SoSe 24  
Philosophie und...  
Kernfach AVL (S...  
Lehrveranstaltung

SoSe 24: Institut für Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft (WE 3)

Kernfach AVL (SPO gültig ab WS 22/23)

0077d_k90
  • Modul B110: Einführung in die Allgemeine und Vergleichende Literaturwissenschaft

    0077dA1.1
    • 16401 Vorlesung
      Poetik und Literaturtheorie (Michael Auer)
      Zeit: Mi 14:00-16:00 (Erster Termin: 17.04.2024)
      Ort: Hs 1a Hörsaal (Habelschwerdter Allee 45)

      Hinweise für Studierende

      Begleitend gibt es zwei Tutorien zur Vorlesung: LV 16401b - Max Kaplan (Di 16-18h, J 27/14); LV 16401a Anna Jurgan und Pit Heinrich (Mi 16-18h, J 27/14).

      Kommentar

      Die Vorlesung gibt eine Einführung in die Literaturtheorie und entscheidet sich für eine historische Darstellung. Damit soll der anhaltenden Bedeutung der Geschichte für die Literaturwissenschaft heute Nachdruck verliehen werden. Der Rückbezug auf die Rhetorik schärft dieses historische Bewusstsein. Außerdem gibt er zu verstehen, dass Theoriediskurse immer auch Fragen nach Stil und Form miteinschließen – oder jedenfalls miteinschließen sollten. Im Durchgang durch die Geschichte werden die Entwicklungen in der ‚klassischen‘ Poetik und Ästhetik ebenso berücksichtigt wie die Entstehung einer (post-)modernen Literaturtheorie, insbesondere im Zusammenspiel von Formalismus, Linguistik und Psychoanalyse. Dabei soll weniger eine bestehende Theorielandschaft vor Augen geführt werden. Vielmehr geht es in erster Linie darum, auf Möglichkeiten einer zukünftigen literaturwissenschaftlichen Arbeit aufmerksam zu machen.

  • Modul B120: Interdisziplinäre Literaturwissenschaft

    0077dA1.2
    • 16408 Seminar
      Literatur, Satire und Zensur (Nursan Celik)
      Zeit: Fr 12:00-14:00, zusätzliche Termine siehe LV-Details (Erster Termin: 19.04.2024)
      Ort: JK 31/228 (Habelschwerdter Allee 45)

      Kommentar

      Das Grundgesetz feiert in diesem Jahr sein 75-jähriges Bestehen. Nochmals deutlicher als in der Weimarer Reichsverfassung wurde mit diesem ein Zensurverbot ausgesprochen und die Kunst- und Meinungsfreiheit als uneingeschränkt geltende Grundrechte etabliert. Wiewohl rechtlich gesehen keine Zensur in Deutschland stattfindet, tritt seit geraumer Zeit und hierbei insbesondere im Zuge des sogenannten Cancel-Culture“-Diskurses wiederholt der Zensurbegriff auf, der nicht selten voreilig und unpräzise verwendet wird und daher einer näheren Bestimmung bedarf. 
      Ziel des Seminars ist es, unterschiedliche Formen und Repressionspraktiken der Zensur (formelle/informelle; Vor-, Nach- und Rezensur; staatliche Zensur/„Zensur von unten“ usw.) kennenzulernen, die Funktionen und Wirkungsmechanismen dezidiert literarischer Zensur zu ergründen und einen Einblick in den potenziellen Einfluss zensorischer Praktiken auf das literarische, geistige und politische Leben zu erhalten. In diesem Zusammenhang werden wir auch narrative, ästhetische Strategien zur Umgehung von Zensurvorschriften behandeln.
      Ein Schwerpunkt des Seminars bildet die Satire, für die je nach Bestimmung als künstlerische Gattung oder aber als gattungsübergreifendes Phänomen entweder die Kunstfreiheit oder die Meinungsfreiheit geltend gemacht werden kann. Welche rechtlichen Herausforderungen satirische Äußerungsformen und Schreibweisen mit sich bringen können, werden wir u.a. anhand der Causa Böhmermann näher untersuchen.

      Literaturhinweise

      Textgrundlage: Lorenz, Matthias N.: Literatur und Zensur in der Demokratie. Die Bundesrepublik und die Freiheit der Kunst. Göttingen 2009.

    • 16405 Seminar
      Queer-Theorie: Disziplinübergreifende Interventionen (Alexandra Ksenofontova)
      Zeit: Mo 10:00-12:00 (Erster Termin: 15.04.2024)
      Ort: JK 27/106 (Habelschwerdter Allee 45)

      Kommentar

      Von ‚der‘ Queer-Theorie zu sprechen, ist ein Paradox: Eine Queer-Theorie im Singular gibt es nicht. Zum einen zeichnet sich das queere Denken durch die fortwährende Infragestellung jeglicher Formen von Normativität, Hegemonisierung und des Status quo aus; deswegen muss sich auch ‚die‘ Queer-Theorie kontinuierlich neu konzipieren und ihre disziplinäre sowie fachpolitische Positionierung ständig hinterfragen. Zum anderen ist eine gewisse Widersprüchlichkeit bereits in der Genese des Felds der Queer Studies in den frühen 1990er Jahren angelegt. Obwohl es seinen Ursprung in den Gay and Lesbian Studies hat und bis heute einen starken Fokus auf LGBTQ+ Communities legt, problematisierte die Queer-Theorie von Beginn an den Fokus auf Sexualität zum Ausschluss anderer Kategorien wie z.B. race, Klasse, Behinderung und Religion und distanzierte sich zugleich von Herangehensweisen, die den Begriff ‚Identität‘ ins Zentrum rücken. Somit stellten die Queer Studies schon immer ein Forschungsfeld mit ausgeprägt porösen Grenzen dar. Nicht zuletzt deswegen fanden queer-theoretische Ansätze innerhalb von nur wenigen Jahrzehnten Eingang in zahlreiche Disziplinen: von der Theater-, Film- und Tanzwissenschaft über Linguistik, Kommunikationswissenschaft und disability studies bis hin zu Geschichtswissenschaft, Archäologie und Theologie. In diesem Seminar widmen wir uns der Frage, worin die Interventionen der US-amerikanischen Queer-Theorie (insbesondere der Texte von Judith Butler, Michel Foucault, José Esteban Muñoz, Eve Kosofky Segdwick u.v.a.m.) in einige dieser Disziplinen bestehen, wie sie die Maximen und disziplinären Grenzen der jeweiligen Felder herausfordern und was diese Interventionen für Literaturwissenschaft bedeuten.

    • 16406 Seminar
      Aus dem Leben der Insekten: Metamorphosen einer Allegorie (Marina Sivak)
      Zeit: Di 16:00-18:00 (Erster Termin: 16.04.2024)
      Ort: JK 27/106 (Habelschwerdter Allee 45)

      Kommentar

      Das Seminar befasst sich mit den literarischen Darstellungen von Insekten. Der Einstieg in die Thematik bietet das tschechische Theaterstück der Gebrüder Capek „Aus dem Leben der Insekten“ aus den 1920er Jahren, in welchem auf allegorische Weise die Kritik an die Gesellschaft der Zwischenkriegszeit geübt wird. Die Spuren dieses kurzen Textes finden sich im russischen Roman „Das Leben der Insekten“ von Viktor Pelevin wieder. Der Roman hält eine andere transformative Epoche fest - den geopolitischen Wandel der 1990er Jahre infolge des Zerfalls der Sowjetunion. Die Figuren zeigen die Charakteristika von Insekten, agieren jedoch wie Menschen und erleben sowohl körperliche als auch soziale Metamorphosen. Neben der Betrachtung der offensichtlichen intertextuellen Bezüge eröffnet die Einbindung von Jan Švankmajers Animationsfilm „Insekten“, einer freien Filmadaptation des Theaterstücks, zudem eine weitere intermediale Perspektive. Die theoretischen Schwerpunkte werden auf die Begriffe der Allegorie, Metapher und Metamorphose gelegt. Es wird empfohlen, die deutsche Übersetzung des Romans „Das Leben der Insekten“ (Reclam Leipzig, 2000, ISBN: 3379016942) zu erwerben. Kenntnisse der slavischen Sprachen (Tschechisch/Russisch) sind keine Voraussetzung für die Teilnahme.

    • 16407 Seminar
      Literatur der sozialen Medien (Paul Wolff)
      Zeit: Mo 12:00-14:00 (Erster Termin: 15.04.2024)
      Ort: JK 31/228 (Habelschwerdter Allee 45)

      Kommentar

      In der digitalen Gegenwart wird wohl nirgends so viel gelesen und geschrieben wie im Internet. Das Seminar widmet sich literarischen Schreibweisen, die sich auf und mit den Plattformen des Web 2.0 entwickelt haben: Von Statusmeldungen auf Facebook (Stefanie Sargnagel, Aboud Saeed, Elisa Aseva) über ›Twitteratur‹ (Ianina Ilitcheva, Claudia Vamvas) und ›Instapoetry‹ (Rupi Kaur, Warsan Shire) bis hin zu Gegenwartsromanen, die soziale Medien nicht nur thematisieren, sondern auch formal reflektieren. Im Zentrum des Seminars steht die Frage, wie soziale Medien die Produktion, Zirkulation und Rezeption von Texten lenken. Kleine, ephemere Formate jenseits des gedruckten Buchs – Tweets, Feeds, Stories, Reels, Memes usw. – unterwandern einerseits etablierte literaturwissenschaftliche Kategorien wie Autor:in, Leser:in und Werk, lassen sich andererseits gleichwohl mit prädigitalen Medien und Gattungen wie Brief, Tagebuch und Aphorismus vergleichen. Gleichzeitig beschleunigen soziale Medien einen Strukturwandel der literarischen Öffentlichkeit, der sich abzeichnet, wenn Rechtschreibfehler zum Stilmittel werden, wenn Amazon-Rezensionen die Autorität des Feuilletons ins Wanken bringen oder wenn populäre Instapoets mit ihren Auftritten große Konzerthallen füllen. Um ein besseres Verständnis für sozialmediale Dynamiken der Vernetzung, Affizierung, Gegenwartsfixierung, Personalisierung und Datafizierung zu gewinnen, werden wir uns neben Social-Media-Texten auch mit medientheoretischen und essayistischen Beiträgen befassen (u.a. von Jia Tolentino, Christiane Frohmann, Holger Schulze).

      Eigene Social-Media-Erfahrungen der Teilnehmenden sind von Vorteil, aber nicht zwingend erforderlich. Wir werden uns punktuell auf die jeweiligen Plattformen begeben, ein Großteil der Texte wird aber wie gewohnt als Scan auf Blackboard zur Verfügung gestellt. Sie sind herzlich eingeladen, eigene Interessen und Lektürevorschläge einzubringen (gerne vorab per Mail an paul.wolff@fu-berlin.de). Falls in den Berliner Literaturhäusern eine fürs Thema relevante Veranstaltung stattfindet, wird gegebenenfalls eine fakultative Exkursion angeboten.

      Literaturhinweise

      Stine Lomborg: Social Media as Communicative Genres, in: dies.: Social Media, Social Genres. Making Sense of the Ordinary, New York 2014, S. 11–32; Holger Schulze: Ubiquitäre Literatur, Berlin 2020.

  • Modul B130: Vergleichende Literaturgeschichte

    0077dA1.3
    • 16411 Seminar
      Rilkes "Neue Gedichte" (David Wachter)
      Zeit: Do 14:00-16:00, zusätzliche Termine siehe LV-Details (Erster Termin: 18.04.2024)
      Ort: JK 27/106 (Habelschwerdter Allee 45)

      Kommentar

      Rainer Maria Rilkes Neue Gedichte (1907/07) sind ein Meilenstein der modernen Lyrik. Im Kontext der Jahrhundertwende greifen sie traditionelle Gattungen wie das Sonett auf, gehen aber auch unbekannte Wege und eröffnen der Dichtung neue Horizonte. Mit ihrem „sachlichen Sagen“ entdecken sie die moderne Welt der Dinge, bringen religiöse Erfahrungen zum Ausdruck und öffnen sich für Begegnungen mit dem Nichtmenschlichen (Tieren, Pflanzen oder Engeln). Zugleich gewinnen sie ihre eigene Ästhetik aus einem intensiven Austausch mit der zeitgenössischen Kunst (Paul Cézanne, Auguste Rodin) sowie dem Tanz. Im Seminar erschließen wir uns ausgewählte Gedichte wie Römische Fontäne, Der Ball und Schwarze Katze in genauen Lektüren.  Darüber hinaus erkunden wir Rilkes Beziehungen zum französischen Symbolismus (Charles Baudelaire, Stéphane Mallarmé) sowie zur Dichtung um 1900 (Gertrude Stein, Imagism). Das Seminar endet mit einem Ausblick auf produktive Rilke-Rezeptionen in der Gegenwartslyrik (Tommye Blount, Ocean Vuong). Auf diese Weise führt das Seminar in die Grundlagen der Lyrikanalyse und des literaturgeschichtlichen Arbeitens ein.

      Literaturhinweise

      Zur Vorbereitung :
      Rainer M. Rilke: Neue Gedichte/Der Neuen Gedichte anderer Teil, in: Ders.: Gedichte 1895 bis 1910. Werke Band 1, hrsg. v. Manfred Engel/Ulrich Fülleborn, Frankfurt a.M.: Insel 1996, S. 447-586; Wolfgang G. Müller: Neue Gedichte/Der Neuen Gedichte anderer Teil, in: Rilke-Handbuch. Leben – Werk – Wirkung, hrsg. v. Manfred Engel, Stuttgart: J.B. Metzler 2013, S. 296-318 (über Primo digital verfügbar).

    • 16413 Seminar
      Emporkommen. Soziale Aufstiege in der Literatur (Pavlos Dimitriadis)
      Zeit: Di 10:00-12:00 (Erster Termin: 16.04.2024)
      Ort: KL 32/202

      Kommentar

      Soziale Aufstiege, die Verbesserung der eigenen ökonomischen Lage und der Hinzugewinn an gesellschaftlichem Status, zählen zu den Errungenschaften einer Moderne, die sich ihrer ständischen Organisation zunehmend entledigte. Dennoch haftet der Figur des Sozialaufsteigers seit ihrer Entstehung ein hohes Konfliktpotential an. Einmal als strukturelles Novum erfasst, ist sozialer Aufstieg in unterschiedliche Figurationen gegossen und mit Begriffen wie Emporkömmling, parvenu, new money oder arrivista belegt worden. Diese Bezeichnungen weisen untereinander sprachliche Pendants auf (so existieren auch im Deutschen die Begriffe Parvenü, Neureiche usw.) und greifen auf historische Vorbilder zurück. Gemein ist ihnen trotz semantischer Unterschiede jedoch ihre pejorative Verwendung. Die Frage, aus welcher ‚Richtung‘ soziale Aufsteiger:innen bekämpft werden und wurden, lässt sich freilich nur anhand konkreter historischer Konstellationen beantworten.

      In diesem Zusammenhang spielt das 19. Jahrhundert eine Schlüsselrolle. Die Figur des Emporkömmlings erlebte – gesellschaftlich wie literarisch – einen diskursiven peak. Zum einen korrespondierte das dem (noch lange Zeit männlich gegenderten) Sozialaufsteiger innewohnende Subversionspotential mit den Aufstiegs- und Teilhabeansprüchen einer aufstrebenden bürgerlichen Gesellschaft. Zum anderen musste die zunehmende Demokratisierung der Möglichkeit, sozial aufzusteigen (u.a. der Aufhebung des Zunftzwangs geschuldet), von Adel und anderen privilegierten Schichten, die ihre Vormachtstellung durch Vererbung reproduzierten, als Bedrohung zur Kenntnis genommen werden.

      Im Seminar wollen wir unterschiedliche literarische Modellierungen sozialer Aufstiege untersuchen, mit einem Schwerpunkt auf der Literatur des 19. Jahrhunderts. Von Interesse wird sein, welche ästhetischen, politischen und ethisch-praxeologischen Fragen anhand von sozialem Aufstieg literarisch verhandelbar sind und wie sie in Figuren wie dem Parvenü oder dem Findling imaginativ ausgestaltet und bewertet werden. Zu Beginn und zum Ende des Semesters werden wir uns in einigen Sitzungen mit Beispielen einer Vor- und Nachgeschichte des Phänomens und seiner begrifflichen Spielarten auseinandersetzen. Auch frühe soziologische Positionen (bspw. Veblen: Theory of the Leisure Class) können im Lektüreplan berücksichtigt werden. Gelesen werden Texte in deutscher, englischer, französischer und italienischer Sprache (mit Übersetzungen darf gearbeitet werden).

      Literaturhinweise

      Zur vorbereitenden Primärlektüre empfohlen:


      Stendhal: Le Rouge et le Noir. Hg. v. Anne Marie Meininger. Paris: Gallimard 2020.

      Für eine Orientierung im Thema:


      Sasson, Sarah Juliette: Longing to Belong. The Parvenu in Nineteenth-Century French and German Literature. New York, NY: Palgrave Macmillan 2012.

      Fletcher, John: Parvenu Genre, Genre of Parvenus. In: Comparative Literature Studies 15/2 (1978), S. 193–202.

      Robbins, Bruce: Upward Mobility and the Common Good. Toward a Literary History of the Welfare State. Princeton, NJ: University Press 2007.

    • 16410 Seminar
      Koloniale Provenienz als Thema der Gegenwartsliteratur (Irene Albers)
      Zeit: Do 12:00-14:00 (Erster Termin: 18.04.2024)
      Ort: JK 28/208 (Habelschwerdter Allee 45)

      Hinweise für Studierende

      Die Texte werden über Iversity (und nicht über Blackboard) zur Verfügung gestellt. Die Zugangsdaten werden zu Beginn des Semesters über die Teilnehmerliste in CM verschickt.

      Kommentar

      Seit der Debatte über die Provenienz von musealem Sammlungsgut aus kolonialen Kontexten sind eine Reihe von sowohl fiktionalen als auch faktualen Texten entstanden, die Geschichten über die Translokation von Einzelobjekten erzählen und dabei über Fragen wie Unrechtmäßigkeit des Erwerbs, Zugehörigkeit und Deutungsmacht verhandeln. Dabei werden (wie in der literarischen Bearbeitung von NS-Raubkunst) häufig Genres wie die Objektbiographie oder der Krimi aktiviert, aber auch neue Formen geschaffen, um den Wandel der Funktionen und Bedeutungen im Kontext des Wechsels von Ort und Besitzer erzählbar zu machen. Vor allem im musealen Bereich werden schon länger objektbiographische Texte über einzelne prominente Objekte verfasst. In dem Seminar werden wir uns einführend mit verschiedenen Konzepten von "Provenienz", "Trajektorie" und "Objektbiographie" befassen, Texte über postkoloniale Provenienzforschung diskutieren und anschließend sowohl literarische als auch nicht-literarische Objektbiographien und Provenienzerzählungen lesen, u.a. Der Fluch der Dogon von Christoph Wackernagel (2012), Der lange Schatten von Bernhard Jaumann (2015), Le silence du totem von Fatoumata Ngom (2018), Adas Raum von Sharon Dodua Otoo (2021), Loot von Tania James (2023), Das Prachtboot von Götz Aly (2021), Fallgeschichten aus den Bänden des Translokations-Projektes von Bénédicte Savoy (Beute – Bildatlas zu Kunstraub und Kulturerbe und Atlas der Abwesenheit) sowie (in Verbindung mit einem Besuch im Humboldt Forum) verschiedene Texte über die Geschichte des Mandu Yenu-Perlenthrons (u.a. Léonora Miano). Je nach Verfügbarkeit können auch aktuelle Dokumentarfilme wie DAHOMEY oder DAS LEERE GRAB (beide 2024) einbezogen werden.

    • 16412 Seminar
      Autobiographie, Écriture de soi, Autofiktion (Julia Weber)
      Zeit: Mi 16:00-18:00 (Erster Termin: 24.04.2024)
      Ort: JK 26/101 (Habelschwerdter Allee 45)

      Kommentar

      Der Sinnzusammenhang des Lebens, die Einheit der Person im Verlauf durch Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft, sind nicht naturwüchsig und als innerer Kern der Persönlichkeit immer schon da, sondern werden erst in und durch die autobiographische bzw. autofiktionale Erzählung konstituiert. Das Ich findet im Akt der schriftlichen Selbstvergewisserung zu seiner Identität. Im Anschluss an Michel Foucaults Konzept der „écriture de soi“, das im Gegensatz zur herkömmlichen Autobiographie-Deutung davon ausgeht, dass das Subjekt nicht etwas bereits Erlebtes nachträglich niederschreibt, sondern dass es sich im Akt seines Schreibens überhaupt erst selbst konstituiert, werden wir im Seminar verschiedene Strategien schriftlicher Selbstkonstitution aus unterschiedlichen historischen Epochen vergleichen.
      Beginnend mit Auszügen aus Michel de Montaignes Essais (1580-95), Jacques Rousseaus Confessions (1764-70) und Madame Guyons La vie de Mme Guyon écrite par elle-même (1791), werden wir in der Folge autobiographische und autofiktionale Texte von Gertrude Stein (Autobiography of Alice B. Toklas, 1933), Roland Barthes (Roland Barthes par Roland Barthes, 1982), Friederike Mayröcker (Mein Herz, mein Zimmer, mein Name, 1988) und Annie Ernaux (Les Années, 2008) diskutieren und auf ihre Strategien der Selbstkonstitution befragen.

      Literaturhinweise

      Für eine erste Orientierung:
      Wagner-Egelhaaf, Martina: Handbook of Autobiography/Autofiction. Berlin 2019.
      Gronemann, Claudia: Autofiktion, in: Wetzel, Michael (Hg.): Grundthemen der Literaturwissenschaft. Autorschaft. Berlin 2022, S. 332–349.
      Foucault, Michel: „L’écriture de soi“, in: Ders.: Dits et Écrits IV, 1980–1988. Paris 1994, S. 415–430.