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Poesie schreibt Geschichte

Philip Mead ist Ludwig-Hirschfeld-Mack-Gastprofessor an der Freien Universität

25.02.2010

"Die Poesie drückt das Unterbewusste aus, die Sprache selbst spricht", sagt der australische Literaturwissenschaftler Philip Mead.

"Die Poesie drückt das Unterbewusste aus, die Sprache selbst spricht", sagt der australische Literaturwissenschaftler Philip Mead.
Bildquelle: Sabrina Wendling

Eigentlich würde Philip Mead im Februar bei 40 Grad Celsius im australischen Perth sitzen. Stattdessen friert der Professor für Australische Literatur im kalten Berlin: mit langärmeligem blauem Hemd und einem um den Hals geschlungenen roten Strickschal. Philip Mead lehrt und forscht bis März als Ludwig-Hirschfeld-Mack-Professor für Australienstudien an der Freien Universität Berlin.

Philip Mead hat eine Schwäche für zeitgenössische australische Poesie. Er ist Mitherausgeber und Gründungsmitglied zahlreicher kultur- und literaturwissenschaftlicher Magazine. Er schätzt es, über Poesie so zu reden und zu schreiben, dass andere sie verstehen und sich dafür begeistern können. Die moderne australische Lyrik beschreibt Mead als wenig traditionell und die Dichter als ausgesprochen experimentierfreudig: „Es gibt zum Beispiel Experimente mit computergenerierter Poesie: Man tippt einige Wörter in ein Computerprogramm ein, und das Programm baut nach dem Zufallsprinzip einen Text daraus“, erklärt Mead, „die Poesie drückt so das Unterbewusste aus, die Sprache selbst spricht.“

Aber auch die klassische Poesie klammert Philip Mead nicht aus: Die Auseinandersetzung mit Shakespeare gehört für den 56-Jährigen genauso dazu wie die Beschäftigung mit englischer Literatur und Kultur überhaupt. „Die englische Kultur und Geschichte sind für Australien enorm wichtig, da sie die australische Gesellschaft bis heute prägen“, sagt Mead. Und mit eben dieser Vergangenheit setzen sich die australischen Autoren intensiv auseinander: „Unsere Vergangenheit und die Frage, wie etwa eine Aussöhnung mit den Aborigines, den Ureinwohnern Australiens, aussehen könnte, spielt neben der Auseinandersetzung mit der Beziehung zu den geographischen Nachbarstaaten Australiens eine große Rolle.“

Verstärkte Kooperation zwischen deutschen und australischen Wissenschaftlern

Literatur leistet in den Augen Philip Meads einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Geschichte: „Die Art, wie sich Geschichte auf uns auswirkt, ist sehr unterschiedlich, und Literatur bietet einen Zugang zum Inneren von Menschen.“ Auch zu seinem eigenen Inneren. Philip Mead hat selbst Gedichte verfasst und veröffentlicht, oft beschreiben sie, was in ihm vorgeht. Und wie viele andere australische Autoren, die mit der Sprache ihr Inneres nach außen kehren, schreibt er nicht nur über, sondern selbst australische Geschichte.

Die Ludwig-Hirschfeld-Mack-Professur, die Philip Mead bis März besetzt, besteht seit 2008 an der Freien Universität. Die Gastprofessur wurde ins Leben gerufen, um die Kooperation zwischen deutschen und australischen Wissenschaftlern zu stärken und das Lehrangebot auszuweiten. Gefördert wird sie vom Deutschen Akademischen Austauschdienst sowie der Australischen Botschaft in Berlin. Bis zum Jahr 2012 wird die Professur jedes Semester mit einem neuen Gastwissenschaftler besetzt.

Im Frühling kehrt Philip Mead an die Western University of Australia zurück, wo er 2009 den neu geschaffenen Lehrstuhl für Australische Literatur übernommen hat. Seinen roten Schal braucht er dann nicht mehr. In Perth sind die Temperaturen mit 20 Grad dann frühlingshaft lau.