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Sechsfach koordiniertes Kohlenstoffatom nachgewiesen

Wissenschaftler der Freien Universität Berlin haben ein ungewöhnliches organisches Molekül mit einem sechsfach koordinierten Kohlenstoffatom nachgewiesen

Nr. 052/2017 vom 14.03.2017

Wissenschaftler der Freien Universität Berlin haben ein organisches Molekül isoliert, dessen Struktur fundamentalen Prinzipien der organischen Chemie zu widersprechen scheint. „Das zweifach positiv geladene Ion des Kohlenstoffmoleküls Hexamethylbenzol mit der Formel C6(CH3)62+ weist eine pyramidale Struktur mit einem sogenannten Kohlenstoff-Fünfring als Grundfläche auf“, erklärt Dr. Moritz Malischewski von der Freien Universität, der die Forschung leitete. Dabei weisen Benzolverbindungen normalerweise einen flachen Sechsring bestehend aus sechs Kohlenstoffatomen auf. „Wir sind zuversichtlich, dass dieses Molekül in die Lehrbücher der Organischen Chemie eingehen wird“, erklärt Prof. Konrad Seppelt, der an der Studie beteiligt war. Anwendungsmöglichkeiten für die neuentdeckte Kohlenstoffverbindung seien bei derzeitigem Forschungsstand unwahrscheinlich. „Die Existenz der Verbindung ist auf Lösungen in Supersäuren bei tiefen Temperaturen beschränkt“, erklärt Moritz Malischewski. Bei Kontakt mit Luftfeuchtigkeit zersetze sich die Verbindung umgehend. Der Strukturbeweis dieses Moleküls liefere jedoch einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der chemischen Bindung in organischen Molekülen. Die Ergebnisse der Forschung wurden in der renommierten Zeitschrift Angewandte Chemie publiziert.

Bereits in den 70er Jahren hätten niederländische Chemiker die Fünfring-Struktur richtig erkannt, seien aber nicht in der Lage gewesen die Verbindung zu isolieren, um einen finalen Strukturbeweis zu erbringen, erklären die Chemiker. „Besonders ungewöhnlich ist, dass das Kohlenstoffatom, das die Spitze der Pyramide bildet, an sechs andere Kohlenstoffatome gebunden ist“, erklärt Konrad Seppelt, da Kohlenstoff normalerweise nur Bindungen zu maximal vier benachbarten Atomen ausbilden könne. Diese Regel zur Vierbindigkeit des Kohlenstoffs gelte allerdings immer noch, erläutert Moritz Malischewski. Durch Röntgenbeugung am Einkristall konnte gezeigt werden, dass die fünf Bindungen der Pyramidenspitze zum Fünfring deutlich länger sind und damit schwächer als normale Kohlenstoff-Kohlenstoff-Einfachbindungen, was ebenfalls durch quantenchemischen Berechnungen bestätigt werden könne. – Ein Einkristall ist ein Kristall von besonders hoher Qualität, bei dem alle Moleküle regelmäßig in einem einheitlichen Kristallgitter angeordnet sind – durch Röntgenbeugung am Einkristall könne die molekulare Struktur bestimmt werden, erklärt Moritz Malischewski.

Pressefoto

Molekülstruktur von C6(CH3)62+ im Kristall
Quelle: Malischewski / Seppelt

Die Publikation

M. Malischewski, K. Seppelt (2017): Die Molekülstruktur des pentagonal-pyramidalen Hexamethylbenzol-Dikations C6(CH3)62+ im Kristall, in: Angewewandte Chemie 129, S.374-376. URL: http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ange.201608795/full, DOI: 10.1002/ange.201608795

Kontakt

Dr. Moritz Malischewski, Institut für Biologie und Chemie der Freien Universität Berlin,
Telefon: 030 / 838-906534, E-Mail: moritz.malischewski@fu-berlin.de