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„Ins Gespräch kommen über unsere jüdische Identität“

Politikwissenschaftsstudent Jonas Fegert ist Vorsitzender der neuen jüdischen Studierendeninitiative „Studentim“

07.11.2013

Jonas Fegert studiert im 6. Semester Politikwissenschaft an der Freien Universität. Er hat die jüdische Studierendeninitiative "Studentim" gegründet.

Jonas Fegert studiert im 6. Semester Politikwissenschaft an der Freien Universität. Er hat die jüdische Studierendeninitiative "Studentim" gegründet.
Bildquelle: Bianca Schröder

Viele Religionen sind an den Berliner Hochschulen vertreten – auch wenn das im Uni-Alltag oft kaum auffällt. Die katholische und die evangelische Studierendengemeinde haben eine lange Tradition, seit einigen Jahren besteht auch eine muslimische Hochschulgruppe. Ein neues Angebot für jüdische Studierende macht nun „Studentim“. Mitbegründer und Vorsitzender der jüdischen Studierendeniniative Berlin ist Jonas Fegert. Der 22-Jährige studiert im 6. Semester Politikwissenschaft an der Freien Universität und freut sich über das Interesse seiner jüdischen Kommilitonen, „in netter Atmosphäre ins Gespräch zu kommen über unser Judentum und unsere Identität“.

Als Jonas Fegert zu studieren begann, suchte er den Austausch mit jüdischen Kommilitonen. Der jüdische Studentenverband hatte sich jedoch einige Jahre zuvor aufgelöst. Kurzerhand übernahm Fegert gemeinsam mit drei Kommilitonen die Initiative. Vor zwei Jahren riefen die vier Studenten „Studentim“ ins Leben, die jüdische Studierendeninitiative Berlin. Seit dem vergangenen Jahr gibt es regelmäßige Treffen. Studentim ist hebräisch und bedeutet „Studenten“.

Die Mitglieder kommen zu Film- und Diskussionsabenden zusammen, feiern gemeinsam religiöse Feste, etwa das jüdische Lichterfest Chanukkah. Sie beschäftigen sich mit der Vergangenheit – wie bei einem Gespräch mit einer Holocaust-Überlebenden zum israelischen Gedenktag Jom haScho’a – und mit der Gegenwart: Bei einer Podiumsdiskussion diskutierten sie über die Rolle von Frauen in der jüdischen Gemeinschaft. „Studentim“ will nicht nur eine religiöse Gruppe sein, sondern auch eine Plattform für kulturelle Fragen zum Judentum.

Erfahrung einerseits und frischer Wind andererseits: „eine gute Mischung“

Zu den Veranstaltungen kommen meist 15 bis 30 Teilnehmer. Einige haben in Berlin jüdische Schulen besucht und sind aktive Mitglieder der Gemeinde, andere erleben erstmals die Gemeinschaft gleichaltriger Juden, weil sie aus kleineren Orten ohne eigene jüdische Gemeinde kommen. Erfahrung einerseits und frischer Wind andererseits– „eine gute Mischung“, findet Jonas Fegert. „Studentim“ kooperiert auch mit anderen jüdischen Organisationen, vor allem der Jewish Agency und der Gemeinde.

Viele der Teilnehmer kommen über das Ernst-Ludwig-Ehrlich-Studienwerk, das begabte jüdische Studierende fördert, zu der Gruppe. Jonas Fegert gehört selbst zu den Stipendiaten und engagiert sich als Gesamtsprecher in der studentischen Mitbestimmung des Begabtenförderungswerks.

Vielseitig aktiv für Studium, Politik, "Studentim"

Zusätzlich arbeitet der Politikstudent bereits seit fast fünf Jahren als studentischer Mitarbeiter bei der Bundestagsabgeordneten Ekin Deligöz von Bündnis 90/Die Grünen. Für sein Studium bleibe ihm trotzdem genügend Zeit, versichert er. Seinen Schwerpunkt hat Fegert auf die moderne politische Theorie gelegt, gerne arbeitet er auch zu Themen mit jüdischem Bezug, so zuletzt über den Begriff des Exils bei Hannah Arendt, Theodor Adorno und Walter Benjamin.

Bei „Studentim“ ist es ihm derzeit ein besonderes Anliegen, ausländische Studierende in die Gruppe zu integrieren. Das gelingt schon gut: Zunehmend suchen jüdische Studentinnen und Studenten aus Israel und den USA den Kontakt. „Sie halten sich oftmals nur fürs Studium in Berlin auf und haben trotzdem das Bedürfnis, andere Leute kennenzulernen und ins Gespräch zu kommen“, erzählt Fegert. Ihre Beiträge seien eine große Bereicherung für „Studentim“.