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„Diesen Preis muss man sich jeden Tag neu verdienen“

Informatik-Professor Raúl Rojas von der Freien Universität als Hochschullehrer des Jahres ausgezeichnet

24.11.2014

Informatikprofessor Dr. Raúl Rojas ist Hochschullehrer des Jahres. Er lehrt und forscht an der Freien Universität.

Informatikprofessor Dr. Raúl Rojas ist Hochschullehrer des Jahres. Er lehrt und forscht an der Freien Universität.
Bildquelle: M. Esponda

Hält viel von der Praxis. Informatikprofessor Raúl Rojas bezieht Studierende vom ersten Semester an in seine zahlreichen Projekte der Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz ein.

Hält viel von der Praxis. Informatikprofessor Raúl Rojas bezieht Studierende vom ersten Semester an in seine zahlreichen Projekte der Arbeitsgruppe Künstliche Intelligenz ein.
Bildquelle: Freie Universität Berlin

Wer „durch außergewöhnliches Engagement in herausragender Weise das Ansehen seines Berufsstandes in der Öffentlichkeit gefördert hat“ – den zeichnet der Deutsche Hochschulverband aus. In diesem Jahr geht der Preis für den „Hochschullehrer des Jahres“ an den Informatik-Professor Raúl Rojas von der Freien Universität Berlin. Der gebürtige Mexikaner ist seit Ende 1997 Professor für Künstliche Intelligenz am Institut für Informatik. Erst vor drei Wochen ist er mit dem Tony-Sale-Preis für seine herausragenden Beiträge zur Geschichte der Informatik gewürdigt worden. Campus.leben sprach mit Raúl Rojas über Anerkennung als Verpflichtung und die Bedeutung mentaler Bilder beim Lernen.

Herr Professor Rojas, Sie sind gerade zum Hochschullehrer des Jahres 2014 gewählt worden. Was bedeutet Ihnen die Auszeichnung?

Sie ist für mich eine Ermutigung, Lehre und Forschung weiterhin eng zu verknüpfen. In der Arbeitsgruppe „Intelligente Systeme und Robotik“ haben wir seit 1997 immer wieder Projekte angeboten, in denen die Studierenden komplexe Roboter- oder Computersysteme entwickelt haben. Studierende vom ersten bis zum letzten Semester arbeiten in den Projekten sehr intensiv zusammen – und am Ende lässt sich das Ergebnis in der Praxis einsetzen.

Der Preis ist aber nicht nur Anerkennung für die Vergangenheit, sondern vor allem eine Verpflichtung für die Zukunft. Man muss ihn sich jeden Tag neu verdienen. Und als Professor mit Migrationshintergrund, wie man so schön sagt, freue ich mich auch darüber, dass die Bedeutung von ausländischen Wissenschaftlern für den Standort Deutschland sichtbar wird.

Wie begeistern Sie Ihre Studenten für die Wissenschaft?

Es ist meine Überzeugung, dass Studenten am besten von anderen Studenten lernen. Unser Robotik-Labor ist wie eine Dorfschule: Studierende aller Semester lernen gemeinsam im selben Raum. Jeder trägt etwas zu dem Projekt bei. Je früher die Studenten mit der praktischen Forschung beginnen, umso besser. Man kann beliebig viel über die Bedeutung der Wissenschaft reden, aber erst die Zusammenarbeit im Team macht Wissenschaft greifbar und lebendig.

Außerdem nehmen wir auch regelmäßig an robotischen Wettbewerben teil, zum Beispiel mit den FU-Fighters und den FUmanoids im Roboterfußball. Die Studenten arbeiten dann fieberhaft an ihren Entwicklungen. Wir wollen die Besten der Welt sein, und das ist uns bei Wettbewerben auch mehrmals gelungen. Das ist die höchste Motivation, die man Studenten anbieten kann.

Ein anderes Beispiel sind unsere autonomen Fahrzeuge, die fahrerlos gesteuert werden. Die Software dazu wurde von Bachelor-, Master- und Promotionsstudenten geschrieben. Es gab einen Zeitpunkt, an dem 30 Personen gemeinsam an der Software gearbeitet haben. Wenn das Auto nach all der Arbeit endlich autonom fährt, ist das für alle ein überwältigendes Gefühl.

Neben der praktischen Arbeit in Ihrem Robotik-Labor müssen Sie Ihren Studierenden auch Grundlagen vermittelt. Wie sieht eine Vorlesung bei Ihnen aus?

Ich verknüpfe meine Vorlesungen gern mit den Projekten. In der Robotik- oder Mustererkennungsvorlesung lernen die Studenten alles, was sie brauchen, um später Roboter steuern oder ihnen das Sehen beibringen zu können. Wir haben außerdem Projekte über das Lehren selbst gemacht. Zusammen mit mehr als 20 Studenten haben wir das System E-Chalk für die Präsenzlehre mithilfe von Computern entwickelt. Ein System, das ich bis heute benutze. Wir waren auch die ersten an der Freien Universität, die Vorlesungen online übertragen und gespeichert haben, und das bereits 1999.

In den Vorlesungen selbst ist es mir wichtig, den Studierenden eine intuitive Vorstellung von mathematischen Methoden zu vermitteln. Deswegen benutze ich gerne viele Bilder und Diagramme, um den Formalismus aufzulockern. Wenn man ein mentales Bild von einem Algorithmus entwickeln kann, vergisst man es nie.

Die Fragen stellte Annika Middeldorf