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Wissenschaftlicher Nachwuchs bei BB3R

Schwestern im Geiste

Sarah Hedtrich, Professorin für Pharmakologie und Toxikologie, will Neurodermitis besser verstehen und individueller behandeln können.

Sarah Hedtrich, Professorin für Pharmakologie und Toxikologie, will Neurodermitis besser verstehen und individueller behandeln können.
Bildquelle: privat

Für Juniorprofessorin Sarah Hedtrich ist BB3R ein sehr lebendiger Verbund. „Hier kommen Wissenschaftler zusammen, die das gleiche Interesse haben. Das Spannende? Es fließen ganz unterschiedliche Ansatzpunkte zusammen, woraus viele sinnvolle Kooperationen entstehen.“

Naturgemäß kooperiert Sarah Hedtrich intensiv mit Monika Schäfer-Korting (Freie Universität Berlin) und Burkhard Kleuser (Universität Potsdam), da alle drei an Hautmodellen arbeiten. Gemeinsame Projekte entstanden aber auch mit anderen BB3R-Partnern sowie assoziierten Arbeitsgruppen. Etwa mit Marie Weinhard (Freie Universität Berlin), die künstliche Blutgefäße aus gerollten Zellschichten entwickelt.

Sarah Hedtrich studierte Pharmazie in Leipzig und wurde in Berlin promoviert. Sie will Neurodermitis besser verstehen und individueller behandeln können. Die Hautkrankheit erforscht sie nicht (wie früher üblich) am Mausmodell, sondern direkt an menschlicher Haut. An künstlicher Haut, die sie in vitro aus Hautzellen der Betroffenen züchtet. Replacement ist sozusagen Sarah Hedtrichs „persönliches R“.

„Anfangs mussten wir den Patienten dafür ein Stückchen Haut entnehmen, was schmerzhaft war. Heute rupfen wir ihnen lediglich 10 bis 15 Kopfhaare aus.“ Eingebettet in eine Zellkulturplatte wachsen aus den Haarfollikeln innerhalb von zwei Wochen Keratinozyten und Fibroblasten heraus und bilden Kolonien, die dann getrennt werden. Die Fibroblasten werden nun in eine Collagenmatrix eingebettet. Diese Mixtur bildet quasi die Unterhaut. „Nach gewisser Zeit sähen wir die Keratinozyten darauf aus und heben das Ganze später an die Luft.“ Fertig ist die künstliche Haut.

Sarah Hedtrich will Wirkstoffe entwickeln, die den Botenstoff TSLP abfangen, der bei Neurodermitis von den Keratinozyten ausgeschüttet wird. Er stimuliert offenbar die überschießende Immunreaktion, die zur Entzündung der Haut führt. Bei der Suche nach entsprechenden Substanzen wird ihr BB3R-Juniorprofessorin-Kollegin Andrea Volkamer helfen. Etwa durch den Einsatz von Docking-Verfahren, dem in-silico-Screening großer Moleküldatenbanken nach potentiellen TSLP-Inhibitoren.

Die Bioinformatik-Professorin Andrea Volkamer entwickelt Computermethoden für die Risikobewertung von Arzneistoffen und Chemikalien.

Die Bioinformatik-Professorin Andrea Volkamer entwickelt Computermethoden für die Risikobewertung von Arzneistoffen und Chemikalien.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Auf den ersten Blick hat das Forschungsgebiet der Saarländerin, die an der Berliner Charité arbeitet, nichts mit Pharmakologie oder Dermatologie zu tun, denn die Juniorprofessorin Andrea Volkamer ist Bioinformatikern. Sie kann jedoch etwas über die mögliche Targetbindung oder das toxische Risiko von Molekülen sagen, die noch gar nicht synthetisiert wurden.

Andrea Volkamer entwickelt Computermethoden für die sogenannte in-silico-Vorhersage der Toxizität, also die Risikobewertung von Arzneistoffen und Chemikalien. Ihr „R“ ist Reduction. Denn ihre Forschung trägt dazu bei, dass sich die Zahl der Substanzen, die am Ende tatsächlich noch im Tier getestet werden müssen, drastisch reduziert.

Wie funktioniert ihre Methode?

„Wir entwickeln neue struktur-basierte Methoden, um der Vision, die Toxikologie in eine prädiktive Wissenschaft umzuwandeln, näher zu kommen und somit Tierversuche zu verringern. Dafür nutzen wir unter anderem umfangreiche Daten von sehr vielen Substanzen, die bereits früher ausführlich getestet wurden und wenden darauf maschinelle Lernverfahren an, um Modelle mit hoher Vorhersagegenauigkeit zu generieren“, sagt Andrea Volkamer. „Anschließend wenden wir diese Modelle auf neue Substanzen an.“

Die Vorhersage basiert auf dem Ähnlichkeitsprinzip. „Kommt der Computer zu dem Ergebnis nach seinem „Wissen“ sei eine Substanz toxisch, markieren wir sie mit einem hohen Risikopotential.“ Um das Programm zu füttern, benötigt die Bioinformatikerin lediglich die chemische Struktur des neuen Moleküls.

Obwohl Andrea Volkamer erst seit 2016 bei BB3R ist, knüpfte sie ebenfalls schon intensive Kontakte in alle Richtungen. Unter anderem zu Kollegen am Zuse Institut Berlin, am Bundesinstitut für Risikobewertung und an der Freien Universität Berlin. „Das Tolle an BB3R ist, dass man so viele starke Partner hat, die aus ganz unterschiedlichen Richtungen kommen. Für uns Bioinformatiker ist es ideal, die Anwendung quasi vor der Tür zu haben. Für die experimentellen Kollegen liefern unsere Vorhersagen frühzeitige, schnelle und kosteneffiziente Informationen, um Moleküle zu priorisieren.“