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Die Konferenzschaltung

Mit dem Radio sieht man mehr

Hanns Ostermann ist Redakteur bei Deutschlandradio-Kultur

Hanns Ostermann ist Redakteur bei Deutschlandradio-Kultur

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„Tor in Dortmund!“ Die Stimme des Reporters dringt laut und vernehmlich aus dem Westfalen-Stadion. Unmittelbar danach wird er von seinem Kollegen in Hamburg gerufen.

Hat er Glück, darf er in aller Ruhe den Treffer der Borussia (nach-) schildern. Nicht selten allerdings wird er in der Hörfunk-Bundesliga-Konferenz bald wieder unterbrochen: Dann, wenn auf irgendeinem anderen Schauplatz ein weiteres Tor gefallen ist. Temperamentvoll geht es hier zu. In kurzen Abständen wechseln sich die Reporter ab, spielen sich die Bälle zu und vermitteln so an jedem Sonnabend Spannung pur. Die Hörer wissen: Hier verpassen sie nichts.

Mit dem Radio sieht man mehr

Großflächig werden Länderspiele, Spiele der Champions-League oder der Bundesliga übertragen. Dabei verstehen es die Reporter in der Regel, das, was sie sehen, in eine bildreiche Sprache zu übersetzen. Sie lassen das Stadion vor dem inneren Auge des Zuhörers so anschaulich entstehen, dass er „sieht“, wo der Ball gerade ist, was sich im Strafraum oder auf der Trainerbank abspielt. Blitzschnell schalten sie um, wenn aus dem Geplänkel im Mittelfeld ein gefährlicher Angriff gestartet wird.

Und da nicht selten Spiele eher dahinplätschern, bleibt Zeit genug, Geschichten zu erzählen. Über Spieler und Spiele, über Vergangenes und Zukünftiges. An jedem Wochenende demonstriert hier das Radio seine Stärken: Es ist überall live dabei, wo etwas passiert. Und ob im Auto, am Kiosk oder bei der Hausarbeit: Wer zuhören will, kann es ohne großen Aufwand tun.

Im Wandel der Zeit

Die Sprache der Reporter hat sich dabei der Zeit angepasst: Ging es früher eher staatstragend und langsam zu, so beherrscht heute die Umgangssprache die Rhetorik: Mit einfachen Worten, alles andere als gestelzt berichten die Frauen und Männer aus den Stadien. Die pure Information gibt die Richtung vor, und wer sich für den Fußball interessiert, kann sich auf das Radio verlassen.

Radio contra Fernsehen

Andere Sportarten allerdings werden im Hörfunk sträflich vernachlässigt. Es sei denn, es handelt sich um die Formel 1 oder andere populäre Ereignisse. Hier hat in den letzten Jahren ein knallharter Verdrängungswettbewerb stattgefunden. Während das Fernsehen vor allem an den Wochenenden über Stunden Sportübertragungen ins Programm hievt, beschränkt sich der Hörfunk auf Nachrichtenminuten, so genannte Flashs. In kürzester Form werden hier die Ereignisse bilanziert, schmucklos und in wenigen sachlichen Sätzen. Ganz offensichtlich hat das Fernsehen das Radio in seiner Bedeutung verdrängt, die Sendezeiten sind auf ein Minimum beschränkt. Es sei denn, die Wellen wollen „bunte Geschichten“ aus der Welt des Sports. Wenn Oliver Kahn sogar mit Platz 2 in der Nationalmannschaft hinter Jens Lehmann zufrieden ist ...

Hanns Ostermann