Strategic Litigation: Interdisziplinäres Seminar zum Völkerrecht
Hannah Franzki, Heike Krieger
Hinweise für Studierende
In dieser Lehrveranstaltung besteht Teilnahmepflicht. Weitere Hinweise lesen Sie bitte hier
Zusätzl. Angaben / Voraussetzungen
Anmeldung zu der Veranstaltung
Keine selbständige Anmeldung über Campus Management! Bitte wenden Sie sich direkt an die/den Dozierenden bzw. die Kontaktperson!Kommentar
Interdisziplinäres Blockseminar im Völkerrecht: Strategic Litigation
geöffnet für Studierende der Rechtswissenschaft und Studierende im MA Politikwissenschaft.Inhalt
Strategic Litigation bezeichnet in der Regel den strategischen Einsatz juristischer Mittel mit dem Ziel der gesellschaftlichen Veränderung über den Einzelfall hinaus. Im Zentrum strategischer Prozessführung stehen weniger die Rechte einzelner Personen oder die Aussicht auf einen erfolgreichen Ausgang des Verfahrens. Vielmehr besteht das Ziel darin, über die Mobilisierung des Rechts bestimmte gesellschaftliche Akteure zu unterstützen, oder auf die Veränderung gesellschaftlicher Strukturen und Diskussionen hinzuwirken. Häufig sind es juristisch arbeitende NGOs oder Anwaltskanzleien, die versuchen soziale Bewegungen oder bestimmte Bevölkerungsgruppen mit rechtlichen Mitteln zu unterstützen – zum Beispiel gegen extraktivistische Investitionsprojekte, Umweltverschmutzung oder systematische Verletzung von Arbeitsrechten. Rechtliche Austragungsforen sind hier zum Beispiel die unterschiedlichen Gerichtshöfe für Menschenrechte (Europäische Gerichtshof für Menschenrechte, der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte), nationale Gerichte unter Anwendung internationalen Rechts (zum Beispiel Völkerstrafgesetzbuch).Neben dieser Form der strategischen Prozessführung „von Unten“ werden in der Literatur zwei weitere Phänomene unter den Begriff der strategic litigation gefasst. Zum einen lassen sich hier bestimmte staatlich initiierte Verfahren vor Internationalen Gerichten, wie zum Beispiel dem Internationalen Gerichtshof (IGH) oder dem Internationalen Seegerichtshof (ITLOS) fassen, die auf die Durchsetzung politischer Ziele angelegt sind (Themen hier sind zum Beispiel Ukraine/Russland; Israel/Palästina; Rhingya/Myanmar; Treibhausgasemissionen/erhöhte Meeresspiegel).
Schließlich hat sich das Akronym „SLAPP“ (strategic lawsuit against public participation) herausgebildet, um strategische Klagen gegen öffentliche Beteiligung zu bezeichnen. Ziel sind häufig Journalist*innen oder NGOs – sie sollen durch das laufende Verfahren und die damit verbunden Kosten ruhiggestellt werden. Vor diesem Hintergrund hat die Europäische Union im Jahr 2024 eine Richtlinie verabschiedet, die Personen, die sich zu Angelegenheiten von öffentlichem Interesse äußern, vor missbräuchlichen Klagen schützen soll. In Deutschland liegt ein Gesetzgebungsentwurf zur Umsetzung der Richtlinie vor.
In diesem Seminar beschäftigen wir uns mit den aktuellen wissenschaftlichen Diskussionen und exemplarischen strategisch geführten Verfahren aus allen Bereichen, um zu einem besseren Verständnis der unterschiedlichen Formen der strategic Litigation zu erlangen.
Zu diesem Zweck wollen wir unter anderem die folgenden Themen in einem Blockseminar im Wintersemester 25/26 besprechen:
- Zielsetzungen und Gefahren der strategischen Prozessführung
- Funktionen von Forum Shopping in der strategischen Prozessführung
- Gesellschaftlicher Wandel durch Recht? Rechtsoziologische Perspektiven auf strategische Prozessführung
- Strategische Prozessführung und die Übersetzung gesellschaftlicher Konflikte ins Recht
- Anwält*innen zwischen Expert*innen-Wissen und politischem Auftrag: movement lawyering und Fragen der Repräsentation
- The power of the law, the power of the people? Kritische Perspektiven auf das emanzipatorische Potential strategischer Prozessführung
- Rechtsentwicklung durch transnationale strategische Prozessführung: Menschenrechtsverantwortung von Unternehmen
- Die Klagebefugnis erga omnes partes
- Gutachtenverfahren vor dem IGH als Form der strategischen Prozessführung
- Drittinterventionen vor dem Internationalen Gerichtshof
- Bewaffnete Konflikte vor dem IGH
- Strategische Prozessführung vor dem Internationalen Gerichtshof als Ausdruck von Geopolitik?
- Klimaklagen vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte
- Strategische Prozessführung und LGTBI+-Rights
- Strategische Prozessführung im Interamerikanischen Menschenrechtsschutzsystem
- Strategische Prozessführung im Soft Law (z.B. UN human rights treaty bodies)
I. Strukturfragen
II. Strategische Prozessführung „von unten“
III. Der Internationale Gerichtshof (IGH) als Forum strategischer Prozessführung
IV. Strategische Prozessführung vor Menschenrechtsgerichtshöfen
Die Teilnahme an der ersten Sitzung am Mittwoch, den 15.10.2025 von 12 c.t. bis 14 Uhr (Ort wird noch bekannt gegeben) ist verpflichtend für die erfolgreiche Teilnahme am Seminar. Hier werden auch die Themen für die juristischen Seminararbeiten vergeben.
Für das Seminar können Sie sich ab sofort anmelden unter
Dozentinnen:
Univ.-Prof. Heike Krieger (Professorin für Öffentliches Recht und Völkerrecht, FB Rechtswissenschaft)Dr. Hannah Franzki (Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft und Senior Legal Advisor am European Center for Constitutional and Human Rights)
Ausgewählte Literatur:
Buckel, Sonja; Pichl, Maximilian; Vestena, Carolina A. (2024): Legal Struggles: A Social Theory Perspective on Strategic Litigation and Legal Mobilisation. In: Social & Legal Studies 33 (1), S. 21–41. DOI: 10.1177/09646639231153783.Duffy, Helen (2021): Strategic human rights litigation. Understanding and maximising impact. First edition. London, England: Zed Books; Bloomsbury Publishing.
Gevisser, Mark; Redford, Katie (Hg.) (2023): The revolution will not be litigated. People power and legal power in the 21st century. New York, London: OR Books.
Guilfoyle, Douglas (2021): The Chagos Archipelago Before International Tribunals: Strategic Litigation and the Production of Historical Knowledge. In: Melbourne Journal of International Law 21 (3), S. 249–271.
Guilfoyle, Douglas (2023): Litigation as Statecraft: Small States and the Law of the Sea. In: British Yearbook of International Law. DOI: 10.1093/bybil/brad009.
Hahn, Lisa (2019): Strategische Prozessführung. In: Zeitschrift für Rechtssoziologie 39 (1), S. 5–32. DOI: 10.1515/zfrs-2019-0002.
Hahn, Lisa (2024): Strategische Prozessführung im Klagekollektiv. Über die Bedeutung kollektiver Mobilisierung für den Zugang zu Recht. 1. Auflage. Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG (Strategic Litigation, 4).
Jeßberger, Florian; Steinl, Leonie (2022): Strategic Litigation in International Criminal Justice. In: Journal of International Criminal Justice 20 (2), S. 379–401. DOI: 10.1093/jicj/mqac008.
Krieger, Heike (2024): Mega-Political Cases before the ICJ: Transforming a Hegemonic into a Negotiated Order?; https://cil.nus.edu.sg/blogs/mega-political-cases-before-the-icj-transforming-a-hegemonic-into-a-negotiated-order/
Knox, Robert (2012): Strategy and Tactics. In: The Finnish Yearbook of International Law, 193-229. DOI: 10.2139/ssrn.1921759.
McGonigle Leyh, Brianne (2022): Using Strategic Litigation and Universal Jurisdiction to Advance Accountability for Serious International Crimes. In: International Journal of Transitional Justice 16 (3), S. 363–379. DOI: 10.1093/ijtj/ijac020.
Mehta, Kalika (2023): Strategic litigation and corporate complicity in crimes under international criminal law. Dissertation: Routledge.
Pichl, Maximilian (2024): The Future of Legal Struggles: Front Matter.
Ramsden, Michael (2022): Strategic Litigation before the International Court of Justice: Evaluating Impact in the Campaign for Rohingya Rights. In: European Journal of International Law 33 (2), S. 441–472. DOI: 10.1093/ejil/chac025.
Sheldrick, Byron M. (2014): Blocking public participation. The use of strategic litigation to silence political expression. Waterloo, Ontario: Wilfrid Laurier University Press.
SchließenZusätzliche Termine
Mi, 15.10.2025 12:00 - 14:00 Mi, 14.01.2026 09:00 - 18:00 Di, 20.01.2026 09:00 - 18:00 Mi, 21.01.2026 09:00 - 18:00Weitere Suchergebnisse zu 'Research Seminar on Gender and Science ...'
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