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Kummers Karriere

Der Mathematiker forschte zur Algebra

Von Ehrhard Behrends

Anlässlich des Jahres der Mathematik 2008 ist viel davon die Rede, dass Berlin zu einem international beachteten mathematischen Zentrum geworden sei. Aber auch in der Vergangenheit gab es hier Entwicklungen, die weit über die Grenzen unserer Stadt hinaus beachtet wurden. An dieser Stelle soll an den Mathematiker Eduard Kummer erinnert werden.

Kummer lebte von 1810 bis 1893. Seine Studien in Halle sollten eigentlich der evangelischen Theologie gewidmet sein. Dazu gehörten natürlich auch Vorlesungen zur Philosophie, und um diese gebührend vorzubereiten, waren damals auch Mathematikstudien vorgesehen.

Bald war das Ziel Theologie vergessen, Kummer konzentrierte sich fast ausschließlich auf die Mathematik. Schon 1831, mit 21 Jahren, hatte er sein Staatsexamen. Er wurde Gymnasiallehrer in Liegnitz, dem heutigen Legnica in Polen. Die mathematischen Forschungen, die er neben seiner Arbeit betrieb, waren sehr erfolgreich. Bald korrespondierte er mit den einflussreichsten Mathematikern. Er muss einen großen Eindruck gemacht haben, denn 1839 wurde der Lehrer in die Berliner Akademie der Wissenschaften aufgenommen.

Und sein Ansehen mehrte sich weiter. 1855 bekam er einen Ruf auf eine Professur an der Berliner Universität. Damit begann ein goldenes Zeitalter für die Mathematik in unserer Stadt. Neben Kummer und anderen international hoch angesehenen Wissenschaftlern lehrte hier auch Karl Theodor Wilhelm Weierstraß, von dessen Leistungen in unserer Reihe über Mathematik in Berlin schon die Rede war.

Kummer hat einige revolutionär neue Ideen für die Algebra, die Wissenschaft der Zahlen, beigetragen. Ausgangspunkt waren die damals intensiv betriebenen Bemühungen, Gleichungen des Typs an + bn = cn zu lösen, wobei a, b, c und n ganze Zahlen sind. Das ist das sogenannte Fermatproblem, das erst vor etwa 15 Jahren vollständig geklärt wurde.

Der Lösungsansatz, den Eduard Kummer damals verfolgte, bestand darin, dieses additive Problem in ein multiplikatives Problem zu verwandeln. Es gab allerdings unerwartete Schwierigkeiten. Anders als bei den bis dahin gut verstandenen Zahlen ist es im erweiterten Bereich nun nicht mehr so, dass jede Zahl auf nur eine Weise als Produkt von Primzahlen geschrieben werden kann. Das führte dazu, dass sich Kummers Beweisidee nicht für alle Exponenten n durchführen ließ.

Dank seiner Arbeiten gewannen die Mathematiker auf einen Schlag viele neue Erkenntnisse über die Lösungstheorie der Gleichung an + bn = cn. Auf die endgültige Lösung des Fermatproblems mussten die Mathematiker zwar noch über 100 Jahre warten, aber Kummers Ansatz hatte daran einen ganz wesentlichen Anteil.