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Blick über den Tellerrand

Doktoranden unterrichten Berliner Gymnasiasten in Philosophie und Psychologie

Sven Bennett

Bereits 1865 stellte der Dichter und Zeichner Wilhelm Busch fest: „Also lautet ein Beschluss, dass der Mensch was lernen muss.“ Weil diese Erkenntnis auch in der Gegenwart ihre Gültigkeit nicht verloren hat, sind Deutsch, Mathematik und Geschichte in der Bildungsinstitution Schule grundlegende Unterrichtsfächer. Dennoch ist die Nachfrage nach Fächern, die über den gängigen Kanon hinausreichen, groß und kann an vielen Schulen nicht abgedeckt werden.

Ein Projekt zeigt, dass auch andere Wege möglich sind: Weil an der Goethe-Oberschule, einem Gymnasium in Berlin-Lichterfelde, keine Lehrkräfte für Philosophie und Psychologie zur Verfügung standen, hatte die Lehrerin Uta Winter einen ungewöhnlichen Einfall: „Studenten unterrichten Schüler in Tutorien.“ Bei ihrem Einfall dachte Winter sofort an ihre Alma Mater und wandte sich an die Ernst-Reuter-Gesellschaft (ERG), den zentralen Förderverein der Freien Universität Berlin. Dort war man über die Anfrage zunächst etwas überrascht, schließlich sind die wichtigsten Anliegen des Vereins die Förderung von Forschung, Lehre und wissenschaftlichem Nachwuchs. Dennoch entschloss man sich zur finanziellen Unterstützung und vermittelte den Kontakt zu den Fachbereichen.

So wurden im Schuljahr 2006/2007 zwei Kurse für die Schüler der 11. bis 13. Jahrgangsstufen ins Leben gerufen. Anstelle der Tutorien gab es jedoch freiwillige Arbeitsgemeinschaften, und nicht Studenten unterrichteten, sondern Doktoranden der Freien Universität: Sven Rücker übernahm die Philosophie-AG, Lars Kuchinke leitete die Psychologie-AG, unterstützt von der Studentin Jacqueline Anders. Die Organisationsform der Arbeitsgemeinschaft war nötig, da den beiden jungen Wissenschaftlern die Lehrberechtigung für Gymnasien fehlte. Somit fanden die Kurse zusätzlich zum normalen Schulunterricht statt. Das Angebot stieß trotzdem auf große Resonanz: Jeweils zwölf Schüler besuchten die AG – darunter einige Abiturienten trotz der intensiven Lern- und Prüfungsphasen.

„Vor allem der Existenzialismus hat die Schüler interessiert“, so Sven Rücker über das Lieblingsthema der AG-Teilnehmer. „Und sie waren überrascht, wie viel Philosophie im Alltag steckt.“ Lars Kuchinke ergänzt: „Anfänglich hatten die meisten Schüler gar keine Vorstellung davon, was Psychologie ist. Unser Ziel war es, einen Überblick über das Fach zu geben und durch ein vielfältiges Themenspektrum zu begeistern. Die Themen reichten von Freuds Psychoanalyse bis zum Intelligenztest. Außerdem haben wir eine Vorlesung an der Uni besucht.“

Die Schüler auf das Studienangebot neugierig zu machen, war auch ein zentrales Anliegen von Dr. Wedigo de Vivanco, dem Geschäftsführer der ERG. Die Arbeitsgruppen seien lediglich ein zusätzliches Lernangebot für Schüler; die Aufgaben der Schule könne man selbstverständlich nicht übernehmen. „Zudem finanzieren wir uns ausschließlich über Spenden.“ An der Goethe-Oberschule kann man sich jedenfalls freuen: Die Arbeitsgemeinschaften wird es auch in diesem Schuljahr geben. Sven Bennett

Die ERG im Internet: www.fu-berlin.de/alumni/erg.

Spenden: Berliner Sparkasse, Kto: 10 100 10 111, BLZ 100 500 00, Verwendungszweck: Schüler-AG