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Benjamin Friedman zu Gast in Berlin

27.07.2009

„Nicht Inflation, sondern Deflation ist die große Gefahr in der aktuellen Krise“, warnte Benjamin Friedman. Der US-amerikanische Professor am Department of Economics der Harvard University war Ende Juni zu Gast an der Graduate School of North American Studies des John-F.-Kennedy Instituts der Freien Universität. In seinem Vortrag gab er eine Einschätzung der US-Wirtschaftspolitik in der Finanzkrise ab.

Die in Europa oft gescholtene keynesianische Ausgabenpolitik, in der der Staat sich verschuldet, um durch zusätzliche Ausgaben die Wirtschaft anzukurbeln, lobte der ehemalige Zentralbanker ausdrücklich. Außerdem sei es seiner Meinung nach nötig, noch größere Pakete aufzulegen. Auch die Politik der Zentralbank, wie etwa den Aufkauf staatlicher Schuldverschreibungen durch die Zentralbank, schätzte Benjamin Friedman positiv ein. Europäische Staatschefs und Journalisten hatten dieses Vorgehen scharf kritisiert, weil sie darin die große Gefahr einer Inflation sahen. Friedman sieht langfristig die Gefahr einer Inflation, sagte aber, dass die wirkliche Gefahr im Moment eine Deflation sei, ein Fallen der Preise. In Japan hatte eine Deflation nach der Finanzkrise der 1990er Jahre zu einer zehnjährigen wirtschaftlichen Stagnation geführt. Hyperinflationen wie in der Weimarer Republik oder zurzeit in Zimbabwe entstehen vor allem, wenn eine Regierung ihre Ausgaben durch die Zentralbank finanzieren lässt, die das zusätzliche Geld einfach druckt, anstatt sich auf den privaten Finanzmärkten zu verschulden. Kritisch zeigte sich Friedman beim Umgang mit den Banken. Seiner Ansicht nach hätte die US-Regierung viele Banken viel früher verstaatlichen und auch generell mehr Zwang ausüben müssen. Dass die Banken deswegen weiterhin zu wenig Eigenkapital besitzen, hält der US-amerikanische Wissenschaftler für das größte Risiko für die weitere Wirtschaftsentwicklung.