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Von der Begeisterung für Literatur zum Traumberuf

Der Masterstudiengang Angewandte Literaturwissenschaft der Freien Universität Berlin vermittelt praktische Kenntnisse über die Besonderheiten des Literaturbetriebs.

23.02.2012

Die Literatur in den Mittelpunkt rücken wollten die Studierenden bei ihrem Wettbewerb um die schönsten Lesebühnen Berlins.

Die Literatur in den Mittelpunkt rücken wollten die Studierenden bei ihrem Wettbewerb um die schönsten Lesebühnen Berlins.
Bildquelle: © Freie Universität Berlin

Studierende der Angewandten Literaturwissenschaft sind Multitalente: Ausgebildet in literatur- oder kulturwissenschaftlicher Analyse, lernen sie an der Freien Universität Berlin, wie man theoretisches Wissen mit praktischem Know-how verbindet. In den Seminaren des 2003 gegründeten Masterstudiengangs wird nicht nur über das Wesen von (guter) Literatur diskutiert – zum Beispiel in Kursen zur Buchkritik –, sondern auch geübt, wie man eine breite Öffentlichkeit für literarische Themen begeistert. Der Arbeitsmarkt für die Absolventen ist vielfältig: Sei es im Verlagswesen, im Print-, Radio- und Online-Journalismus oder im Veranstaltungsmanagement – nach der Ausbildung haben die Studierenden die Qual der Wahl, wo sie ihre berufliche Laufbahn beginnen wollen.

Entscheidend ist der Praxisbezug, der in Planspielen trainiert und in konkreten Projekten umgesetzt wird. So entstand beispielsweise in einem Seminar im Sommersemester 2011 die Idee, einen eigenen Literaturpreis ins Leben zu rufen. „Literaturpreise gibt es viele. Wir wollten aber etwas Neues, etwas Einmaliges schaffen, darum haben wir uns für einen Lesebühnen-Preis entschieden“, sagt Studentin Joy Hawley, die mit einem US-amerikanischen Bachelor-Abschluss an die Freie Universität gekommen ist. Nebenbei wollten die sieben Studierenden ihrer Arbeitsgruppe dem Literaturstandort Berlin ein Denkmal setzen. Denn wohl nirgendwo sonst gebe es so viele aufregende Salons, Cafés und Bars, in denen junge Autoren auf kleinen, charmanten Lesebühnen selbstverfasste Texte vortragen. Im Gegensatz zu inzwischen weit verbreiteten Poetry-Slams ist der Wettbewerbsaspekt nebensächlich – bei den Veranstaltungen geht es um den reinen Lese-Genuss. „Diesen verbindenden Gedanken wollten wir auch bei unserem Preis unterstreichen. Deswegen sollte es keine Verlierer geben.“

Die Studierenden haben bei einer Vorauswahl 19 Lesebühnen ins Rennen geschickt und die vier „schönsten und sympathischsten“ in die engere Wahl genommen. Über die Preisvergabe hat dann eine professionelle Jury entschieden – darunter die Autorin Antonia Baum, die im vergangenen Jahr beim Wettbewerb um den Ingeborg-Bachmann-Preis mit ihrem Debüt-Roman „Vollkommen leblos, bestenfalls tot“ für viel Aufsehen sorgte. Die feierliche Verleihung des Lesebühnen-Preises fand – selbstverständlich organisiert und moderiert von den Studierenden – am 17. Februar in der Clinker Lounge in Prenzlauer Berg statt. Den ersten von drei Preisen haben gleich zwei Lesebühnen gewonnen: die „Chaussee der Enthusiasten“ und „Rakete 2000“. Der zweite Preis ging an die „Lesedüne“ und der dritte an „LSD – Liebe statt Drogen“.

Sonja Vandenrath, Literaturreferentin der Stadt Frankfurt am Main, die das Seminar geleitet und das Projekt als Mentorin begleitet hat, hebt hervor, dass die Studierenden dank des Preises einen CrashKurs in Literaturmanagement absolvieren konnten: „Ein solch aufwendiges Projekt ein Jahr lang zu organisieren, verlangt viel Enthusiasmus und Durchhaltevermögen. Ich bin sehr beeindruckt, dass das Preisbühnen-Team die ganze Zeit am Ball geblieben ist und sich von den Schwierigkeiten nicht hat abschrecken lassen." Zu den praktischen Erfahrungen gehörte auch die mühsame Arbeit beim Einwerben von Spenden: „Zunächst hatten wir Probleme, aufgeschlossene Sponsoren zu finden“, sagt Elena Klug, Studentin des Masterprogramms im 3. Semester. Doch auch das gehört zum Studiengang dazu: zu lernen, wie man die notwendigen Mittel akquiriert, um ein Projekt dieser Rangordnung – im wahrsten Sinne des Wortes – über die Bühne zu bringen. „Es war die erste Verleihung eines solchen Lesebühnen-Preises, das macht die Sache schwierig. Doch schließlich konnten wir einen privaten Sponsor finden, das Ingenieurbüro „FKS – beratende Ingenieure“, der uns das Preisgeld zur Verfügung gestellt hat.“

Was am Ende zählt, ist die Aufmerksamkeit, die der Literatur zuteil wird. Um sie zu steigern, haben die Studierenden ein Blog gegründet: Auf der Internet-Seite www.litaffin.de berichten Teilnehmer des Masterprogramms seit zwei Jahren von neuen Entwicklungen auf dem Buchmarkt, besonderen literarischen Ereignissen, beeindruckenden Büchern und neuen Projekten, wobei sie die digitalen Medien und sozialen Netzwerke zu nutzen verstehen, um ein junges Publikum zu erreichen. Auf Facebook hat das Blog nahezu 1000 Fans.

Wer Literatur erfolgreich vermitteln will, muss kreativ sein und immer wieder neue Wege finden, um sich von der breiten Masse zu unterscheiden. Darauf will der Studiengang vorbereiten. Offensichtlich mit Erfolg. „Es beginnt, sich in der Branche herumzusprechen, dass unsere Absolventen bestens vorbereitet die Freie Universität verlassen“, sagt Dorothee Risse, die Koordinatorin des Studiengangs. Zu den Arbeitgebern der Absolventen gehörten inzwischen Verlage wie Suhrkamp, Manesse und Reclam, Literaturagenturen, Theater, Literaturhäuser und Redaktionen. Kein Wunder also, dass die Plätze heiß begehrt sind: Zum gerade beendeten Wintersemester hatten sich knapp 140 Interessenten auf die 20 freien Studienplätze beworben. Die Zahlen geben auch aus einem anderen Grund Anlass zur Freude: Sie belegen nicht nur die Beliebtheit des Masterprogramms, sondern auch, dass das Interesse an Literatur – trotz Internet, digitaler Kommunikation und düsterer Prognosen – immer noch groß ist. Und das ist eine Nachricht, die ausnahmsweise nicht in das Reich der Fiktion gehört.