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Graswurzelarbeit im Genlabor

Grüne Gentechnik und die Prinzipien des Pflanzenwachstums

Im Keller des Instituts für Angewandte Genetik keimen transgene Pflanzen auf geleeartigen Nährböden. Sie sollen einmal Böden entgiften und für die Züchtung ertragsreicher Kulturpflanzen verwendet werden.

Das Wachtum der Pflanze kontrollieren

„Derzeit erforschen wir eine Genfamilie, die das Wachstum der Pflanzen reguliert", sagt Institutsleiter Prof. Thomas Schmülling. Im Zentrum der Arbeiten steht das Pflanzenhormon Cytokinin. Es bremst im Wurzelgewebe das Wachstum, regt es dagegen im Spross an. Wenn man also den Cytokiningehalt in den verschiedenen Pflanzenteilen beeinflussen kann, kann man das Wachstum der Pflanze kontrollieren.

Schmülling hat eine Methode zum Patent angemeldet, mit der das möglich ist. „Wir haben hier ein Gen eingeschleust, das die Cytokininkonzentration in der Wurzel senkt", sagt der Molekularbiologe und zeigt auf das Bild einer Pflanze mit dichtem, starkem Wurzelwerk. „Mit Schwermetallen und giftigen organischen Substanzen verseuchte Böden werden immer häufiger auch mit Pflanzen entgiftet.

Pflanzen mit dichtem Wurzelwerk sind dafür besonders geeignet, weil sie die Schadstoffe besser aufnehmen", beschreibt der Pflanzengenetiker eine mögliche Anwendung seines Verfahrens. Auch Wasser nutzen Pflanzen mit ausgeprägten Wurzeln effektiver. Das macht sie attraktiv für Gegenden, in denen Wasser Mangelware ist - weltweit auf etwa 80 Prozent der Ackerflächen.

In weiteren Versuchen regten die Genetiker das Wachstum des Sprosses an oder verzögerten die Alterung der Blätter. Beides kann zu einem höheren Ernteertrag führen. „Uns interessieren die Prinzipien, die der Regulierung des Pflanzenwachstums zu Grunde liegen", sagt Schmülling. Mögliche Anwendungen werden später geprüft.

Prof. Dr. Thomas Schmülling
Prof. Dr. Thomas Schmülling leitet das Institut für Angewandte Genetik / Foto: von Richthofen

Erste viel versprechende Versuche

Schmülling und andere „grüne" Gentechniker forschen zumeist an einem „Standardmodell", einem unscheinbaren Kraut namens Ackerschmalwand (Arabidopsis). Denn die Pflanze vermehrt sich zügig und hat ein vollständig entschlüsseltes Genom. Ob Schmüllings Methode auf Kulturpflanzen übertragbar und somit kommerziell anwendbar ist, testet derzeit die belgische Firma CropDesign, mit der ein Lizenzabkommen besteht.

Die FU-Forscher stellen der Firma Gene aus ihrem Labor zur Verfügung. CropDesign produziert damit transgene Reispflanzen und prüft in hochautomatisierten Gewächshäusern die Auswirkung der eingeschleusten Gene auf Sprosswachstum und Kornertrag. „Die ersten Versuche sehen viel versprechend aus", sagt Schmülling.

Als nächstes müssen sich die Reispflanzen in Freilandversuchen bewähren. Wenn dann die FU-Forscher die transgenen Reissorten von CropDesign untersuchen, entstehen gemeinsame Veröffentlichungen. „Zur Zeit sprechen wir mit CropDesign über eine direkte Forschungsförderung", sagt Schmülling. Drittmittel erhält das Institut bereits von der Norddeutschen Pflanzenzucht (NPZ) und dem Agrarmulti Syngenta.

Akzeptanz für transgene Nahrungsmittel schaffen

Schmülling ist optimistisch, dass der genetisch veränderte Reis nützlich sein wird. Doch er kennt die Skepsis der Verbraucher: „Selbst hauptsächlich als Tierfutter verwendete transgene Pflanzen wie Mais und Soja stoßen auf Widerstand. Reis wird in erster Linie für die menschliche Ernährung verwendet. Dafür Akzeptanz zu erreichen, wird noch schwieriger, vermutet er.

Ein wirkliches Risiko kann Schmülling in den meisten transgenen Nahrungsmitteln indessen nicht erkennen: „Die umfangreiche Risikoforschung der letzten 15 Jahre hat frühere Befürchtungen entkräftet und sich in strengen Zulassungsverfahren niedergeschlagen. Die grüne Gentechnik sollte gleichberechtigt neben klassischen Verfahren der Pflanzenzüchtung stehen."

Von Dietrich von Richthofen