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Meteorologen der Freien Universität entdecken Ursache für kalte und warme Winterperioden

In einem Aufsatz in der Zeitschrift „Nature Geoscience“ veröffentlichen Meteorologen neue Forschungsergebnisse zu Stratosphärenerwärmungen

Nr. 13/2011 vom 17.01.2011

Meteorologen der Freien Universität haben einen Zusammenhang zwischen Erwärmungen in der Stratosphäre und kalten bzw. warmen Winterperioden herausgefunden. Sie beobachteten, dass es zu einer erhöhten Anzahl von Stratosphärenerwärmungen kommt, wenn der Wärmefluss aus dem Nordatlantik in die Atmosphäre verstärkt ist.  Aus den neuen Erkenntnissen lassen sich Tendenzen für Wintertemperaturen ableiten: „In Europa könnte es jeweils im Wechsel über mehrere Jahrzehnte verstärkt kältere und dann wieder eher wärmere Winter geben“, sagt Semjon Schimanke, der die Forschungsarbeiten geleitet hat. Mit ihren Forschungsergebnissen wollen die Meteorologen dazu beitragen, Wetter- und Klimavorhersagen langfristig zu verbessern.

Das Phänomen der Stratosphärenerwärmung wurde 1952 erstmals von Professor Richard Scherhag am Institut für Meteorologie an der Freien Universität Berlin entdeckt, es ging als „Berliner Phänomen“ in die Literatur ein. Mittlerweile werden diese Ereignisse als „plötzliche Stratosphärenerwärmungen“ bezeichnet, bislang wurden 30 dieser Erwärmungen registriert.

Im Mittel ereignen sich Stratosphärenerwärmungen in jedem zweiten Winter, wobei sie sehr ungleichmäßig über den Beobachtungszeitraum verteilt sind. Während sich zwischen den Wintern 1988/1989 bis 1997/1998 nur eine einzige Stratosphärenerwärmung ereignete, wurden seit Beginn dieses Jahrtausends schon neun registriert. Bislang gab es dafür keine Erklärung. Mit ihren neuen Forschungsergebnissen haben Meteorologen der Freien Universität gezeigt, dass die unregelmäßig auftretenden Stratosphärenerwärmungen eine Folge der Wechselwirkung zwischen dem Nordatlantik, der  Troposphäre und der Stratosphäre sind. Sie fanden heraus, dass eine erhöhte Anzahl von Stratosphärenerwärmungen dann auftritt, wenn der Wärmefluss aus dem Nordatlantik in die Atmosphäre verstärkt ist.

In den Wintermonaten ist es in der unteren polaren Stratosphäre, die in etwa 20 Kilometer über der Erdoberfläche liegt, aufgrund der fehlenden Sonneneinstrahlung durchschnittlich unter minus 70 Grad Celsius kalt. Die kalten Temperaturen stehen in Verbindung mit starken Westwinden, die die südliche Begrenzung des sogenannten stratosphärischen Polarwirbels bilden. Diese im Mittel vorherrschende Struktur wird in einigen Wintern stark gestört oder sogar umgekehrt. So können die Temperaturen im Bereich der unteren Stratosphäre innerhalb weniger Tage um mehr als 50 Grad ansteigen, und die Polregion wird wärmer als südlich gelegene Breiten. Damit verbunden ist eine Umkehr der West- in Ostwinde und der Zusammenbruch des Polarwirbels. Mithilfe von Modellen und Beobachtungen konnte gezeigt werden, dass solche „plötzlichen Stratosphärenerwärmungen“ zunächst aus der Troposphäre angeregt werden, anschließend aber wiederum einen starken Einfluss auf die troposphärische Zirkulation haben.

Nach einer Stratosphärenerwärmung verringern sich unter anderem die Druckunterschiede zwischen dem Islandtief und dem Azorenhoch: Dieser Druckunterschied bestimmt die vorherrschende Windrichtung für Mitteleuropa und entscheidet somit darüber, ob der Winter in Europa kalt oder warm ausfällt. So war zum Beispiel der Winter 2009/2010 durch einen stark gestörten Polarwirbel gekennzeichnet, was in weiten Teilen der Nordhemisphäre mit einem strengen und schneereichen Winter verbunden war.

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