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Forschen mit Gefühl

Kurz vor Mitternacht am 11. September 2008 war es so weit: Der neue 13 Tonnen schwere Magnet-Resonanz-Tomograph wurde durch das Dach des Laborneubaus gehievt.

Kurz vor Mitternacht am 11. September 2008 war es so weit: Der neue 13 Tonnen schwere Magnet-Resonanz-Tomograph wurde durch das Dach des Laborneubaus gehievt.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Die Graduiertenschule des Exzellenzclusters „Languages of Emotion“ am Start

Von Ortrun Huber

Sie messen Gehirnströme, untersuchen die Bewegungen der Augen und den elektrischen Widerstand der Haut. Sie sind Spezialisten für Sprache, Bilder und Begriffe. Sie erforschen die gesellschaftlichen und kulturellen Regeln, nach denen ein rascher Blick oder ein Schweißausbruch Bedeutung erhalten. Naturwissenschaften, Geisteswissenschaften, Sozialwissenschaften: Noch immer liegt allzu häufig ein tiefer Graben zwischen den Disziplinen. Umso größer die Herausforderung der Graduiertenschule, die im Rahmen des Exzellenzclusters „Languages of Emotion“ zum Wintersemester 2008/2009 erstmals ihr interdisziplinäres Promotionsprogramm anbietet.

„Unsere Promovenden sind bunt zusammengewürfelt – und das ist gut so“, sagt Professor Gisela Klann-Delius, die Direktorin der Graduiertenschule und stellvertretende Sprecherin des Clusters. Denn was der Cluster „Languages of Emotion“ seit fast einem Jahr in der Forschung praktiziert, soll nun auch für den Nachwuchs zur Selbstverständlichkeit werden: „Die Auswahl der Promovenden erfolgte auch aufgrund ihres substanziellen Interesses an interdisziplinärer Arbeit. So bilden wir in der Graduiertenschule im Kleinen ein wenig die Vorgehensweise des großen Forschungsverbundes ab“, sagt die Professorin für Linguistik.

Geistes-, Sozial- und Naturwissenschaftler begegnen sich hier auf hohem Niveau. Ihre Dissertationen schreiben die 13 Promovenden in den kommenden drei Jahren in verschiedenen Disziplinen: Philosophie, Anthropologie, Neuropsychologie, Soziologie, Sinologie, Film-, Musik-, Tanz- und Literaturwissenschaft sind unter anderem vertreten. Die Themen sind so breit gestreut wie die Fächer – „Languages of Emotion“ sind vielerorts zu finden: Während sich eine Nachwuchswissenschaftlerin in ihrer Dissertation mit dem „Liebesbegriff bei Martin Heidegger und Hannah Arendt“ beschäftigt, untersucht ihre Kollegin das Affektmanagement durch Politiker in den Medien. Neuropsychologische Untersuchungen zur Alexithymie, der Unfähigkeit, Emotionen mit Worten auszudrücken und hinreichend wahrzunehmen, sind in der Liste der Promotionsvorhaben ebenso zu finden wie eine Studie über die oberdeutschen Kirchen der Jesuiten im 18. Jahrhundert.

Das Interesse von ausländischen Bewerbern am Exzellenzcluster war groß, bis auf einen griechischen Ethnologen stammen die für die erste Runde ausgewählten Studierenden allerdings sämtlich aus Deutschland. Für die Zukunft erwarten die Verantwortlichen eine deutlich höhere internationale Beteiligung. Dass in der gesamten Ausbildung und nicht nur bei der Zusammensetzung der Studierenden Wert auf Internationalität gelegt wird, zeigt die Wahl des Hauptredners, der kommenden Dienstag zur offiziellen Eröffnung der Graduiertenschule sprechen wird: António R. Damásio, Professor für Neurologie und Psychologie an der University of Southern California, gilt als einer der international renommiertesten Bewusstseinsforscher. Neben seinem Vortrag wird António R. Damásio auch ein internes Kolloquium abhalten, an dem die Studierenden der Graduiertenschule teilnehmen. Und einerlei, ob Filmwissenschaftler oder Anthropologe: Auf diese besondere Begegnung haben sich die Promovenden bereits während der Semesterferien gemeinsam vorbereitet.

Die Eröffnung der Graduiertenschule findet am 21.10.2008, 17 Uhr, Hörsaal 1 a der Freien Universität statt, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin.