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„Vermutlich würde er darauf setzen, den Einfluss Chinas zu begrenzen"

Amerika-Experte Thomas Greven lässt sich auf ein Gedankenspiel ein: Was würde Kennedy den Berlinern heute sagen?

Was würde John F. Kennedy den Berlinern sagen, käme er jetzt in die Stadt?

Was würde John F. Kennedy den Berlinern sagen, käme er jetzt in die Stadt?
Bildquelle: Ingrid Lorenz

Der Status Berlins, der Ost-West-Konflikt, die Erwartung vieler Frontstädter, der charismatische Präsident – diese historische Konstellation wird sich so nicht wiederholen. Dennoch lohnt sich die Überlegung: Was hätte John F. Kennedy heute, im Jahr 2013, zu sagen, wenn er nach Berlin käme? Oder gar nach Dahlem an die Freie Universität? Amerika-Experte Thomas Greven lässt sich auf die Spekulation ein, betont aber mehrfach: Es ist wirklich nur ein Gedankenspiel.

Ein US-Präsident riskiert heute schließlich kaum noch etwas, wenn er Berlin besucht. Damals riet Kenendys Außenminister, Dean Rusk, seinem Chef, Berlin zu meiden – die Russen könnten die Visite als Provokation werten. Die Rolle der Bundesrepublik hat sich gewandelt über die Jahrzehnte, ihre Bedeutung als strategischer Alliierter ist geschwunden, gewachsen aber ihre Bedeutung als ökonomischer Motor. „Wahrscheinlich wäre Kennedys Botschaft heute eine wirtschaftspolitische“, vermutet Greven.

„So wie Obama auch würde er vermutlich eine Abkehr von einer reinen Sparpolitik fordern, um die Weltwirtschaft anzukurbeln.“ Kennedy sei „Keynesianer genug“ gewesen, um zu dem Schluss zu gelangen, dass Krisen nur überwunden werden können, wenn die Staaten in Abschwungzeiten investieren. Was würde der US-Präsident den Berlinern heute sagen? Vielleicht hätte Kennedy aber doch auch eine geostrategische Botschaft, kann sich Greven vorstellen.

Die würde im Jahr 2013 aber eher die Rolle Chinas betreffen, das zur Weltmacht aufgestiegen ist. „Vermutlich würde er darauf setzen, den Einfluss der Volksrepublik zu begrenzen – gewissermaßen auszubalancieren.“ Die Freie Universität hat Kennedys Auftrag aus den sechziger Jahren angenommen – und identifiziert sich auch Jahrzehnte später noch damit. Symbolisch lässt sich das ablesen an dem Rede- Auszug, der im Foyer das Präsidiums hängt und den „Weltbürger“-Anspruch thematisiert.

Die Identifikation lässt sich aber auch daran erkennen, dass sie wenige Tage nach dem Tod des US-Präsidenten ihr Amerika-Institut nach ihm benennt. Noch im Jahr 2013 gehört das Institut zu den anerkanntesten Einrichtungen der Hochschule, renommierte Forscher und aufstrebende Nachwuchswissenschaftler verschiedener Disziplinen untersuchen von hier aus Nordamerika: Kultur, Politik, Soziologie, Literatur, Wirtschaft, Geschichte.