Springe direkt zu Inhalt

Dagmar Schultz

Engagement gegen Sexismus und Rassismus

Dagmar Schultz wird der Margherita-von-Brentano-Preis auf Grund ihres herausragenden Engagements in der Frauen- und Geschlechterforschung sowie im frauen- und hochschulpolitischen Bereich an der Freien Universität und weit darüber hinaus verliehen. Während ihres Wirkens als Dozentin am JFKI von 1973 bis 1986 leistete sie nicht nur zu vielen Themen der Frauen- und Geschlechterforschung als Initiatorin und originelle Weiterentwicklerin einen wichtigen Beitrag, sondern hatte auch maßgeblichen Anteil an deren Institutionalisierung. Als engagierte und respektierte Wissenschaftlerin und Aktivistin besaß sie stets den Mut, konfliktträchtige Themen – oftmals als Erste – zur Diskussion zu stellen. Ausgehend von ihren Erfahrungen in den USA und Puerto Rico zwischen 1962 und 1973 stieß Dagmar Schultz kritische inhaltliche und methodische Debatten über Sexismus und Rassismus sowohl in der Hochschule als auch in der deutschen Frauenbewegung an.

Nach ihrer Rückkehr nach Deutschland war Dagmar Schultz von 1974 an als wissenschaftliche Mitarbeiterin, von 1980 bis 1986 als Hochschulassistentin, für den Bereich Fachdidaktik am JFKI zuständig. Hier leistete sie Pionierarbeit, da sie das Fach zu einer Zeit aufbaute, als fachdidaktische Studien an der Freien Universität Berlin noch die große Ausnahme bildeten. Auf der Grundlage ihrer beruflichen Erfahrungen in den USA entwickelte sie ein Programm, das insofern beispielhaft war, als es einen viel intensiveren Kontakt als üblich mit der Schulpraxis ermöglichte und die Vermittlung von Lehrmethoden in engen Zusammenhang mit Lehrinhalten stellte. Dagmar Schultz zählte stets zu denjenigen Frauenforscherinnen, die auf eine differenziertere Sichtweise der Geschlechterthematik hinwirkten. In ihre empirische Forschung an der Hochschule bezog sie bewusst Frauen und Männer ein. Besonders profilierte sich Dagmar Schultz jedoch mit ihrer kontinuierlichen Herausarbeitung von Differenzen unter Frauen unterschiedlicher sozialer und insbesondere ethnischer Herkunft. Ihre international und intersektional angelegten Arbeiten trugen dabei maßgeblich zur kritischen (Selbst-)Reflexion und Neugestaltung der deutschen Frauenbewegung bei. Des Weiteren unterstützte sie mit ihrer Forschung die Entstehung und Entwicklung des afro-deutschen Feminismus von den 1980er Jahren bis heute.

Hochschulpolitisch setzte Dagmar Schultz nicht nur als Mitglied des Beirats der ZE zur Förderung von Frauen- und Geschlechterforschung an der FU Berlin wichtige Akzente. Ihre Bemühungen um die Institutionalisierung der Frauen- und Geschlechterforschung wie auch um die Einstellung von Lehrenden mit unterschiedlichem ethnischen Hintergrund beinhalteten auch die Einladung mehrerer international renommierter Gastprofessorinnen wie z.B. Audre Lorde, Mitbegründerin des afro-amerikanischen Feminismus, an das Kennedy-Institut in den 1970er und 1980er Jahren.

Die Verbindung zwischen Forschung und Lehre an der Hochschule und sozial engagierter Praxis außerhalb der Universität war Dagmar Schultz dabei stets ein Anliegen. Ihre praktischen Erfahrungen reichen von dem Engagement in der US-amerikanischen Bürgerrechtsbewegung, über die Gründung und aktive Mitarbeit im Feministischen Frauengesundheitszentrum über die Initiierung und langjährige Tätigkeit im „Frauenselbstverlag“, später „sub rosa Frauenverlag“ und ab 1986 „Orlanda Frauenverlag“.

Das Preisgeld fließt in ein zweiteiliges Projekt, das sowohl Audre Lordes Arbeit und Wirkung an der Freien Universität Berlin als auch ihren internationalen Einfluss aufarbeitet. Es besteht zum einen aus der Postproduktion des Films „Audre Lorde – Die Berliner Jahre 1984 bis 1992. Die wundersame Arithmetik der Unterschiedlichkeiten“, zum anderen der Etablierung eines Audre Lorde-Archivs an der Freien Universität in Kooperation mit dem Universitätsarchiv der Freien Universität.