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Die Kunst der Geldpolitik

Alfred Guender ist als Stiftungsprofessor der Deutschen Bundesbank zu Gast an der Freien Universität

18.12.2010

Er ist gierig, er ist geizig, er ist reich: Dagobert Duck ist die wohlhabendste Ente der Welt. Er liebt es, in seinen Geldspeicher einzutauchen und darin zu schwimmen. Sein Reichtum ist Selbstzweck. Auf „entividueller“ Ebene ist die Anlage eines Vermögens noch überschaubar. Aber welchen Einfluss haben beispielsweise Zentralbanken auf das Vermögen von Staatsbürgern? Welche Ziele verfolgen sie, und wie erreichen sie diese? Globale Geldpolitik ist Forschungsschwerpunkt des deutsch-neuseeländischen Ökonomen Alfred Guender.

Der 52-Jährige ist in diesem Wintersemester an der Freien Universität zu Gast, er hat die Stiftungsprofessur der Deutschen Bundesbank am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft inne.

Seinen fränkischen Zungenschlag hört man dem gebürtigen Würzburger kaum an. Ab und an verlässt ein gerolltes „r“ seinen Mund, viel häufiger noch sucht der Wahl-Neuseeländer in seinem Kopf voller englischer Wörter nach deutschen Vokabeln. Im Alter von 19 Jahren verließ er Deutschland, studierte und promovierte über Volkswirtschaft in den USA und nahm direkt im Anschluss eine Dozentenstelle in Neuseeland an. Seitdem hat er die Insel nur zu Gastaufenthalten verlassen. Sie führten ihn unter anderem in die Schweiz und nach Finnland.

An der Freien Universität hält Alfred Guender ein Seminar über die Geldpolitik in geschlossenen und offenen Volkswirtschaften. Unter Geldpolitik zusammengefasst sind sämtliche Maßnahmen, mit denen eine Zentralbank ihre Ziele verwirklicht: Vorrangig geht es darum, das Preisniveau stabil zu halten und Konjunkturschwankungen auszugleichen; ganz allgemein soll die Wirtschaftspolitik zum Nutzen des Staates mitgestaltet werden. „Das Verhalten der Zentralbanken beeinflusst unser tägliches Leben ungemein“, sagt Guender. Der Ökonom erforscht, wie Zentralbanken ihre Entscheidungen treffen, wie Zinssätze den Wechselkurs beeinflussen und welche Wechselwirkungen es zwischen der Veränderung der Sätze und dem Verhalten der Wirtschaft gibt. Eines der am häufigsten eingesetzten Instrumente, die Ziele einer Zentralbank zu verwirklichen, sei es, die Zinssätze zu heben oder zu senken, sagt Guender. In einer stabilen Wirtschaftslage funktioniere das meist auch, die Finanzkrise habe die konventionellen Maßnahmen aber auf den Kopf gestellt. Für seinen Forschungsstandort Neuseeland sei es unerlässlich, sich mit der Geldpolitik Europas, der USA und darüber hinaus zu beschäftigen, sagt er: „In Neuseeland sind wir auch abhängig von den australischen und asiatischen Märkten, die Lage bringt gewissermaßen einen Rundumblick mit sich.“

Doch auch die Kenntnis einer globalen Geldpolitik kann nicht erklären, wie die weltweite Wirtschaftskrise mustergültig zu lösen oder zu vermeiden gewesen wäre. „Die Modelle für gesamtwirtschaftliche Prognosen, die wir in den Wirtschaftswissenschaften haben, stammen alle aus den achtziger und neunziger Jahren – mit ihnen lässt sich die Finanzkrise nicht erklären.“ Modelle müssten neu gedacht werden, die Wirtschaftskrise habe sie überholt. Aber auch in Zukunft werde ihre Aussagekraft nur stark begrenzt sein: „Geldpolitik ist mehr Kunst als Wissenschaft, sie lässt sich niemals eindeutig erklären.“

Seine Zeit in Berlin möchte Alfred Guender dazu nutzen, sich mit Experten auf dem Gebiet der Geldpolitik auszutauschen. „In Berlin gibt es mehr Wissenschaftler in diesem Fach als in ganz Neuseeland“, freut er sich. Außerdem will er das Studiensystem hierzulande kennenlernen. Nachdem er mehr als die Hälfte seines Lebens in den USA und Neuseeland verbracht hat, ist dies sein erster Besuch in der deutschen Hauptstadt. Für die Wochenenden hat er sich deshalb vorgenommen, die Stadt zu erkunden und durch Museen zu schlendern. Der Geldexperte möchte auch gezielt auf die Suche nach Blüten gehen: Dass im Bezirk Prenzlauer Berg die „Spreeblüte“ als alternative Währung kursiert, ist bis nach Neuseeland gedrungen und hat ihn neugierig gemacht.