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Räume in Stichpunkten

Kurz-fundiert

10.06.2009

Räume setzen Grenzen: 210 mal 297 Millimeter messen diese und die folgenden Seiten des Heftes – zu wenig für eine große Geschichte; genug, um einige Themen anzureißen.

Räume setzen Grenzen: 210 mal 297 Millimeter messen diese und die folgenden Seiten des Heftes – zu wenig für eine große Geschichte; genug, um einige Themen anzureißen.
Bildquelle: iStockphoto

Räume setzen Grenzen: 210 mal 297 Millimeter messen diese und die folgenden Seiten des Heftes – zu wenig für eine große Geschichte; genug, um einige Themen anzureißen, für die bislang kein Raum war: in Stichpunkten zusammengefasst.

Woher kommt das Wort Raum?

Der gemeine Germane nutzte im 1. Jahrhundert v. Chr. das Wort „raum“ als Adjektiv – und bezeichnete damit das, was seine Wälder waren: weit. Das veraltete Eigenschaftswort erlebte im ausgehenden Mittelalter eine sprachliche Renaissance und wurde zum Substantiv. Eng verwandt ist das Wort „geraum“, das zunächst eine zeitliche und eine örtliche Dimension besaß. Im 17. Jahrhundert spaltete sich „geräumig“ von „geraum“ – Zeit und Raum hatten von nun an ein jeweils eigenes Adjektiv für „ziemlich viel“.

Die Theorie des Raums I.

Die alten Griechen haben aus der Frage „Was ist ein Raum?“ eine ganze Wissenschaft gemacht: die Geometrie. Euklid von Alexandria sammelte das Wissen seiner Zeit und legte um 325 v. Chr. die grundlegenden Definitionen in seinem Werk Die Elemente als Axiome fest: Ein Punkt ist, was keine Teile hat; eine Fläche ist, was nur Länge und Breite hat; ein Körper hat Länge, Breite und Tiefe. Die Winkelsumme eines ebenen Dreiecks beträgt 180 Grad. Bis ins späte Mittelalter hinein haben sich alle Wissenschaften an dieser dreidimensionalen Geometrie des Raumes orientiert, erst danach wurde die Mathematik weiterentwickelt.

Die Theorie des Raums II.

Im Jahr 1858 stellte der Mathematiker Bernhard Riemann eine kühne Arbeit vor, die das Gebäude der euklidischen Geometrie zum Einsturz brachte: Könnte es nicht sein, dass der Raum gekrümmt ist, etwa wie eine Kugeloberfläche? Auf einer solchen gekrümmten Oberfläche sind die kürzesten Verbindungen zwischen zwei Punkten – anders als bei Euklid – keine Geraden, sondern gekrümmte Linien. Auf Grundlage dieser neuen Geometrie verfasste Albert Einstein gut 50 Jahre später seine Allgemeine Relativitätstheorie: Durch Masse und Energie, so Einsteins Gedankenexperiment, wird unser Raum gekrümmt. Zeit und dreidimensionaler Raum bilden in Einsteins Welt eine vierdimensionale Raumzeit.

Wie groß ist der Raum?

Das wollen Astronomen mit den kürzlich gestarteten Weltraumteleskopen Herschel und Planck der Europäischen Weltraumbehörde (ESA) herausfinden: Seit dem Urknall, so die gängige Theorie, dehnt sich der Raum aus und reißt die Materie dabei mit sich. Und das seit ziemlich genau 13,7 Milliarden Jahren. In jeder Sekunde wächst das Volumen des beobachtbaren Universums dabei etwa um die Größe unserer Milchstraße. Wie groß der Weltraum wirklich ist, weiß kein Mensch. Die beiden ESA-Satelliten jedenfalls sollen das Echo des Big Bang einfangen und so den Himmel neu kartieren, vielleicht auch neue Erkenntnisse über die Größe des Universums ermöglichen. Doch was immer die Forscher herausfinden: Ferne Sterne werden die Menschen in naher Zukunft nicht besuchen können. Alpha Centauri C, der unserer Sonne am nächsten gelegene Stern, liegt mehr als vier Lichtjahre von der Erde entfernt. Mit einem Spaceshuttle bräuchte man rund 165.000 Jahre bis dorthin.

Ein Raum der Stille.

Zugegeben, gekrümmter Raum und die Frage nach der Größe des Universums können ganz schön verwirren. Wer in Ruhe darüber nachdenken möchte, findet im Brandenburger Tor einen 30 Quadratmeter großen Raum der Stille. Vorbild ist ein Meditationsraum, den Dag Hammarskjöld, Generalsekretär der Vereinten Nationen, 1954 in deren Hauptgebäude in New York hatte einrichten lassen. Der Raum im Brandenburger Tor soll inmitten der Großstadt-Hektik ein Ort der Toleranz und des Friedens, der Stille und Einkehr sein.

Apropos Raum der Stille.

Woher kommt die Bezeichnung 00 für die Toilette? Die gängigste Erklärung lautet: Als gegen Ende des 19. Jahrhunderts die Toiletten von den Hinterhöfen in die Etagen der Hotels wanderten, waren die Zimmer schon nummeriert – einzig die Kombination 00 war noch nicht vergeben. Andere Theorien verweisen auf das englische Wort loo für Lokus, auf stilisierte Abzugslöcher oder den lateinischen Spruch omittite omittendum – „lasst aus, was auszulassen ist“. Wissenschaftlich belegen lässt sich die wahre Herkunft der Doppelnull nicht. „Stilles Örtchen“ klingt ohnehin viel einladender.

Wie viel Raum haben die Menschen zum Leben?

Die Landmasse der Erde, also die Teile der Welt, die auch bei Flut nicht von Wasser bedeckt sind, beträgt etwa 150 Millionen Quadratkilometer. Bei derzeit 6,79 Milliarden Menschen ergibt sich statistisch ein Pro-Kopf- Raum von fast 22.000 Quadratmetern Land – eine Fläche so groß wie drei Fußballfelder. So weit die Theorie: Praktisch drängen sich 95 Prozent der Weltbevölkerung auf nur 10 Prozent der Landfläche. Jeder zweite Mensch lebt inzwischen in einer Stadt. Der am dichtesten besiedelte Flächenstaat ist Bangladesch mit 1.000 Einwohnern pro Quadratkilometer. Doch auch in deutschen Städten ist der Raum – je nach Wohngebiet – sehr begrenzt: In Berlin-Kreuzberg etwa hat statistisch gesehen jeder Einwohner gerade einmal 66 Quadratmeter der Erde zum Leben – Straßen und Parks inklusive. Zum Glück hat der Mensch gelernt, auch in die Höhe zu bauen.

Wie groß ist einer der politisch wichtigsten Räume der Welt?

Hier fiel die Entscheidung, eine Atombombe über Hiroshima abzuwerfen; in diesem Raum wurden Kriege geplant und Rückzüge vorbereitet: Vom Oval Office aus gratulierte Präsident Richard Nixon den Astronauten 1969 zur erfolgreichen Mondlandung. Was Nachfolger Bill Clinton in diesem Raum alles trieb, hätte ihn fast das Amt gekostet. Das Arbeitszimmer des amerikanischen Präsidenten misst 10,90 mal 8,80 Meter und ist 5,60 Meter hoch. Der Schreibtisch der Macht ist übrigens britisch. Königin Victoria schenkte ihn 1855 den Amerikanern, nachdem diese das britische Polarforschungsschiff „HMS Resolute“ geborgen hatten, das im Eis steckengeblieben war. Und da behaupte noch einer: Britannia rules the waves!

Wer weint im Raum der Tränen?

Direkt neben der Sakristei der Sixtinischen Kapelle im Apostolischen Palast befindet sich ein kleiner Raum: drei mal drei Meter, niedrige Decken, ein schmales Fensterchen, durch das kaum Licht dringt. Ein rotes Sofa in der Stanza delle lacrime. In diesen „Raum der Tränen“ wird am Ende eines Konklaves der neue Papst geführt. Dort lässt man ihn kurz allein. Nicht selten soll der Gewählte in dieser Kammer ob der Bürde seines Amtes bitterlich geweint haben. Hat der neue Pontifex seine Gefühle wieder im Griff, beginnt in dem unscheinbaren Zimmer die Metamorphose vom Kardinal zum Papst: Drei weiße Gewänder liegen bereit, ein kleines, ein mittleres und ein großes. Der Mann, der Minuten zuvor in Kardinalspurpur und Schwarz den Raum betreten hatte, verlässt die Stanza della Lacrime in unschuldigem Weiß und eilt zur Benediktionsloggia, um sich den Gläubigen zu zeigen. Papst Benedikt XVI. alias Joseph Kardinal Ratzinger übrigens passte keines der vorbereiteten Gewänder: Beim Segen Urbi et orbi schauten dem Vernehmen nach unter seiner Soutane die langen – und zum Glück ebenfalls weißen – Unterhosen hervor.

Warum ist am Rand des Fußball-Strafraums ein Teilkreis aufgemalt?

Genau 18 mal 44 Yards misst der Strafraum auf dem Fußballplatz. Der Volksmund hat aus den 16,45 mal 40,23 Metern kurz den „Sechzehner“ gemacht. Wird hier ein angreifender Spieler gefoult oder spielt ein Verteidiger den Ball mit der Hand, pfeift der Schiedsrichter auf Elfmeter. Aber was soll eigentlich dieser Teilkreis vor dem Strafraum? Gehört der noch zum 16-Meter-Raum? Darf hier vielleicht der Torwart die Hände benutzen? Nein: Der Teilkreis ist eine optische Hilfe für den Schiedsrichter. Während des Strafstoßes darf nämlich außer dem Schützen keiner der Spieler dem Ball näher als 10 Yards oder 9,15 Meter kommen. Und weil der Strafraum ebenfalls verboten ist und der Torwart ohnehin auf seiner Linie bleiben muss, wird die Abstandsmarkierung nur außerhalb des Sechzehners eingezeichnet. Und wenn während des Elfmeters doch ein Spieler in den Kreis rennt? Ist es ein Mitspieler des Schützen und der Ball landet im Tor, muss der Strafstoß wiederholt werden. Geht er vorbei oder ans Gehäuse, gibt es einen Freistoß für die Mannschaft des Torwarts. Läuft ein Mitspieler des Torwarts beim Schuss in den Kreis, zählt das Tor; geht er daneben, darf es der Schütze ein zweites Mal versuchen.