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Rekonstruktion von Quantenfeldern

Theoretische Physiker der Freien Universität Berlin entwickeln Methode zur bildlichen Darstellung eines kontinuierlichen Quantenzustandes

Nr. 212/2015 vom 06.07.2015

Wissenschaftler der Freien Universität Berlin und der Technischen Universität Wien haben eine Methode zur tomographischen Rekonstruktion unbekannter Zuständen von Quantenfeldern entworfen. Üblicherweise ermöglicht die Quantentheorie Vorhersagen zu physikalischen Prozessen unter bekannten Zuständen – meist sind Forscher aber mit Daten aus nicht genau bekannten experimentellen Situationen konfrontiert. Deshalb sind bildgebende Rekonstruktionsmethoden besonders wichtig. Den Wissenschaftlern um die Physikprofessoren und Experten für Quantenphysik Jens Eisert und Jörg Schmiedmayer gelang es nun erstmals, diese unbekannten Zustände zu rekonstruieren und sogar ihre Leistungsfähigkeit in einem Experiment zu demonstrieren. Bei diesem wurden sogenannte ultra-kalte Atome fast bis zum absoluten Nullpunkt gekühlt, der bei rund -273 Grad Celsius liegt. Der Fachaufsatz zur Studie „Towards experimental quantum field tomography with ultracold atoms“ wurde im renommierten Fachjournal Nature Communications publiziert.

Wegweisend für die quantenphysikalische Forschung ist diese Arbeit deshalb, weil die tomographische Methode zur Rekonstruktion nicht nur wichtige Informationen über die experimentelle Anordnung der Atome liefert, sondern weil diese durch weitere Messungen sogar verifiziert werden kann. Somit erhält man zunehmend sichere Informationen über den Zustand eines Quantenfeldes, welcher ohne die neuen Methoden weitgehend unbekannt bleiben würde. Als Quantenfeld bezeichnet man ein kontinuierliches Quantensystem.

Der Name Tomographie entstammt der Medizin. Mithilfe des Verfahrens kann die innere räumliche Struktur eines Objektes ermittelt werden, indem aus projizierten Bilddaten eine dreidimensionale Figur rekonstruiert wird, etwa ein menschlicher Körper. In der Physik nennt man Quantentomographie die Rekonstruktion eines unbekannten Quantenzustands. Jede bekannte physikalische Theorie erlaubt zwar Vorhersagen darüber, welche Ergebnisse man erhält, wenn man die Präparation, also den Zustand des Systems genau kennt. Dies entspricht aber oft nicht die Situation, die man experimentell vorfindet: Stattdessen erhält man Daten und muss auf Basis der Datenlage den Zustand erst einmal rekonstruieren.

Die beteiligten Forscher beschäftigten sich mit der Frage, wie der Zustand eines unbekannten Quantenfeldes mit wenigen Messungen rekonstruiert werden kann. Dies ist bereits für sogenannte Gittersysteme, in denen Atome nur wenige definierte Positionen einnehmen können, ein schwieriges Problem. Mithilfe der lokalen Wechselwirkung der beteiligten Atome und unter Zuhilfenahme von sogenannten „continuous matrix-product-states“ (Deutsch: kontinuierliche Matrixproduktzustände), einer mathematisch fortgeschrittenen und doch kontrollierbaren Klasse von Quantenfeldzuständen, konnte dennoch ein effizientes Verfahren gefunden werden. Diese Methode wurde durch die beteiligten Forscher bereits im Experiment erfolgreich angewendet.

Das Forschungsteam wurde unter anderem von der Europäischen Union (Förderungsprogramme RAQUEL, AQUS, und SIQS), dem European Research Council sowie dem Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert.

Weitere Informationen

Kontakt

Prof. Dr. Jens Eisert, Fachbereich Physik der Freien Universität Berlin, Telefon: 030 / 838-54781, E-Mail: jense@physik.fu-berlin.de

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