aus alten Klamotten, nähten diese auf T-Shirts auf und lernten damit die Idee des Up-Cyclings kennen: der Wiederverwertung von Stoffen und Materialien.

Interesse in Peking

Bei der SchülerUni im vergangenen Jahr war auch eine Delegation der Grundschule der Peking-Universität zu Gast gewesen. „Die Resonanz war sehr positiv“, sagt Karola Braun-Wanke, „wir stehen in Kontakt und überlegen, wie sich unser Konzept auch in China umsetzen ließe.“ Ziel sei es, eine länderspezifische Variante der SchülerUni zu schaffen, die die jeweils lokalen Voraussetzungen berücksichtigt. Dann könnten sich vielleicht bald chinesische Schüler im Mitmach-Krimi mit dem Problem des verseuchten Grundwassers beschäftigen. Der weltweit größte Teil an „Seltener Erde“ – so heißt das Metall, um das es im kasachischen Bergwerk ging – wird nämlich im Land der Mitte abgebaut.