„Spannender als Indiana Jones“
Berliner und Brandenburger Schüler erprobten sich im „Zukunftsportal Antike“ auf wissenschaftlichen Berufsfeldern
03.02.2012
Nivellierlatte und Tachymeter – was für die Schüler des Latein-Leistungskurses am Gymnasium Steglitz bis vor wenigen Tagen noch unbekannte Fremdwörter waren, ging ihnen schon kurz darauf leicht über die Lippen. Und der Umgang mit den Geräten leicht von der Hand – denn inzwischen kennen die Oberstufenschüler Vermessungsgeräte, entschlüsseln Messwerte und wissen, wie man die gewonnenen Daten nutzen kann. Gemeinsam mit 80 weiteren Schülern von Berliner und Brandenburger Oberschulen nahmen die Steglitzer Jugendlichen am interdisziplinären Projekt „Zukunftsportal Antike“ der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und des Exzellenzclusters TOPOI teil.
„Wenn wir die antike Architektur verstehen, verstehen wir besser, warum wir heute leben, wie wir leben“, sagt Ulrike Wulf-Rheidt. Die Leiterin des Architekturreferats am Deutschen Archäologischen Institut (DAI) bot im Rahmen des „Zukunftsportals Antike“ den Kurs „Palastbau in der Antike“ an. Hier erarbeitete sie gemeinsam mit den Schülern die Techniken, mithilfe derer in der Antike prachtvolle Bauwerke errichtet wurden. Außerdem zeigte sie ihnen, wie sich antike Bauwerke aus archäologischen Funden rekonstruieren lassen.
„Palastbau in der Antike“ war eine von sechs wissenschaftlichen Veranstaltungen, an denen die 100 Berliner Oberstufenschülerinnen und -schüler teilnehmen konnten. Organisiert wurde das „Zukunftsportal Antike“ von der BBAW und dem Exzellenzcluster „TOPOI – Die Formation und Transformation von Raum und Wissen in den antiken Kulturen“, an dem auch Wissenschaftler der Freien Universität Berlin beteiligt sind. Gefördert wird das "Zukunftsportal Antike" von der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Wissenschaft.
Junge Forscher in der alten Welt
„Ich hätte nicht gedacht, dass Vermessung und vor allem die Verarbeitung der Daten so komplex ist“, sagte die 16-jährige Mai Vi: „Man kann dadurch sehr genau rekonstruieren, wie die Menschen vor 2.000 Jahren Häuser gebaut haben.“
Auch die Schüler des Philosophie-Leistungskurses an der Sophie-Scholl-Schule haben neue Seiten der alten Welt kennengelernt: In ihrer Projektarbeit zum Thema „Wem gehört die Antike?“ im Neuen Museum ging es am Beispiel von Nofretete und des Pergamonaltars um die viel diskutierte Frage nach den richtigen Standorten für Schätze des Altertums.
Ein wissenschaftlicher Kongress, organisiert von den Schülern
Auf einem abschließenden Kongress am 9. März werden die Schüler, die im Rahmen des dreitägigen Auftakts des „Zukunftsportals Antike“ an Workshops zu Geografie, Archäologie, Philosophie und Kunstgeschichte teilgenommen haben, ihr erworbenes Wissen in der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften präsentieren. Dabei übernehmen die Jugendlichen nicht nur die inhaltliche Arbeit und die Präsentation ihrer Ergebnisse, sondern sind auch für die Organisation des Abschlusskongresses verantwortlich. Darauf vorbereitet werden sie durch ein Praxistraining in selbst gewählten Kursen zu Themen wie Tagungsorganisation, Grafik, Pressearbeit und Filmdokumentation.
„Spannender als ein Indiana-Jones-Film“
Bis dahin bleiben noch einige Wochen. Genau das macht in den Augen der beteiligten Wissenschaftler den besonderen Reiz des „Zukunftsportals Antike“ aus: Dass die Schüler die Möglichkeit haben, zu einem spezifischen Thema und über einen längeren Zeitraum an einem Antike-Projekt zu arbeiten. Undine Lieberwirth, Klassische Archäologin an der Freien Universität und Koordinatorin im Exzellenzcluster Topoi, freut sich, dass die Faszination für die Erforschung des Altertums schon während des ersten Treffens auf die Schüler übergesprungen sei. Sie selbst ist mit großer Leidenschaft bei der Sache: „Eine wissenschaftliche Fragestellung zu entwickeln, Lösungsansätze zu suchen und Analyseergebnisse zu interpretieren – das ist oft spannender als ein Indiana-Jones-Film“, sagt die Archäologin.