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Mit vollen Segeln

Der Wassersport-Informationsdienst der Freien Universität Berlin wird längst als allgemeiner Wetterdienst geschätzt

Von Sven Lebort

Die Idee stammt vom Präsidenten der Freien Universität: Beim Rundgang durch das Institut für Meteorologie der Freien Universität anlässlich einer „Langen Nacht der Wissenschaften“ scherzte Professor Dieter Lenzen, selbst passionierter Wassersportler, die Wissenschaftler könnten doch auch einen Wetterdienst für Segler und Surfer anbieten. „Das wäre kein Problem“, bekam er zur Antwort. Dann hatten es die Meteorologen fast wieder vergessen. Nicht so Präsident Lenzen, der bald darauf ein Konzept einforderte, wie dieser Dienst denn aussehen könnte.

So entstand im August 2003 der Wassersport-Informationsdienst (kurz: WInD) an der Freien Universität. Inzwischen werden an sieben Messstationen Temperatur, Windstärke, Windrichtung und Niederschlag gemessen – an den Flughäfen Tegel, Tempelhof und Schönefeld, in Potsdam, in Pichelsdorf und am Wannsee sowie direkt am Institut für Meteorologie der Freien Universität in Dahlem. „Wenn nun noch eine achte Station entweder am Tegeler See oder am Müggelsee dazukommt, decken unsere Sensoren ganz Berlin ab“, sagt Meteorologe Thomas Dümmel, der das Projekt koordiniert. Für Segler und Surfer sind dabei die Winddaten maßgeblich: Sie entscheiden darüber, ob es sich überhaupt lohnt, vom Steg loszumachen und welche Segel mitgenommen werden müssen. Da die Meteorologenn der Freien Universität zudem eine Prognose wagen, lässt sich auch für den restlichen Tag oder – mit einer gewissen Unsicherheit – auch für die kommenden Tage planen.

Leider sind die Winddaten auch die am teuersten zu erhebenden. Deshalb ist der Informationsabruf über Fax, Telefon oder an Bord per SMS-Kurznachricht kostenpflichtig. Zunächst versuchten die WInD-Macher, auch die aufwändige Internetpräsenz nur zahlenden Kunden zu öffnen, doch die blieben aus. Seither sind alle Daten kostenlos zu beziehen – dafür gibt es dezente, wassersportbezogene Werbung auf der Seite.

Das Geld wird benötigt, um die Internetseiten inhaltlich und grafisch mithilfe von Studenten weiterentwickeln zu können. Im Rahmen einer Lehrveranstaltung können dann bis zu 15 angehende Meteorologen das Handwerk des Wetterberichtes und der Erstellung von Prognosen lernen – eine nachgefragte Fähigkeit: Wer mit solchen Erfahrungen eine Stelle bei einem Wetterdienst sucht, werde mit Kusshand genommen, weiß Thomas Dümmel aus Erfahrung. Als ausbildender Wetterdienst an einer Universität ist WInD deutschlandweit einmalig.

Das honorieren auch die Nutzer: Seit Einführung des Portals steigen die Besucherzahlen stetig an. Waren es in den ersten zwei Jahren rund 200 000 pro Jahr, so erreichte die Wind-Website im August 2007 das erste Mal mehr als eine Million Besucher im Monat. „Das Projekt hat sich von einem Wassersport-Infodienst zu einem allgemeinen Wetter-Infodienst entwickelt“, sagt Dümmel stolz. Nicht nur Segler und Surfer finden dort Informationen, sondern jeder, der etwas im Freien unternehmen möchte.

Die Meteorologen wollen sich mit dem Erreichten aber nicht zufrieden geben: Derzeit laufen Umbauarbeiten, um die Internetseite auch noch mit den immer stärker nachgefragten Umweltdaten zu bestücken: Schon bald können dort auch Werte zur UV-Belastung und zum Pollenflug sowie Ozon-Daten abgerufen werden. Auf lange Sicht schwebt dem WInD-Team vor, sein Prognosegebiet bis zur Müritz oder gar zur Ostsee auszubauen. Dann bräuchte auch an der Küste kein Surfer und Segler mehr auf die Vorhersagen aus Dahlem zu verzichten.