Springe direkt zu Inhalt

Elite-Bildung in den USA

Exzellenz in Forschung und Lehre hat ihren Preis

Von Irwin Collier und Petra Zloczysti

Die besten Hochschulen der Vereinigten Staaten sind weltberühmt für ihre exzellenten Leistungen: Das gilt für die Allgemeinbildung und Berufsvorbereitung ihrer Studenten wie für die Forschung ihrer Professoren. Doch das ist noch nicht alles. Die Absolventen und Wissenschaftler der amerikanischen Elite-Universitäten gewinnen Jahr für Jahr Nobelpreise. Auch bilden sie einen überproportional großen Anteil des wissenschaftlichen, kulturellen und politischen Führungskräftenachwuchses aus – nicht nur in den USA, sondern weltweit.

Denkt man an die amerikanischen Elite-Universitäten, so fallen einem zuerst die acht Mitglieder der so genannten „Ivy League“ ein. Zu ihr gehören Harvard, Yale und Princeton, die „Holy Trinity“. Während sieben der acht Mitglieder der Ivy League bereits vor der Gründung der Vereinigten Staaten existierten – Cornell wurde als letzte vor rund 140 Jahren gegründet –, ist ihr Selbstverständnis als akademische „Elite“ noch relativ jung, denn als Geburtsstunde der Ivy League gilt das Jahr 1954.

Den jährlichen Berichten von „U.S. News“ und „World Report“ über die besten Bachelor-Programme in den USA zufolge wird nur einer von zehn Bewerbern in Yale aufgenommen, einer von neun in Harvard und jeder Achte in Princeton. Die besten medizinischen Hochschulen des Landes haben Aufnahme-Quoten von weniger als fünf Prozent.

Beeindruckender als die schiere Zahl qualifizierter Bewerber ist der „offizielle Listenpreis“ für ein Jahr eines Bachelor-Studiums an einer Ivy-League-Universität, das insgesamt vier Jahre dauert. Die Studiengebühren für ein akademisches Jahr belaufen sich auf rund 32 000 Dollar, hinzu kommen noch einmal etwa 9400 Dollar für Unterkunft und Verpflegung. Etwas mehr als die Hälfte der Studienanfänger an den „Ivies“ erhält keinerlei finanzielle Unterstützung, sodass die Familien alle Kosten tragen müssen. Im Vergleich dazu erhalten solche Studenten, die von der Universität als finanziell bedürftig eingestuft werden, eine jährliche Entlastung von etwa 27 000 Dollar, wovon 85 Prozent nicht zurückgezahlt werden müssen. Es verbleiben damit noch immer rund 18 000 Dollar, die durch familiäre Unterstützung, Darlehen oder Arbeiten während der Sommerferien aufgebracht werden müssen.

Was wird von Studierenden und Eltern an der Ivy-League-Ausbildung als so wertvoll empfunden, dass sie eine solche finanzielle Bürde auf sich nehmen? Einer der wichtigsten Gründe ist vermutlich die Tatsache, dass der Bachelor-Abschluss einer Ivy-League-Universität deutlich die Wahrscheinlichkeit erhöht, in eine renommierte „professional school“ aufgenommen zu werden.

Nicht weniger wichtig zum Verständnis des Systems von Selektion und Training in den Vereinigten Staaten sind die Elite-Colleges, die ausschließlich Bachelor-Studiengänge anbieten. Zu ihnen zählen das Williams College, das Amherst College und das Swarthmore College.

Neben den Ivy-League-Universitäten und den besten privaten Colleges verfügen die USA über viele andere private Elite-Universitäten: Stanford, Johns Hopkins, Duke oder die University of Chicago. Hinzu kommen die Flagschiffe der bundesstaatlichen Universitätssysteme in Kalifornien (Berkeley), Texas (Austin) und Michigan (Ann Arbor). In den Natur- und Ingenieurwissenschaften wird die Ostküste vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) dominiert; die Westküste vom California Institute of Technology (Cal Tech).

An einer staatlichen Elite-Universität wird das zu erwartende finanzielle Opfer für amerikanische Studenten nur wesentlich kleiner. So belaufen sich die Studiengebühren (5700 Dollar) sowie die Kosten für Unterkunft und Verpflegung an der University of Texas zusammen auf rund 12 000 Dollar jährlich, was in etwa zwei Dritteln der Aufwendungen entspricht, die für Ivy-League-Studenten mit finanzieller Unterstützung anfallen.

Beeindruckend ist in diesem Zusammenhang die Bereitschaft der Alumni, den Institutionen auch nach ihrem Abschluss Geld zukommen zu lassen. Nicht nur die moderaten Spenden vieler Ehemaliger helfen, das Stiftungskapital amerikanischer Universitäten stetig zu vergrößern, auch spektakuläre Spenden sind keine Seltenheit. Die Erfahrung in den Vereinigten Staaten lehrt, dass sich eine Universität auf die Loyalität ihrer Ehemaligen verlassen kann, wenn sie exzellent ausbildet.

Irwin Collier ist Amerikaner und seit 1994 Professor für Wirtschafts- und Sozialpolitik an der Freien Universität Berlin. Er studierte in Yale und promovierte am Massachusetts Institute of Technology (MIT) in Cambridge/Mass.

Petra Zloczysti ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für öffentliche Finanzen und Sozialpolitik der Freien Universität Berlin.