Springe direkt zu Inhalt

Rechenheft in Stichpunkten

Kurz-fundiert

22.10.2012

Kurz-fundiert - Rechenheft in Stichpunkten

Kurz-fundiert - Rechenheft in Stichpunkten
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Auch wenn es manchen nicht passt: Mathematik steckt fast überall in unserem Alltag. In Versicherungspolicen, Kultfilmen und der Eheberatung. Und natürlich auch auf den letzten Seiten dieses Heftes. Aber damit haben Sie vermutlich schon gerechnet …

1. Wenn Betrüger 9 gerade sein lassen…

… dann fliegt das manchmal auf – dank einer Regel, die der amerikanische Mathematiker Simon Newcomb Ende des 19. Jahrhunderts entdeckte. Ihm war aufgefallen, dass in Logarithmentafeln, die man damals für viele Berechnungen brauchte, die ersten Seiten viel stärker abgegriffen waren als die hinteren. Er folgerte daraus, dass bei langen Zahlen die 1 häufiger an erster Stelle steht als andere Ziffern. Seine Publikationen dazu stießen jedoch kaum auf Interesse. Erst der Physiker Frank Benford entdeckte sie wieder. Anhand verschiedenster Statistiken zu Einwohnerzahlen bis zu Baseball-Ergebnissen stellte er fest, dass in 30 Prozent der Fälle eine 1 als erste Ziffer einer Zahl vorkommt und in rund 18 Prozent die 2. Eine 9 ist es in weniger als 5 Prozent der Fälle. Auch wenn Benfords Regel unter Wissenschaftlern bisher eher als mathematisches Kuriosum gesehen wurde, gibt es immer mehr Fälle, in denen sich die Regel bewahrheitet. Weichen Zahlen stark von der Verteilung ab, ist das ein Hinweis auf manipulierte Daten. So konnte auch die kreative Buchführung beim USEnergiekonzern ENRON aufgedeckt werden. Und die vermutlich manipulierten Haushaltsdaten Griechenlands – allerdings erst 2011.

2. ... und sie lachen doch!

Der Satz von Fermat, eine Rechenregel benannt nach dem französischen Mathematiker Pierre de Fermat, als Fernseh-Entertainment? Doch, das gibt es schon lange. In der US-amerikanischen Zeichentrickserie „The Simpsons“ wimmelt es nur so von mathematischen Anspielungen und Problemen. Kein Wunder, denn der Erfinder der Serie, Mat Groening, und einige der Autoren sind Mathematiker. Chefschreiber Al Jean etwa hat einen Bachelor in Mathematik, und Ken Keeler, der bis 1998 an der Serie mitarbeitete, promovierte sogar in Angewandter Mathematik. Wenn die Hauptfigur Homer Simpson in einer Folge also aus Versehen in der dritten Dimension unterwegs ist und mathematische Probleme im wahrsten Sinne des Wortes „streift“, ist das zwar nicht immer ganz ernstzunehmende Mathematik. Aber zumindest eine Ironie, über die man mit etwas Ahnung von der Materie mehr schmunzeln kann.

3. Eine Schwäche für Mathe

Wenn Kinder mit Zahlen manchmal gar nichts anfangen können, ist das nicht immer ein Zeichen von mangelnder Begeisterung für Mathe. Manchmal kann auch eine Dyskalkulie dahinterstecken – also eine Rechenschwäche. Menschen mit Dyskalkulie haben weniger ein Problem mit Wurzeln oder Stochastik, also fortgeschrittener Mathematik.

Menschen mit Dyskalkulie fehlt es im arithmetischen Grundlagenbereich. Sie haben zum Beispiel keine Vorstellung für das Dezimalsystem, sie wissen nicht, wie Zahlen aufgebaut sind, oder es fehlt ihnen das Verständnis für die Grundrechenarten. Sie können deshalb auch kaum schätzen, wie viele Menschen sich an einem Ort befinden. Dyskalkulie ist längst nicht so gut erforscht wie die Legasthenie. Trotzdem gehen Forscher davon aus, dass auf der ganzen Welt zwischen vier und acht Prozent aller Menschen Schwierigkeiten mit Mengenund Zahlenräumen hat.

4. Die Eheformel

Wenn Promis den Bund der Ehe schließen, treibt die Medien oft nur eine Frage um: Kann das gut gehen? Und wenn ja – wie lange? Der New-York-Times-Kolumnist John Tierney und der Statistiker Garth Sundem haben dafür eine vergleichsweise simple Formel entwickelt: Zur Berechnung wird der Ruhm beider Ehepartner, ausgedrückt durch Nennungen in den Medien, das Alter, die Dauer der Beziehung vor der Ehe und die Anzahl gescheiterter Beziehungen berücksichtigt. Und ein Image Faktor, der sich aus den ersten fünf Ergebnissen einer Bildrecherche bei Google ergibt. Nachdem sie die Chancen verschiedenster Promi-Paare durchgerechnet haben, sagen die beiden: Entscheidend für die Aussichten aufs gemeinsame Star-Glück ist, welcher Art die gemeinsame Prominenz ist.

Nennungen in seriösen Medien sind gut – weshalb die Chancen bei Prinz William und Kate der Formel zufolge sehr gut stehen. Berichtet dagegen das Boulevardmagazin „The National Enquirer“ häufig über das Paar, stehen die Chancen weniger gut. Schlechte Prognosen haben nach der „Sundem/Tierney Unified Celebrity Theory“ deshalb vor allem Beziehungen zwischen Promis aus der zweiten oder dritten Reihe.

5. Ausgezeichnete Superrechner

Ein hervorragender Chemiker kann darauf hoffen, irgendwann einen Nobelpreis für seine Entdeckungen zu bekommen. Für Mathematik aber gibt es keinen Nobelpreis. Über die Gründe wird bis heute spekuliert – so soll der Stifter der Auszeichnung, Alfred Nobel, aus Eifersucht auf einen Mathematiker, der ihm eine Frau ausgespannt hatte, der Disziplin einen eigenen Preis verweigert haben. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass Nobel in Mathematik eine Hilfswissenschaft sah und deshalb gar nicht daran gedacht hatte.

Mittlerweile gibt es deshalb andere „Mathe-Oskars“, etwa den hochdotierten „Abel-Preis“ der Norwegischen Akademie der Wissenschaften. Mit weniger Geld, aber ebenso viel Ruhm ist die Verleihung der „Fields-Medaille“ verknüpft – die Internationale Medaille für herausragende Entdeckungen in der Mathematik. Sie wird alle vier Jahre verliehen. Der einzige deutsche Preisträger ist Gerd Faltings, der 1986 für seine Arbeit zu Algebraischen Kurven ausgezeichnet wurde.

6. Tierisch gut in Mathe

Der Mensch kann im Allgemeinen rechnen und Zahlen unterscheiden. Doch wie sieht es bei der tierischen Verwandtschaft aus? Haben Rhesusaffen zum Beispiel die Wahl zwischen drei oder vier Apfelstücke entscheiden sie sich immer für die größere Menge. Wenn sie sich zwischen vier oder fünf Stück entscheiden sollen, haben sie jedoch Probleme. Aus Versuchen wie diesem folgern Wissenschaftler, dass Tiere Mengen zwar spontan schätzen können – jedoch eher zwischen eins, zwei, drei und „ganz viele“. Mit Zahlen oder zählen hat ihre mathematische Begabung also wenig zu tun.

7. Diskrete Mängel

Mathematiklehrer in Deutschland sind international spitze – zumindest die Mathelehrer an Gymnasien, die auch Mathematik studiert haben. Das ergab die internationale Vergleichsstudie „Teds-M“, bei der die Fähigkeiten von Berufsanfängern im Fach Mathematik in 17 Ländern unter die Lupe genommen wurden. Dabei erreichten die Gymnasiallehrer für sich gesehen hervorragende Ergebnisse. Nahm man jedoch auch Realund Hauptschullehrer dazu belegten die Pädagogen nur einen Platz im oberen Mittelfeld.

Dass die Qualität derartig auseinanderklafft, hat der Studie zufolge auch mit den unterschiedlichen Ausbildungswegen zu tun. Mathelehrer kann man in Deutschland auf 98 verschiedenen Wegen werden – für ein Lehramt an Berliner Grundschulen muss man das Fach noch nicht einmal im Studium belegen.

8. Falsche Vorzeichen

Wie gut Frauen rechnen, wird stark von ihrer Selbsteinschätzung beeinflusst. Kanadische Psychologen stellten dazu zwei Gruppen von Probandinnen Mathematikaufgaben und gaben ihnen unterschiedliche Texte zu lesen. Ein Text belegte mit pseudowissenschaftlichen Thesen, dass die mathematischen Fähigkeiten ausschließlich genetisch bedingt seien und Frauen deshalb in Mathematik benachteiligt seien. Ein anderes Essay betonte dagegen, dass geschlechtsspezifische Unterschiede in der mathematischen Leistungsfähigkeit von sozialen Konstruktionen und der Güte des Mathematikunterrichts abhinge. In den Tests schnitten die Probandinnen am schlechtesten ab, die den angeblich wissenschaftlichen Text über genetisch bedingte Unterschiede in der mathematischen Begabung gelesen hatten. Damit konnten die Psychologen zeigen, dass pseudowissenschaftliche Klischees über mathematische Begabung immer noch zur selbsterfüllenden Prophezeiung werden können.

9. Matheverrückt

Hollywood ist mathebegeistert – sofern es um verrückte Professoren oder Mathegenies am Rande des Wahnsinns geht. In „A beautiful Mind“ etwa wird das Leben des Mathematikers John Forbes Nash erzählt. Der Mathematiker, der durch eine schwere Schizophrenie ein Leben zwischen geschlossener Psychatrie, Princeton und dem MIT führte, wird im Film von Russel Crowe dargestellt. Die Verfilmung gewann mehrere Oskars.

Ein weiterer Film, der die Vorstellung von extremer mathematischer Begabung nachhaltig geprägt hat, ist „Rain Man“. Darin spielt Dustin Hoffman einen Autisten, der eine Inselbegabung hat – einen sogenannten „Savant“. Auch dieser Film bekam mehrere Oskars. Das Vorbild für die Filmfigur war Kim Peek, ein Autist, der durch eine besondere Ausprägung seiner geistigen Behinderung eine extreme Merk- und Rechenfähigkeit besaß. So konnte er zum Beispiel innerhalb von Sekunden zu jedem Datum der Geschichte den dazugehörigen Wochentag berechnen. In Wirklichkeit haben jedoch nur sehr wenige Autisten außerordentlich mathematische Fähigkeiten.