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Schlechter Schlaf, schlechte Erinnerung

Neue Studie der Freien Universität Berlin gibt Hinweise auf den Zusammenhang zwischen Schlaf und Gedächtnisbildung

Nr. 322/2012 vom 25.10.2012

Schlafentzug beeinträchtigt einer Studie der Freien Universität Berlin zufolge die Verarbeitung von Erfahrungen im Gehirn von Bienen. Dies haben Neurobiologen um Professor Randolf Menzel erstmals experimentell nachgewiesen. Die Forscher untersuchten mithilfe kleinster Radar-Antennen die Fähigkeit der Bienen, Flugrouten zwischen neuen Futterstellen und dem heimischen Bienenstock zu erlernen. Während ausgeschlafene Bienen nach kurzem Training in der Lage waren, den direkten Nachhauseweg zu finden, führte Schlafentzug zu Orientierungsschwächen. Die Erkenntnisse wurden in der aktuellen Ausgabe der Fachzeitschrift Journal of Experimental Biology veröffentlicht.

Bienen lernen auf ihren ersten Ausflügen aus dem Stock die Landschaft der Umgebung kennen. Werden sie – wie in den Versuchen der Wissenschaftler um Randolf Menzel – an einen fremden Ort versetzt, finden sie nach einigem Suchen den direkten Weg zum Stock zurück. Diesen speichern sie in ihrem Gedächtnis.

Um die Flugrouten während der Versuche zu verfolgen, nutzten die Wissenschaftler winzige Radar-Antennen auf dem Rücken der Bienen. Dabei zeigte sich, dass die Insekten den Nachhauseweg bereits erinnerten, nachdem sie ihn nur einmal zurückgelegt hatten. Störten die Wissenschaftler jedoch den Schlaf der Bienen nach dem Erlernen einer neuen direkten Strecke, traten beim zweiten Versuch große Orientierungsprobleme zutage: Weniger als die Hälfte der Insekten fand den Weg – und sie brauchten dafür doppelt so viel Zeit wie ausgeschlafene Artgenossinnen. „Ohne Schlaf können die Bienen ihre früher gesammelten Erfahrungen nicht durch eine neue Erfahrung verändern. Die Bildung dieses neuen Gedächtnisses wird also erst im Schlaf ermöglicht“, erläutert Menzel.

Schlaf hilft Tieren wie Menschen, neue Erlebnisse so zu speichern, dass frühere Erinnerungen verändert und ergänzt werden. Da sich die einzelnen Prozesse in komplexen Gehirnen wie dem des Menschen nicht bis auf die Ebene der beteiligten Nervenzellen analysieren lassen, arbeitet der Neurobiologe Randolf Menzel seit über vier Jahrzehnten mit Honigbienen. Deren Nervensystem hat viele Eigenschaften mit dem Nervensystem großer Tiere und des Menschen gemein. Daher werden die Erkenntnisse über deren neuronale Prinzipien zum Verständnis der Gedächtnisbildung beim Menschen beitragen.

Weitere Informationen

Prof. Dr. Randolf Menzel, Institut für Biologie der Freien Universität Berlin, Tel.: 030 / 838-53930, E-Mail: menzel@neurobiologie.fu-berlin.de

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