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Der Feind in meinem Haustier

21. bis 24. März: Tagung der Deutschen Gesellschaft für Parasitologie im Henry-Ford-Bau / Öffentliches Symposium zur Verbreitung von Parasiten durch Tiere am 23. März ab 10.30 Uhr

16.03.2018

Bitte nicht an Bord nehmen: Wer Tiere aus dem Urlaub mit nach Hause nimmt, riskiert es, Parasiten einzuschleppen.

Bitte nicht an Bord nehmen: Wer Tiere aus dem Urlaub mit nach Hause nimmt, riskiert es, Parasiten einzuschleppen.
Bildquelle: Picture alliance / Blickwinkel

Parasiten sind vermutlich die zahlreichste Lebensform auf der Erde, häufiger sogar als Bakterien oder Viren. Weltweit sind mehrere Milliarden Menschen und praktisch alle Tiere von Parasiten infiziert. Ihre Erforschung ist kompliziert, hat aber in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Die internationale Tagung der Deutschen Gesellschaft für Parasitologie widmet sich aktuellen Herausforderungen dieses Forschungsgebietes. Gastgeber sind Berliner Parasitologen unter anderem vom Institut für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin am Fachbereich Veterinärmedizin der Freien Universität. Institutsdirektor Professor Georg von Samson-Himmelstjerna erzählt im campus.leben-Interview vom Kampf gegen die Erreger und warum manche der Schmarotzer in Zukunft sogar nützlich werden könnten.

Herr Professor von Samson-Himmelstjerna, wenn das Wort „Parasit“ fällt, denken viele an unfreiwillige Urlaubsmitbringsel aus den Tropen. Ein beliebtes Partythema sind Geschichten, dass Urlauber morgens in den Spiegel gucken und einen Wurm in ihrem Auge entdecken. Ist da was dran?

Solche Würmer gibt es tatsächlich, und sie werden auch ein Thema unserer Tagung sein. Ein Beispiel ist der Hundehautwurm Dilofilaria repens. Er wird durch Stechmücken übertragen und entwickelt sich unter der Haut, aber auch in inneren Organen zu einem 15 Zentimeter langen Wurm. Dass man diesen Wurm im Auge sehen kann, ist allerdings selten. Sollten Würmer beim Menschen unter der Haut oder selten auch in der Bindehaut oder sogar in der Augenkammer auftreten, werden sie chirurgisch entfernt. Bei Hunden ist die Infektion mit Medikamenten recht gut in den Griff zu bekommen.

Andere Parasitenerkrankungen sind schwieriger zu behandeln?

Die bedeutendste und schwierigste Aufgabe der Parasitologie ist die Bekämpfung der Malaria. Malaria wird durch einzellige Plasmodium-Parasiten hervorgerufen, die von Anopheles-Mücken übertragen werden und jedes Jahr etwa eine halbe Million Menschen töten. Trotz jahrzehntelanger, intensiver Forschung gibt es immer noch keinen wirksamen Impfstoff. Erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Anti-Malaria-Mittel unwirksam werden, weil der Erreger Resistenzen gegen die Wirkstoffe entwickelt.

Wie schaffen es Parasiten, sich der Bekämpfung immer wieder zu entziehen?

Verglichen mit Viren oder Bakterien ist das Genom von Parasiten hundert bis über zehntausend Mal größer und erheblich komplexer. Parasiten sind sehr wandlungsfähig und können sich hervorragend in Wechselwirkung mit dem Wirt anpassen, das Immunsystem austricksen oder der Wirkung von Medikamenten ausweichen. Wir haben in den vergangenen 20 Jahren allerdings sehr große Fortschritte unter anderem bei der Aufschlüsselung des Genoms zahlreicher Parasiten gemacht. Wir verstehen die Funktionen vieler Gene, die molekulare Interaktion von Parasit und Wirt sowie die Grundlagen der Immunabwehr viel genauer. Durch diese Fortschritte wird es in Zukunft hoffentlich leichter, geeignete Gegenmittel zu finden. Und in einigen Fällen sieht es sogar so aus, als wenn wir die spezifischen Fähigkeiten von Parasiten dazu nutzen könnten, schwere Krankheiten zu heilen.

Prof. Dr. Georg von Samson-Himmelstjerna ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin an der Freien Universität.

Prof. Dr. Georg von Samson-Himmelstjerna ist Geschäftsführender Direktor des Instituts für Parasitologie und Tropenveterinärmedizin an der Freien Universität.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Wie soll das funktionieren?

Bei Autoimmunerkrankungen läuft das Immunsystem fehlgeleitet auf Hochtouren, obwohl keine Erreger den Körper angreifen. Bei Morbus Crohn zum Beispiel leiden die Erkrankten unter chronischen Entzündungen bestimmter Abschnitte des Verdauungstrakts aufgrund einer Überreaktion des körpereigenen Abwehrsystems. Hierzu gab es Ansätze, bei denen Patienten Eier des Schweine-Peitschenwurms verabreicht wurden. Der Wurm entwickelt sich im Menschen nicht vollständig, aber die Infektion führte dazu, dass das überschießend reagierende Immunsystem herunter reguliert wurde und die Krankheitssymptome verschwanden. Zugleich überlebte der Wurm im menschlichen Darm nicht lange, weil er auf das Schwein als Wirtstier spezialisiert ist.

Viele Parasiten sind bei ihren Wirten weniger wählerisch. Sie haben den Schwerpunkt der DGP-Tagung auf Erreger gelegt, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden. Am 23. März findet ein öffentliches Symposium zu diesem Thema statt. Warum ist es aktuell so wichtig?

Immer aktuell sind Erkrankungen durch heimische Zecken, Flöhe oder Würmer. Wir beobachten aber, dass immer mehr Haustiere von Parasiten befallen sind, die in Deutschland eigentlich gar nicht vorkommen. Ein Grund dafür sind südeuropäische Straßenhunde, die adoptiert und nach Deutschland gebracht werden. Aber auch wer seinen Hund mit in den Urlaub nimmt, kann Parasiten mit nach Hause bringen, etwa die bereits erwähnten Dirofilaria-Würmer. Wir haben daher einen Schwerpunkt unserer Tagung auf sich ausbreitende und durch Vektoren übertragene Zoonosen gelegt, also Krankheiten, die Tiere und Menschen befallen, weil das Risiko in der Öffentlichkeit noch zu wenig bekannt ist. Diese Krankheiten sind in Nordeuropa bislang selten vorgekommen. Unser Ziel ist es, dass dies so bleibt und wir möchten dazu beitragen, indem wir das Bewusstsein für die Gefahren für Mensch und Tier stärken, die mit der Ausbreitung solcher Krankheiten einhergehen.

Wie kann man sich gegen diese Parasiten schützen?

Am besten wäre es natürlich, ohne Haustier zu verreisen. Wer gezielt Informationen zu Parasiten im Reiseland sucht, findet auf der Website des European Scientific Counsel Companion Animal Parasites (www.esccap.de) ausführliche Informationen und Tipps für den Schutz vor Infektionen. Zusätzlich zu dieser Eigeninitiative sollten aber auch die gesetzlichen Vorgaben zu Quarantäne oder Behandlung reisender Tiere aktualisiert werden, um Haustiere, Nutztiere und Menschen in Deutschland zu schützen. Diesen „One Health“-Ansatz diskutieren wir beim öffentlichen Symposium mit internationalen Experten, Politikern und Vertretern von Bundesinstitutionen.

Die Fragen stellte Stefanie Hardick

Weitere Informationen

28th Annual Meeting of the German Society for Parasitology

Zeit und Ort

  • 21. bis 24. März 2018
  • Freie Universität Berlin, Henry-Ford-Bau, Garystraße 35, 14195 Berlin (U-Bhf. Thielplatz, U 3)

Programm und weitere Informationen

Pressemitteilung vom 17. März 2018