Springe direkt zu Inhalt

Übernahme mit Kusshand

Die Freie Universität Berlin bildet derzeit rund 120 Lehrlinge aus

Von Carsten Wette

Mit der Freien Universität Berlin werden in erster Linie Forschung und Lehre assoziiert. Nur wenigen ist bekannt, dass man hier nicht nur wissenschaftliche Abschlüsse erwerben, sondern auch eine Lehre absolvieren kann. „Wir bieten Jugendlichen seit Jahrzehnten eine duale Ausbildung in verschiedenen Berufen an und kommen damit unserer gesellschaftlichen Verpflichtung nach“, sagt der Kanzler der Freien Universität, Peter Lange.

Auszubildende an der Freien Universität Berlin

Die Lehrstellen an der Freien Universität Berlin sind begehrt. Derzeit arbeiten hier rund 120 Auszubildende. Foto: Britta Ernst/Peter Voss

Mit großem Erfolg, denn Lange erhielt Mitte Oktober ein Glückwunschschreiben vom Präsidenten des Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Ludwig Georg Braun, verbunden mit einer Einladung in den Hangar 2 des Flughafens Berlin-Tempelhof. Am vergangenen Montag wurde dort nämlich die an der Freien Universität Berlin in der Fachrichtung Forschung und Klinik ausgebildete Tierpflegerin Anne Troppenz im Rahmen einer Festveranstaltung des DIHK als beste Prüfungsteilnehmerin geehrt. Mit der Traumnote 1,0 ließ die 19-Jährige in diesem Fach bundesweit 422 Prüflinge hinter sich. Festrednerin bei der „Nationalen Bestenehrung in IHK-Berufen“ vor rund 1000 Gästen war keine Unbekannte – ans Rednerpult trat Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Die Zahl der erfolgreichen Absolventen liegt an der Freien Universität Berlin deutlich über dem Durchschnitt anderer Ausbildungsbetriebe. „Bei uns bricht kaum jemand seine Lehre ab“, erklärt der Ausbildungsleiter Lothar Fahrenkrog-Petersen, der dieses Amt seit 14 Jahren innehat. 98 Prozent der eingestellten Lehrlinge schaffen die Abschlussprüfung. Zu der guten Quote trage bei, dass viele der Ausbilder sich den Lehrlingen hauptamtlich widmen können, betont Fahrenkrog-Petersen. Hinzu komme, dass die 16- bis 20-Jährigen auch bei etwaigen privaten Problemen nicht allein gelassen würden.

Die Palette der zu erlernenden Berufe umfasst Klassiker wie Neuheiten: An der Freien Universität können junge Leute Tierpfleger, Gärtner, Industriemechaniker, Chemielaborant oder Elektroniker werden. Einschlagen können sie auch den Berufsweg zum Fachangestellten für Medien- und Informationsdienste, zum Verwaltungsfachangestellten, zum Imker oder zum Fachinformatiker für Systemintegration. Neu seit diesem Herbst ist die Prüfung zum Bachelor of Arts in Facility Management, also eine kaufmännische Ausbildung zur Planung und Verwaltung von Gebäuden. Diese Lehre wird in Kombination mit einem Studium an der Fachhochschule für Wirtschaft Berlin angeboten. In einigen Bereichen, etwa bei den Chemielaboranten, leitet die Freie Universität den Ausbildungsverbund für den ganzen öffentlichen Dienst der Hauptstadt.

Die Zahl der Lehrlinge an den Standorten der Freien Universität in Dahlem, Düppel und Lankwitz liegt seit mehreren Jahren konstant bei rund 120. Wer einen Platz ergattert, kann sich glücklich schätzen, denn für jede Lehrstelle gehen im Schnitt 80 Bewerbungen ein. In diesem Herbst traten 42 „Neue“ eine Ausbildung an. Um die Atmosphäre aufzulockern und um den neuen Lehrlingen den Campus der Freien Universität spielerisch näher zu bringen, endete das gemeinsame Einführungsseminar im Weiterbildungszentrum mit einer Rallye über das Universitätsgelände. In das futuristisch anmutende Weiterbildungszentrum in der Otto-von-Simson-Straße werden die Auszubildenden im Laufe ihrer drei- beziehungsweise dreieinhalb Jahre langen Lehre immer wieder zurückkehren. „Wir bieten in Zusammenarbeit mit freien Trägern zahlreiche Veranstaltungen an“, erläutert der Leiter des Weiterbildungszentrums, Dr. Rolf Busch. Nachgefragt sind unter anderem Seminare zur Optimierung des Lernens, zur gesunden Ernährung und zur Suchtprävention. Beliebt sind auch Bewerbungstrainings. Doch nicht nur wegen der umfassenden Betreuung haben Absolventen der Freien Universität gute Chancen auf eine Stelle nach der Abschlussprüfung: „Wir arbeiten in der Ausbildung so eng wie möglich auch mit privaten Unternehmen zusammen“, betont Busch.

Viele der jungen Erwachsenen starten nach der Prüfung allerdings in ihrem – dann ehemaligen – Lehrbetrieb durch. „In der Vergangenheit haben wir etwa der Hälfte der Absolventen Arbeitsverträge angeboten“, sagt Ausbildungsleiter Fahrenkrog-Petersen. Von Betrieben in der freien Wirtschaft würden vor allem Chemielaboranten „mit Kusshand genommen“. Einer davon dürfte Jan Ebel sein. Der 25-jährige Chemielaborant hat seine Prüfung mit Auszeichnung und berlinweit als Bester bestanden.