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Hauptseminar
Moore und Wittgenstein über Gewissheit
Ansgar Seide
Kommentar
Laut einer berühmten Bemerkung Kants in der „Kritik der reinen Vernunft“ ist es „ein Skandal der Philosophie und allgemeiner der Menschenvernunft, das Dasein der Dinge außer uns […] bloß auf Glauben annehmen zu müssen, und, wenn es jemand einfällt es zu bezweifeln, ihm keinen genugtuenden Beweis entgegenstellen zu können“ (KrV, B XXXIX, Fn.). In seinem Aufsatz „Proof of an External World“ (1939) beansprucht der britische Philosoph G. E. Moore, diesen Skandal durch einen ganz einfachen Beweis zu beenden. Kurz zusammengefasst besteht Moores Beweis der Existenz der Außenwelt schlicht darin, dass er seine beiden Hände hochhält und feststellt, dass sie existieren. Aus der Existenz der beiden Hände folgt, dass Dinge außer uns existieren und somit die Existenz einer Außenwelt. Dieser Beweis ist einerseits verblüffend einfach und unter normalen Umständen würde auch niemand in Frage stellen wollen, dass die eigenen Hände existieren. Andererseits lässt einen der Eindruck nicht los, dass man in der Auseinandersetzung mit einem Skeptiker, der ja gerade die Existenz der Außenwelt und damit auch aller Hände in Zweifel zieht, nicht auf eine solche Prämisse zurückgreifen darf. Wie ist der Erfolg von Moores Argument also letztlich zu bewerten?
In seinen letzten anderthalb Lebensjahren hat Wittgenstein eine Sammlung von Notizen angefertigt, in denen er sich intensiv mit G. E. Moores Argument gegen den Außenweltskeptizismus auseinandersetzt. Diese Notizen wurden postum unter dem Titel „Über Gewißheit“ veröffentlicht. Ausgehend von einer kritischen Auseinandersetzung mit Moores Argument entwickelt Wittgenstein darin eine sehr subtile eigene Entgegnung auf den Skeptizismus, in der sprachphilosophische mit erkenntnistheoretischen Überlegungen in interessanter Weise ineinanderlaufen. In diesem Seminar werden wir zu Beginn Ausschnitte aus Moores Aufsätzen „A Defence of Common Sense“ und „Proof of an External World“ lesen und dann zu „Über Gewißheit“ übergehen, um Wittgensteins vielschichtige Antwort auf Moore nachzuvollziehen.
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Literaturhinweise
Moore, G. E.: „A Defence of Common Sense“, in: Moore, G. E.: Philosophical Papers, London 1959, 32–59.
Moore, G. E.: „Proof of an External World“, in: Moore, G. E.: Philosophical Papers, London 1959, 127–150.
Wittgenstein, Ludwig: Über Gewißheit, hrsg. von G.E.M. Anscombe/G.H. von Wright, Frankfurt am Main 1970. (Sie können auch eine andere Ausgabe verwenden.)
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14 Termine
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Mi, 16.07.2025 12:00 - 14:00