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Forschungsfragen als Kunst

Studierende präsentieren ihre Arbeitsergebnisse bei Tanz-Festival am 21. April

19.04.2013

Mit einer Performance wollen zwei Studentinnen der Tanzwissenschaft zum Nachdenken über das Gehen anregen.

Mit einer Performance wollen zwei Studentinnen der Tanzwissenschaft zum Nachdenken über das Gehen anregen.
Bildquelle: Martin Boiteau

Normalerweise sind es eigene Choreografien und Stücke, die Studierende des Hochschulübergreifenden Zentrums Tanz Berlin (HZT) bei einem jährlichen Tanz-Festival in den Weddinger Uferstudios vorführen. In diesem Jahr beteiligen sich erstmals auch Studierende der Freien Universität aus dem Masterstudiengang Tanzwissenschaft an der Veranstaltung: Unter dem Titel „Forschen, Finden, Verdichten“ verarbeiteten sie Forschungsthemen und machten daraus Installationen und eine Performance. Die Ausstellung ist am Sonntag, 21. April, im Wedding zu sehen.

Formate finden, um die eigene Forschung künstlerisch umzusetzen – das war im vergangenen Semester eine der Vorgaben im Projektkolloquium des Masterstudiengangs Tanzwissenschaft bei Juniorprofessorin Susanne Foellmer. Auch wenn einige Studierende ihre Themen nun zu Masterarbeiten erweitern wollen: „Ziel war es, nicht sofort zu schreiben“, sagt Foellmer. Allein oder in kleinen Gruppen haben die 14 Studierenden in den vergangenen Monaten Ideen für ihre Themen entwickelt und sie für die Ausstellung in den Uferstudios umgesetzt. „Wir haben uns dann im Seminar gegenseitig Tipps gegeben“, erzählt eine der Studentinnen.

Historische, pädagogische, kulturwissenschaftliche Ansätze

Ein Ausstellungsraum, vielfältige Projekte: Eine Art Tagebuch über ein Projekt im Altenheim unter der Fragestellung „Wann ist ein Mensch alt?“ wird ebenso zu sehen sein wie eine Video-Endlosschleife, die Tanz und Vergänglichkeit in Beziehung setzt. Persönliche Beziehung des Menschen zum Tanz im Kontext der Tanztherapie (Iveta Marinova) erhalten ebenso ihren Platz wie Gedanken zu der Tanz-Inszenierung „Der Bau“ von Isabelle Schad und Laurent Goldring: Charlotte Riggert, Katharina Schmidt und Ronja Ruppert suchen mit ihrer Installation einen auditiv-visuellen Zugang.

Die Studentin Laura Milrose wiederum zeigt Videointerviews zum Thema „Tänzerkörper im Ballett“: Sie befragte Ballettdirektoren, Pädagogen und Tänzer in Hinblick zur „perfekten Linie“ und geht auf veränderte Perspektiven in den vergangenen Jahrzehnten ein. Einen tanzpädagogischen Ansatz verfolgt hingegen Franziska Pinkert. Sie vermittelt mithilfe von Text, Bild und Zeichnungen ihre Erfahrungen aus dem Projekt „Tanz in Schulen“, in dem es darum ging, Achtklässler ans Tanzen heranzuführen.

Um Tanz und Politik, um Geschichte und Gegenwart geht es in der Arbeit von Andrea Thieme: Anhand der Tanzgattung Burlesque, die lange Zeit als subversiv galt und heute von der queeren Szene wiederentdeckt wird, entwickelt sie eine Installation mit Zitaten und Fotografien. Sinnbildlich für Maggie Nicolais Thema wird eine Kommode mit Rechercheergebnissen im Ausstellungsraum stehen. Denn Interviews mit Ballettdirektoren zur Situation dunkelhäutiger Tänzerinnen ergaben, dass bei der Besetzung von Ensembles noch immer Schubladendenken dominiere, wie sie sagt. Es gebe in ganz Deutschland keine dunkelhäutigen Profi-Ballerinas.

Eine Sound-Collage aus Interviews, unter anderem mit Wissenschaftlern, zur Frage „Was ist Tanz?“ hat Cindy Denner für die Ausstellung erarbeitet: „Ich hätte endlos weiter interessante Menschen interviewen können“, sagt die Studentin. Die Entscheidungen für  Sequenzen seien ihr beim Schnitt daher nicht leicht gefallen. Um den Modernen Tanz in der DDR geht es in der Arbeit von Linda Lindner: Ausgehend von den Thesen eines Autors, demzufolge es in der DDR keine freie Tanzszene gegeben habe und demzufolge der Moderne Tanz in eine Art Dornröschenschlaf gefallen sei, führte sie Gespräche mit Zeitzeugen. Als Ausstellungsstück wählte sie ein Spinnrad, das mit Zitaten bestückt ist.

Lernen für das Arbeiten in der Praxis

Selbst aktiv werden die beiden Studentinnen Dominika Willinek und Julia Ostwald um 21.15 Uhr: Sie präsentieren eine Mischung aus Vortrag und Performance, nachdem sie in den vergangenen Monaten mit dem ineffizienten, nicht zielgerichteten Gehen durch die Stadt experimentiert haben – nun wollen sie auch Besucher zum „Abdriften“ anregen.

„Die Studierenden haben ihre Projekte von den Aufnahmen über den Schnitt bis hin zum Aufbau der Installationen selbst realisiert“, sagt Susanne Foellmer. Sie strebt für die Zukunft eine noch engere Zusammenarbeit mit dem HZT an, das von der Universität der Künste und der Schauspielschule Ernst Busch gemeinsam betrieben wird. Ein anregender Austausch zwischen Tänzern, Öffentlichkeit und den angehenden Tanzwissenschaftlern der Freien Universität soll am Sonntag beim Festival schon einmal den Weg dahin ebnen.

Weitere Informationen

Präsentation und Performance: „forschen - finden – verdichten“

Zeit und Ort

  • 21. April 2013, Ausstellung durchgehend von 17:00 bis 22:00 Uhr, Performance um 21.15 Uhr
  • Uferstudios Wedding, Uferstraße 23/ Badstraße 41A, 13357 Berlin-Wedding (U8 Pankstraße/ U9 Nauener Platz)

Festival „InZucht“: 18. bis 21. April

Der Eintritt ist frei.

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