Das Tagebuch
Diego León-Villagrá
Kommentar
Das Tagebuch bildet eine der wandelbarsten literarischen Formen der Moderne: Es dient als Medium der Subjektkonstitution und dokumentarischer Selbstaufzeichnung, als Experimentierfeld literarischer Schreibweisen, Materialsammlung, fiktionale Form und Archiv gesellschaftlicher und historischer Erfahrung. Dieser Formenvielfalt des Tagebuchs im Spannungsfeld zwischen Dokument und Dichtung, Selbstbeobachtung und Inszenierung geht das Seminar anhand ausgewählter Texte der deutschsprachigen Literatur des 20. Jahrhunderts bis in die Gegenwart nach – von Ernst Jüngers Kriegstagebüchern über Arno Schmidts „Leviathan oder Die beste der Welten“, Marlen Haushofers „Die Wand“, Peter Handkes „Das Gewicht der Welt“, den Tagebüchern Christa Wolfs und Brigitte Reimanns, Robert Gernhardts lyrischem Tagebuch „Herz in Not“, Weblogs von Wolfgang Herrndorf und Rainald Goetz bis zu Tagebuchformen in Comic und Graphic Novel. Dabei sollen mit Theorietexten u.a. von Michel Foucault, Philippe Lejeune und Beate Rössler insbesondere Fragen zur Gattungsspezifik und -hybridität, der medialen Verfasstheit, Literarizität und Referenzialität des Tagebuchs fokussiert werden: Welche spezifischen literarischen Verfahren prägen verschiedenartige Tagebuchtexte? Wie reflektieren diese Prozesse der Identität und Identitätsbildung? Welche gattungstheoretischen Diskurse rahmen das Tagebuch im 20. und 21. Jahrhundert? In welcher Beziehung stehen sie zu anderen Textsorten wie Roman oder Autobiografie? Inwiefern ist das Tagebuch nicht nur Spiegel, sondern auch Generator von Subjektivität? Wie verhandeln Tagebuchtexte Vorstellungen von Authentizität, Intimität und Öffentlichkeit? Und wie verändern sich ihre Produktions- und Rezeptionspraktiken unter digitalen Bedingungen?
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