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Gradmesser für die Leistungsfähigkeit

Das Einwerben von Drittmitteln wird an der Freien Universität großgeschrieben. Einige Forscher sind dabei besonders erfolgreich

Von Rita Stacker

Die Forschungsleistung einer Universität lässt sich an vielen Kriterien ablesen. Dazu gehören die Vielfalt wissenschaftlicher Netzwerke, nationale und internationale Kooperationen ebenso wie die Zusammenarbeit mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen sowie der Wirtschaft. Leistung bemisst sich darüber hinaus am Wissenstransfer und am Forschungsmanagement, an der Verwertbarkeit von wissenschaftlichen Ergebnissen, am Grad der Interdisziplinarität sowie an der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses.

Eines der wichtigsten Kriterien für wissenschaftlichen Erfolg sowie Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit einer Universität ist der Umfang eingeworbener sogenannter Drittmittel. Dabei handelt es sich um Gelder, die über die finanzielle Grundausstattung der Universitäten durch den Staat hinaus eingeworben werden und mit denen Forschungsvorhaben finanziert werden.

Drittmittel haben für die heutige Forschungslandschaft eine zunehmend wichtige Bedeutung. Nicht nur Projekte, sondern ganze Forschungsfelder werden mit Drittmitteln finanziert, verbunden mit vielen Personalstellen. Drittmittel sind nicht nur in Zeiten knapper Kassen ein Gradmesser für die Leistungsfähigkeit von Forschungsinstitutionen: Gefördert werden in der Regel Vorhaben, die erfolgversprechend sind; Folgeförderung bekommen jene Projekte, die bereits gute Leistungen hervorgebracht haben. Dabei nimmt der Wettbewerb unter den Hochschulen zu – nicht nur innerhalb Deutschlands, auch international. Zunehmend geht der Wettbewerb um Mittel der europäischen Forschungsförderung oder von global aufgestellten Unternehmen.

Der Freien Universität gelang es, in den vergangenen Jahren die Einwerbung von Drittmitteln erheblich zu steigern – ungeachtet der Haushaltskürzungen durch Sparvorgaben des Senats und des damit einhergehenden Rückgangs des wissenschaftlichen Personals. Zwischen 2003 und 2006 wurden weit mehr als 1000 Projekte allein durch Sachbeihilfen der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert. Drittmittel kommen aber auch aus der Wirtschaft, vor allem für anwendungsbezogene Forschung. Die Drittmittelstärke der Freien Universität Berlin zeigt sich auch in den einschlägigen Hochschul-Rankings, etwa im Förder-Ranking der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) oder dem Ranking des Centrums für Hochschulenwicklung (CHE).

Die Freie Universität Berlin veröffentlicht an dieser Stelle die 30 erfolgreichsten Einwerberinnen und Einwerber von Drittmitteln des vergangenen Jahres und porträtiert die drei Bestplatzierten.

GERHARD DE HAAN

Der Erziehungswissenschaftler Gerhard de Haan forscht und lehrt seit 1991 als Professor an der Freien Universität Berlin. Er ist an zahlreichen drittmittelgeförderten Projekten zu Erziehung und Bildung beteiligt. Dazu gehören das Projekt „Transfer-21“, das zum Ziel hat, Bildung für nachhaltige Entwicklung an einem Teil der Schulen zu verankern. Die „Programmwerkstatt Transfer-21“ ist eine Berliner Initiative zu diesem Projekt. Mit dem Programm „Demokratie lernen und leben“, das vom Bundesbildungsministerium und von 13 Bundesländern gefördert wird, sollen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit unter Jugendlichen sowie Gewalt an Schulen abgebaut werden. In den 180 am Programm beteiligten Schulen soll eine Unterrichts- und Schulkultur etabliert werden, in der Schüler und Eltern an Entscheidungen beteiligt werden: In Schulen soll Demokratie nicht nur gelernt, sondern auch gelebt werden. Das Institut hat sich auch mit der Zukunft der Hochschulen beschäftigt. Die befragten Experten prognostizieren: Auch 2030 wird es wenig internationale Elite geben. Außerdem wünschen sie sich eine Stärkung der Geisteswissenschaften. Professor de Haan ist Vorsitzender des Nationalkomitees, mit dem im Auftrag der Vereinten Nationen Bildung im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung gefördert wird. Das Programm „Form-it“, das von der Europäischen Kommission gefördert wird und an dem zahlreiche europäische Länder beteiligt sind, will junge Menschen für Naturwissenschaften und Technik begeisterten, beispielsweise durch Schülerlabore.

ERIKA FISCHER-LICHTE

Erika Fischer-Lichte studierte Theaterwissenschaft, Slavistik, Germanistik, Philosophie, Psychologie und Erziehungswissenschaft an der Freien Universität Berlin und der Universität Hamburg. Mit 30 Jahren wurde sie auf eine Professur an die Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt am Main berufen. Nach Ordinariaten an der Universität Bayreuth und an der Johannes-Gutenberg-Universität Mainz folgte sie 1996 einem Ruf an das Institut für Theaterwissenschaft der Freien Universität. Sie wirkte als Gastprofessorin an zahlreichen ausländischen Universitäten. Fischer-Lichte ist Mitglied der Academia Europaea, der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen und der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören Theorie und Geschichte des Theaters, Ästhetik des Gegenwartstheaters und transkulturelle Ästhetik. Sie ist Sprecherin des Sonderforschungsbereichs „Kulturen des Performativen“, des BMBF-Forschungsverbunds „Theater und Fest“ und des Internationalen Graduiertenkollegs „InterArt“ sowie Leiterin des Interdisziplinären Zentrums für Kunstwissenschaften und Ästhetik. Zu den mit Drittmitteln geförderten Projekten gehören „Ästhetik des Performativen“, „Ästhetische Erfahrung als Schwellenerfahrung“, „Transformationen des griechischen Theaters“, „Theater und Fest im Mittelalter“, „Internationale Theaterfestivals in Europa“ und „Das Imaginäre in künstlerischen Performanzen“.

GERHARD NEUKUM

Prof. Dr. Gerhard Neukum leitet die Arbeitsgruppe Planetologie und Fernerkundung am Institut für Geowissenschaften der Freien Universität. Die Gruppe arbeitet mit zahlreichen internationalen Partnern an Experimenten und Weltraummissionen, bei denen der physikalische Zustand, die Zusammensetzung und die geologische Evolution der Planeten, Monde, Asteroiden und Kometen untersucht werden. Daneben ist Neukums Arbeitsgruppe an anderen Projekten beteiligt, etwa dem DFG-Schwerpunkt-Programm „Mars und die terrestrischen Planeten“. Die Beteiligungen werden meist durch die deutsche Weltraumagentur DLR gefördert. Derzeit fördert die Weltraumagentur die Projekte „High Resolution Stereo Camera“ (HRSC) auf der Mars-Express-Mission der ESA und „Imaging Science Subsystem“ (ISS) auf der NASA/ESA-Mission Cassini/Huygens mit größeren Beträgen. Im Januar 2007 erhielt die Freie Universität für HRSC für die Verlängerung bis 2009 eine Förderung von 2,25 Millionen Euro. Die Beteiligung am Kameraexperiment des ISS Cassini/Huygens wurde bislang mit knapp einer Million Euro gefördert. Für eine Verlängerung der Mission bis 2010 werden derzeit Mittel bei der DLR beantragt. Die Arbeitsgruppe wird voraussichtlich an der für 2011 geplanten Mondmission und an der vorgesehenen Mission zum Mars im ESA-Explorationsprogramm beteiligt sein. Weitere Beteiligungen betreffen die Mission „Rosetta“ zum Kometen Churyumov-Gerasimenko und die Mission „Dawn“ zu den Asteroiden Ceres und Vesta.

Die Spitzenreiter

Rang

Projektleiter
Institut, Fachbereich

Ausgaben netto
(in Euro)

1

Haan, Gerhard, Prof. Dr.
Arbeitsbereich Erziehungswissenschaftliche Zukunftsforschung

1.169.917,66 

2

Fischer-Lichte, Erika, Prof. Dr.
Institut für Theaterwissenschaft

1.051.677,49 

3

Neukum, Gerhard, Prof. Dr.
Institut für Geologische Wissenschaften

745.006,47 

4

Wolf, Martin, Prof. Dr.
Institut für Experimentalphysik

723.392,01 

5

Apostolopoulos, Nicolas, Dr.
Center für Digitale Systeme

656.098,64 

6

Mez, Lutz, PD Dr.
Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft

600.847,49 

7

Saenger, Wolfram, Prof. Dr.
Institut für Chemie und Biochemie

597.185,33 

8

Limbach, Hans-Heinrich, Prof. Dr.
Institut für Chemie und Biochemie

585.909,54 

9

Pekdeger, Asaf, Prof. Dr.
Institut für Geologische Wissenschaften

558.490,52 

10

Schütte, Christof, Prof. Dr.
Institut für Mathematik

544.904,97 

11

Wöste, Ludger Heinrich, Prof. Dr.
Institut für Experimentalphysik

522.517,34 

12

Tolksdorf, Robert, Prof. Dr.
Institut für Informatik

520.745,06 

13

Berendsohn, Walter, Prof. Dr.
ZE Botanischer Garten und Botanisches Museum der Freien Universität

511.361,89 

14

Rothe, Günther, Prof. Dr.
Institut für Informatik

502.849,81 

15

Schmülling, Thomas, Prof. Dr.
Institut für Biologie

498.837,59 

16

Simon, Ortwin, Prof. Dr.
Institut für Tierernährung

473.792,48 

17

Sydow, Jörg, Prof. Dr.
Institut für Management

469.851,58 

18

Martens, Holger, Prof. Dr.
Institut für Veterinärphysiologie

456.295,69 

19

Risse, Thomas, Prof. Dr.
Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft

437.635,93 

20

Mackiewicz, Wolfgang, Prof. Dr. Dr.
ZE Sprachenzentrum

414.099,10 

21

Busch, Werner, Prof. Dr.
Kunsthistorisches Institut

385.850,93 

22

Kuhl, Franz-Dietmar, Prof. Dr.
Institut für Biologie

371.398,61 

23

Erdmann, Volker, Prof. Dr.
Institut für Chemie und Biochemie

368.439,12 

24

Rojas-Gonzales, Raul, Prof. Dr.
Institut für Informatik

365.874,59 

25

Harneit, Wolfgang, Dr.
BMBF-Nachwuchsgruppe Molekulare Spinelektronik

354.175,68 

26

Menzel, Randolf, Prof. Dr.
Institut für Neurobiologie

330.574,71 

27

Trabant, Jürgen-Klaus, Prof. Dr.
Institut für Romanische Philologie

327.348,46 

28

Polthier, Konrad, Prof. Dr.
Institut für Informatik

323.621,45 

29

Groß, Eberhard, Prof. Dr.
Institut für Theoretische Physik

318.898,69 

30

Haag, Rainer, Prof. Dr.
Institut für Chemie und Biochemie

317.009,07 

Quelle: Freie Universität Berlin

 


VERGLEICHSZAHLEN

Berliner Universitäten: effizienter und leistungsstärker

Die Hochschul-Informations- System GmbH (HIS) hat den Ausstattungs-, Kosten- und Leistungsvergleich (AKL-Vergleich) für das Jahr 2004 vorgelegt. Mit ihm werden Kennzahlen von Hochschulen aus den norddeutschen Ländern erhoben. Die Freie Universität Berlin, die Humboldt-Universität zu Berlin und die Technische Universität Berlin können dabei auf hervorragende Ergebnisse verweisen. Vor allem die Kennzahlen, die für eine Stärken- Schwächen-Analyse als besonders aussagekräftig angesehen werden, zeichnen das gute Abschneiden der drei Universitäten aus.

So lag für die Berliner Universitäten der Anstieg der Gesamtkosten in der Lehre je Studienplatz zwischen 2000 und 2004 bei nur 1,4 Prozent. Im Durchschnitt der AKL-Universitäten ist ein Anstieg von 13,4 Prozent festzustellen. Bei einem Vergleich der Absolventen als Bezugsgröße fallen die Kostenkennzahlen in Berlin deutlich niedriger aus als im Durchschnitt der AKL-Universitäten. Während zwischen 2000 und 2004 die Gesamtkosten in der Lehre je Absolvent in Berlin von 31 500 Euro auf 28 600 Euro um 9,4 Prozent zurückgingen, stiegen sie im selben Zeitraum für alle AKL-Universitäten im Durchschnitt um 13,4 Prozent von 28 700 Euro auf 32 900 Euro.

Nicht nur in der Lehre, sondern auch in der Forschung weisen die Berliner Universitäten eine höhere Effizienz im Mitteleinsatz auf. Bei ihnen ist der Anteil der Drittmittel an allen Forschungskosten mit 32,0 Prozent (2000: 28,8 Prozent) höher als im Durchschnitt der AKL-Universitäten. Somit weisen die Berliner Universitäten auch eine höhere Steigerungsrate des Drittmittelanteils im Betrachtungszeitraum auf. Dieser vergrößerte sich im Durchschnitt nur leicht von 29,4 Prozent (2000) auf 30,7 Prozent (2004). GK