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Die Überraschung von Ak Kaya

Siedlung von Ak Kaya gab es schon im 4. Jahrhundert v. Chr.

Dr. Katja Moede ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität

Dr. Katja Moede ist Wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Klassische Archäologie der Freien Universität

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Starkes Bohrgerät war ein wesentlicher Bestandteil der Ausrüstung. Auf dem Siedlungsplateau gab es Einarbeitungsspuren von Weinpressen, wo doch rings nur Steppe ist. Eine Sedimentanalyse war nötig. Vor Ort mussten geeignete Bohrflächen gefunden werden und hier galt es, die Besitzer zu überzeugen, dass Wissenschaftler aus dem fernen Berlin auf ihrem Acker ihr Kernrohr absenken dürfen. Nicht immer ein leichtes Unterfangen, aber bei einem Glas Wodka stets ein gelungener Beitrag zum Kulturaustausch. „Wenn ihr sonst keine Probleme habt!“, lautete schon der Kommentar der Grenzsoldaten beim Übertritt von Polen in die Ukraine, als angesichts des merkwürdig ausgestatteten VW-Busses das wissenschaftliche Vorhaben erklärt werden musste.

Die historische Landschaftsrekonstruktion im Umfeld der spätskythischen Siedlung Ak Kaya war jedoch nicht das einzige Gebiet, auf dem sich die Interessen von Geografen und Archäologen trafen, und es war ein Pilotprojekt, um die Zusammenarbeit der Disziplinen zu erproben. Einzelfunde und heute sichtbare Bestandteile (sie wurden bei der Anlage einer Kolchose freigelegt) lassen keinen Zweifel daran, dass die antike Siedlung beträchtliche Ausmaße hatte. Sie muss sich nicht hinter der eigentlichen Hauptstadt der späten Skythen auf der Krim – Neapolis Skythikae, das moderne Simferopol – verstecken. Einzelfunde lassen sogar vermuten, dass die Siedlung von Ak Kaya älter ist und schon im 4. Jahrhundert v. Chr. bestand. Möglicherweise haben die späten Skythen von hier aus den westlichen Teil der Krim erobert und schließlich ihre Hauptstadt Neapolis gegründet. Den Beweis dieser These müssen zukünftige Grabungen erbringen.

Die aktuelle Frage lautet: Wie fügen sich die „Kurgane“ in die Landschaft ein? Sind sie mehr als nur „Grabsteine“? Immer wieder erkennt man lineare Kurganketten, Grabhügel gleicher Höhe und gleichen Abstands scheinen unmittelbar aufeinander und auf die Landschaft Bezug zu nehmen. Die Idee, dass sie als Marker in einer Landschaft fungieren, liegt nahe. Schon für andere Regionen hatte man vermutet, dass die Kurganketten einen Weg säumen und so einem Reiter, der sich der Siedlung nähert, den Weg weisen. Da auch auf den Luftbildern des russischen Militärs die Kurgane nicht mit letzter Sicherheit zu identifizieren sind, wurde eine flächendeckende Geländebegehung unumgänglich. Die Überraschung war perfekt: Mindestens 300 Kurgane befanden sich im Umfeld der Siedlung, zehn Mal mehr als ursprünglich gedacht. Und sie bildeten auch keine Linie, sondern verteilten sich verstreut über das Gelände. Die Theorie, es könnte sich um eine Grenzmarkierung handeln, war unhaltbar geworden und machte den Forschern klar, wie schnell sie etwas für eine Grenze gehalten hatten, nur weil es wie eine Linie erschien. Die Berechnungen im Höhenmodell ergaben, dass viele der Grabhügel in unmittelbarer Nähe oder direkt auf Wasserscheiden liegen, jenen Territorien im Gelände also, von wo aus sich das Regenwasser in die Landschaft verteilt.

Neue Anhaltspunkte und weit reichende Aufschlüsse über antikes Landschaftswissen!

Von Katja Moede

Ak Kaya

Mitten im Nirgendwo erhebt sich unvermittelt eine weiße Geländestufe von bis zu 100 Metern Höhe senkrecht aus dem kargen Steppenboden. Antike und mittelalterliche Siedlungsreste wurden hier gefunden. Späte Skythen im 4. Jahrhundert v. Chr. nutzten die Vorteile der natürlichen Formation: einen weiten Blick und gute Verteidigung. Auf der sanft abfallenden Rückseite fand man zahlreiche Grabhügel – „Kurgane“. Sie sind bis zu 10 Meter hoch und die auffälligsten Zeichen einer prähistorischen Besiedlung