Springe direkt zu Inhalt

Ausgabe 51 der ZdF ist erschienen

Titel ZdF 51

Titel ZdF 51
Bildquelle: FSED, TSC Berlin

Schwerpunkt: Nachträge

News vom 16.10.2023

Nachträge können Zusammenhänge erhellen, die in wissenschaftlichen Darstellungen nicht hinreichend beachtet worden sind. Häufig geht es dabei um halbe oder ganze Fehlwahrnehmungen, die zu überdenken sind. Das wird nicht selten von den dadurch Betroffenen als nachtragend empfunden. Geschichtserzählungen erfordern jedoch immer wieder Nachträge, etwa wenn einige Zeit ins Land gegangen ist und Weltsichten sich verändert haben oder neue Fakten ältere Erkenntnisse fragwürdig erscheinen lassen. Auch mühen sich immer wieder Zeitgeistströmungen damit ab, durch Nachträge gegen ihnen nicht genehmen Gegebenheiten vorzugehen. Dabei wiegt das Rechthaben wollen mehr als die widersprechenden Tatsachen oder die Akzeptanz von andersdenkenden Mehr- und Minderheiten. An die Stelle des begründeten Nachtrags tritt dann das Nachtreten, ein derzeit weit verbreitetes Phänomen in diversen gesellschaftlichen Bereichen.

Die wissenschaftliche Wahrnehmung der DDR hat sich seit dem Ende der SED-Diktatur durch zahlreiche Nachträge verändert. Darüber sind zahlreiche Kontroversen zwischen unterschiedlichen Forschungsansätzen zur DDR- und Deutschlandforschung ausgetragen worden. Die Vorgeschichte liegt dabei schon in den einschlägigen Wissenschaftseinrichtungen der alten Bundesrepublik. Die dort gewonnenen Erkenntnisse und angewandten wissenschaftlichen Methoden erfuhren nach der Wiedervereinigung Deutschlands durch Nachträge aus den Archiven der SED-Diktatur und alltagsgeschichtlichen Feldforschungen Bestätigungen, Ergänzungen und Korrekturen. In den 1990er Jahren fanden dabei parteipolitische Kontroverse über die doppeldeutsche Vergangenheit in starkem Maß Resonanzräume in wissenschaftlichen Diskursen. Derzeit versuchen vor allem ostdeutsche Wissenschaftler, sich durch steile Thesen im politischen Raum Gehör zu verschaffen. Als seien sie auf der Suche nach einer verlorenen Zeit, präsentieren sie die Gebiete östlich der Elbe als eine Welt der Erniedrigten und Beleidigten. Das Ostsein oder die kommunistische Vergangenheit wird mit neuem Hintersinn aufgeladen, die SED-Diktatur rückblickend zum schönen Krenz-Land, die von der Mehrheit der DDR-Bürger gewählte schnelle Wiedervereinigung zur „Übernahme“ und überhaupt soll „der Osten eine westdeutsche Erfindung“ gewesen sein.

Inhaltsverzeichnis

Editorial

Aus dem Inhalt:

Der schwierige Umgang mit zwei Diktaturen in Deutschland

Kritik: Walter Ulbricht überlebensgroß

8 / 13