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Auf der Suche nach Normen für die globale Wirtschaft

Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler der Freien Universität forschen zu Arbeitsstandards

15.10.2010

Keine Kinderarbeit, keine Diskriminierung und die Anerkennung von Gewerkschaften: Was nach selbstverständlichen ethischen Maximen klingt, ist in internationalen Unternehmen keineswegs Standard. Wie Arbeitsstandards durch internationale Rahmenabkommen gesichert werden können, dazu fand kürzlich ein Projektworkshop am Fachbereich Wirtschaftswissenschaft der Freien Universität statt.

Seit zwei Jahren beschäftigen sich Wissenschaftler unterschiedlicher Fachrichtungen mit diesem Thema: Das internationale Forschungsprojekt, das Sozial- und Wirtschaftswissenschaftler aus Brasilien, Indien, der Türkei, den USA und Deutschland zusammenführt, wird von einem Team der Freien Universität um Michael Fichter, Politikwissenschaftler am Otto-Suhr-Institut, und Professor Jörg Sydow vom Institut für Management, sowie dem Wirtschaftswissenschaftler Markus Helfen organisiert. Gegenstand des Forschungsprojekts, das an der Freien Universität durchgeführt und von der Hans-Böckler-Stiftung gefördert wird, sind internationale Rahmenabkommen: eine Art ganz spezieller vertraglicher Beziehungen zwischen transnationalen Unternehmen und globalen Gewerkschaften. In den entsprechenden Abkommen verpflichten sich die unterzeichnenden Firmen, die elementaren Kernarbeitsnormen der International Labour Organization (ILO), einer Unterorganisation der UNO, einzuhalten. Das bedeutet konkret: keine Kinder- oder Zwangsarbeit, keine Diskriminierung, dafür Anerkennung von Gewerkschaften und von Kollektivverhandlungen über Arbeitsbedingungen. Solche Rahmenabkommen stellen ein neuartiges Instrument internationaler Arbeitsbeziehungen auf Unternehmensebene dar. Sowohl das Zustandekommen dieser Abkommen als auch ihre Umsetzung sind Gegenstand fortgesetzter Verhandlungen zwischen Gewerkschaften und transnationalen Unternehmen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wird die Umsetzung der Rahmenabkommen untersucht. Dabei wird die Rolle des Managements ebenso betrachtet wie die der Gewerkschaften – sowohl in den Headquarters der Unternehmen und den Gewerkschaften in ihren Heimatländern als auch in den ausländischen Tochterunternehmen mit den jeweiligen Zulieferern und Partnern im System industrieller Beziehungen vor Ort.

Die Durchführung des Projekts mit ausländischen Forschungspartnern sei für das Berliner Projektteam ausgesprochen wichtig, sagt Professor Jörg Sydow: „Auf diese Weise können die einschlägigen Kenntnisse und Erfahrungen von Spezialisten aus den einzelnen, sehr unterschiedlichen Ländern für das Projekt genutzt werden.“ Die bei dem Treffen diskutierten, noch vorläufigen Ergebnisse zeigten, wie wichtig es sei, den vereinbarten Grundsätzen auch Taten folgen zu lassen. Die Schwierigkeiten, Rahmenabkommen tatsächlich umzusetzen, seien vielfältig und erschienen oft unüberwindbar. Trotz bestimmter Unternehmensstrategien, organisatorischer Probleme der Gewerkschaften und mangelhafter Institutionen in den einzelnen Ländern, ließen sich jedoch vereinzelt „good practices“ einer Umsetzung aufzeigen, erklärt Jörg Sydow. Wie diese positiven Fälle zustande kommen, untersuchen die Wissenschaftler: Damit Rahmenabkommen eine nachhaltige Wirkung auch dort entfalten können, wo sie am Wichtigsten scheinen. FU