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Sprungbrett in die Branche

LANGE NACHT DER WISSENSCHAFTEN Unterwegs auf dem Campus Dahlem

Von Jan Bosschaart

Irgendwann war es Christof Schütte leid. Einerseits sagte er Firmen nur ungern ab, wenn sie nach Mitarbeitern für kurzfristige Projekte im Bereich Bio-Informatik suchten. Andererseits waren seine Doktoranden für die meisten angebotenen Jobs überqualifiziert. Oft handelte es sich um Aufgaben, die typischerweise die erfahreneren unter Schüttes Studierenden erfüllen konnten. Hier aber die richtigen zu finden und an die Firmen zu vermitteln, dazu blieb dem Professor am Institut für Mathematik der Freien Universität Berlin keine Zeit. So wurde Inbion geboren.

Die Idee ist einfach: Eine Firma sollte die Vermittlung zwischen Wirtschaft und Studierenden übernehmen. Letztere profitieren dabei durch Praxiserfahrung, die Unternehmen durch die unkomplizierte Anwerbung von qualifiziertem Personal. Und die Universität, weil sie in der Wirtschaft für ihre Studierenden wirbt und das Studium praxisnäher gestaltet.

Bei Inbion geht alles fix, versichert Adrian Haß, der zweite Geschäftsführer des kleinen Unternehmens. Zwischen ein paar Stunden und wenigen Tagen liegt die Vermittlungszeit, wenn eine Firma spezialisierte Leute für kleine Projekte sucht. Inbion verfügt über eine große Datenbank mit Studierenden und ihren speziellen Kenntnissen. Sind die Richtigen gefunden, nehmen die Geschäftsführer Tim Conrad und Adrian Haß Kontakt auf und fragen, ob sie Zeit haben und das Projekt ihr Interesse weckt. Meistens passt alles zusammen, und Conrad und Haß handeln einen Stundensatz aus. Probleme gab es dabei bislang kaum. Das ist kein Wunder, denn die Bio-Informatik ist nach wie vor eine Boom-Branche, und Inbion will keinen Gewinn erzielen: 70 Prozent der Einnahmen gehen direkt an den Studierenden, von den restlichen 30 Prozent deckt Inbion seine Kosten.

Die Studierenden schätzen die Praxiserfahrung, die sie auf diese Weise gewinnen. Wie Martin Held, der über ein Projekt bei Microsoft Research ein Thema für seine Masterarbeit fand. „Ich habe zudem wichtige Ansprechpartner kennen gelernt, die ich jetzt um Rat fragen kann“, sagt er. Manche Studierende wissen nach einem Einsatz für Inbion hingegen, was sie später auf keinen Fall machen wollen. Auch das ist eine wichtige Erfahrung.

Viele Unternehmen lassen sich schnell von der Geschäftsidee begeistern, darunter Microsoft Research, das Berliner Max-Planck-Institut für molekulare Genetik und die Berlin Mathematical School. Oft sind Programmierer gefragt, die auch medizinische oder biologische Kenntnisse mitbringen – das klassische Aufgabenfeld für Bio-Informatiker. So suchte der Gesundheitsdienstleister Trifit Studierende mit Medizinwissen, die auf Industrie-Niveau programmieren können. Es galt, ein Programm zu schreiben, dass Fitnesswerte misst und auswertet. Inbion-Mitarbeiter waren von Beginn an dabei: beim Softwaredesign, beim Programmieren und bei anschließenden Nachbesserungen. Das fertige Produkt verkauft Trifit an Arztpraxen, die es nutzen, um Fitnesspässe zu erstellen.

Inbion ist eine hundertprozentige Tochter der Freien Universität Berlin, deren Geschäfte vollständig von Studierenden abgewickelt werden. Den Namen haben Studierende gefunden, das Logo für die Briefköpfe und der Internetauftritt entstanden in einem Wettbewerb an der Uni. Selbst die Geschäftsführer sind Nachwuchsakademiker: Tim Conrad promoviert in Bio-Informatik, Adrian Haß schreibt an seiner Masterarbeit. In wenigen Wochen, nach Ablauf von zwei Jahren, müssen sie ihren Stuhl räumen. So ist sichergestellt, dass auch andere Studierende Berufserfahrungen als Geschäftsführer eines kleinen Unternehmens sammeln können.

Die Freie Universität Berlin hat 2006 das Gründerzentrum „profund“ ins Leben gerufen, das Studierende und Absolventen dabei unterstützt, das eigene Unternehmen an den Start zu bringen. „profund“ und zahlreiche Firmenausgründungen der Freien Universität präsentieren sich bei der „Langen Nacht der Wissenschaften“ von 17 bis 1 Uhr im Foyer der Mensa, Habelschwerdter Allee 45, 14195 Berlin, Gebäudenr. 10; Infos: www.profund.fu-berlin.de