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Von Löchern im Boden und Männern im Schrank

Am 30. November, 19.30 Uhr: „U30 – Lesung“ in der Kreuzberger lettrétage, organisiert von Studentinnen der Freien Universität

28.11.2014

U30-Atmosphäre im Mai dieses Jahres im Neuköllner "Laika". Hier liest Victor Witte.

U30-Atmosphäre im Mai dieses Jahres im Neuköllner "Laika". Hier liest Victor Witte.
Bildquelle: Johannes Schmitz

Auch Verena Keßler wird am 30. November in der Kreuzberger lettrétage lesen.

Auch Verena Keßler wird am 30. November in der Kreuzberger lettrétage lesen.
Bildquelle: Nikola Kott

Sie können von guten Texten nicht genug bekommen: Jennifer Bode und Elisabeth Botros laden zum fünften Mal zur „U30 – Lesung“. Die Lesereihe für Autoren unter dreißig Jahren – nach einer Idee von Jennifer Bode – wird nun seit rund zwei Jahren von den beiden Studentinnen der Freien Universität organisiert. Anders als bei Poetry Slams gibt es bei U30 weder eine Publikumsabstimmung noch werden Preise vergeben. So hoffen die beiden Organisatorinnen, junge Talente zu ermutigen: „Wir hoffen, dass sich bei uns Leute auf die Bühne wagen, die sich sonst nicht getraut hätten“, sagt Jennifer Bode. Die Texte für die Lesung in der Kreuzberger lettrétage am 30. November haben die Organisatorinnen aus rund dreißig Einsendungen ausgewählt.

Mit Texten Geld verdienen – das, wovon viele nur träumen können, hat die U30-Autorin Verena Keßler in die Tat umgesetzt. Schon früh schrieb sie Gedichte und Geschichten, wollte eigentlich Journalistin werden, fand sich dann aber zu schüchtern. Stattdessen besuchte sie nach dem Abitur eine Schule für Werbetexter und arbeitet seitdem in der Werbebranche. Anders als beim kreativen Schreiben müsse man sich hier die Perspektive des Kunden zueigen machen: „Es schult ungemein, immer wieder verschiedene Stimmen anzunehmen“, sagt Verena Keßler.

Neben der Arbeit studiert die 26-Jährige Literatur und Linguistik an der Humboldt-Universität und findet trotzdem immer noch Zeit zu schreiben: Seit 2011 veröffentlicht die junge Autorin regelmäßig Texte auf jetzt.de und tritt bei Poetry Slams auf. Für die U30-Lesung hat sie eine Erzählung über die denkwürdige Begegnung zweier Männer ausgewählt. „Im Schrank“ heißt die Geschichte, an deren filmischer Umsetzung Keßler zudem gerade gemeinsam mit einem Freund arbeitet. „Mein Traum ist es, dass ich irgendwann davon leben kann, viele verschiedene Sachen zu machen. Drehbücher schreiben, mich mit Film und Theater beschäftigen – das wäre toll“, sagt Verena Keßler.

Biografische Spurensuche

Paula Fürstenberg arbeitet derzeit an ihrem ersten Roman. Dabei hatte die 27-jährige Potsdamerin lange Zeit gar nicht daran gedacht, sich überhaupt mit dem literarischen Schreiben zu beschäftigen. „Ich habe Tagebuch geschrieben, Hörspiel- und Theatertexte und hatte Literatur als eigene Kunstform gar nicht auf dem Schirm. Meine Mutter schlug mir dann vor, Literarisches Schreiben zu studieren, weil man sich da nicht für eine Form entscheiden muss, sondern sich mit allen Genres beschäftigen kann“, sagt die junge Autorin. Am Schweizer Literaturinstitut in Biel fand Paula Fürstenberg zu dem Thema, das sie bis heute nicht loslässt – der biografischen Spurensuche in Hinblick auf die DDR. „Ich hatte mir vorgestellt, dass ich im Studium Verschiedenes ausprobieren würde, aber dann schrieb ich doch immer wieder an derselben Geschichte.“

In dieser Geschichte, aus der mittlerweile ein Romanmanuskript geworden ist, geht es um eine junge Frau, die, als ihr Vater im Sterben liegt, beginnt, sich mit dessen Leben in der DDR auseinanderzusetzen. „Ich bin zwischen Menschen groß geworden, die diesen Bruch in der Biografie haben. Das trägt sich bis heute in den familiären Diskurs fort“, sagt Fürstenberg, die beim Mauerfall erst zwei Jahre alt war. „Ich frage mich, wie viel DDR da sozusagen noch in mir übrig ist“, sagt sie. Einen Verlag hat sie bislang noch nicht gesucht, kann aber bereits auf eine beachtliche Reihe von Preisen und Stipendien verweisen. Derzeit arbeitet Paula Fürstenberg in der Bürogemeinschaft Adler & Söhne und ist Stipendiatin der Prosawerkstatt des Literarischen Colloquiums Berlin. Bei U30 wird die junge Autorin aus ihrem Roman vorlesen.

Jungen Autoren ein Forum geben

„Es sollte sich nicht immer nur alles um Literatur von Nobelpreisträgern oder Menschen drehen, die schon tot sind“, sagt Elisabeth Botros. „Das, was jetzt passiert und geschrieben wird, ist das für unsere Generation eigentlich Wichtige.“ Auch bei der fünften U30-Lesung bieten sie und Jennifer Bode wieder jungen Autoren ein Forum, die schon Texte bei Wettbewerben eingereicht und veröffentlicht haben, aber noch nicht von einem Verlag vertreten werden. „Das ist so eine Art Vorstufe. Gerade für diese Autoren ist es wichtig, Präsenz zu zeigen“, sagt Bode. Über die Zukunft der U30-Lesung sind sich die beiden Organisatorinnen einig: „Wir wollen einfach immer, immer weiter machen“, sagt Bode, „und wenn es richtig gut läuft, dann organisieren wir irgendwann ein Literaturfestival mit Lesung.“

Weitere Informationen

U30 – Neue Literatur für Berlin

Zeit und Ort

  • Sonntag, 30. November 2014, 19.30 Uhr
  • lettrétage, Mehringdamm 61, 10961 Berlin

Der Eintritt ist frei, eine Spende erwünscht.

Informationen zu den Lesenden:

Die letzten beiden U30-Lesungen zum Nachhören