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Einblick in Gedanken- und Gefühlswelten

Wissenschaftler machen Erinnerungen sichtbar und stellen unsere Sinne auf die Probe

Eine Nacht lang dauerte der Einbau des Magnetresonanztomografen an der Habelschwerdter Allee 45. Am 13. Juni ist das MRT-Labor zu besichtigen.

Eine Nacht lang dauerte der Einbau des Magnetresonanztomografen an der Habelschwerdter Allee 45. Am 13. Juni ist das MRT-Labor zu besichtigen.
Bildquelle: Bernd Wannenmacher

Warum bringt uns Musik manchmal zum Weinen? Wie lenkt ein Kriegsfilm unsere Gefühle? Was passiert in unserem Gehirn, wenn wir mit Romanhelden leiden? Diesen und anderen Fragen geht der als exzellent begutachtete Forschungscluster „Languages of Emotion“ an der Freien Universität Berlin auf den Grund. Dort wollen Wissenschaftler aus mehr als 20 Disziplinen gemeinsam den Zusammenhang zwischen Sprache und Gefühlen enträtseln.

Bei der Langen Nacht der Wissenschaften ist Gelegenheit, ein neues Forschungsfeld entstehen zu sehen (alle hier beschriebenen Programmpunkte findet man in Haus 10 in der Karte Seite B4/5). Kulturbegeisterte können bei Multimedia-Präsentationen oder experimentellen Lesungen mehr über das Verhältnis von Kunst und Emotion erfahren (Raum JK 31/152, 17.00 bis 1.00 Uhr). Darüber hinaus gibt es für Kinder und Erwachsene die Möglichkeit, wissenschaftliche Geräte und Messinstrumente auszuprobieren oder selbst in die Rolle der Versuchsperson zu schlüpfen: Die Lange Nacht im Cluster führt eine Reihe psychologischer Tests vor, die das Zusammenspiel von Gefühlen, Gehirn und Körper anschaulich machen.

Dass einem beim Lügen die Nase wächst, behaupten immer noch viele Eltern – das Datenmaterial für diese These ist allerdings dürftig, bleibt doch die Kinderbuchfigur Pinocchio das bislang einzige Fallbeispiel. Bewiesen ist dagegen, dass Lügen körperliche Reaktionen auslöst. In der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelten Wissenschaftler den Lügendetektor. Er sollte messen, wie die Atmung oder der Puls eines Menschen sich verändern, wenn er nicht die Wahrheit sagt. Heute prüfen die sogenannten Polygrafen zum Beispiel auch die Stimmlage, die Mimik oder die Schweißproduktion mutmaßlicher Lügner. Aber wie zuverlässig sind die Ergebnisse? Wem gelingt es, die Messungen zu manipulieren? Besucher können testen, wie gut oder schlecht sie selbst schwindeln (JK 26/133, 19.00, 22.00, 23.00 Uhr).

Nicht nur beim Lügen, sondern auch, wenn wir uns erinnern, laufen in Hirn und Körper Prozesse ab, die sich von außen beobachten lassen. Per Elektroenzephalografie (EEG) – einem Verfahren, mit dem die elektrischen Gehirnströme gemessen werden – kann man bei der Langen Nacht im Cluster live dabei zusehen, was im Kopf eines Menschen passiert, der sich bekannte Bilder ins Gedächtnis ruft (EEG-Labor, JK 25/21d, f, 17.45, 19.30, 21.15, 23.00 Uhr). Neben Erinnerungen machen die Wissenschaftler Gemütslagen sichtbar: Ob wir befreit, aufgeregt oder müde sind, ist an unserer Muskelspannung ablesbar. Ein Biofeedback-Instrument meldet den Spannungslevel der Testpersonen – und die Wissenschaftler erklären, wie man seine Muskeln beeinflussen kann, ohne sich körperlich anzustrengen (L 115, 17.00 bis 1.00 Uhr).

Wer mit der Erinnerung manchmal Schwierigkeiten hat, ist im EEG-Labor ebenfalls gut aufgehoben. Den Namen eines Bekannten vergessen, einen wichtigen Termin verschwitzt, an der falschen Haltestelle ausgestiegen – Gedächtnislücken dieser Art kennen fast alle Menschen. Wissenschaftler der Freien Universität zeigen, wie so ein Aussetzer entsteht, führen Instrumente vor, mit denen Störungen diagnostiziert werden, und geben Tipps, wie man seine kognitiven Fähigkeiten trainieren kann (EEG-Labor, 17.00, 18.45, 20.30, 22.15, 0.00 Uhr). Wer darüber hinaus etwas über die Grenzen der menschlichen Wahrnehmung erfahren will, sollte sich das „Change Blindness“-Experiment nicht entgehen lassen: Hier demonstrieren Forscher, wie sich unsere Sinne täuschen lassen – selbst, wenn wir eigentlich ganz genau aufpassen (JK24/01e, 17.00 bis 23.00 Uhr).

Gefühle können uns zum Reden veranlassen oder uns wortkarg machen – zum Beispiel haben Menschen mit sozialen Angststörungen häufig Probleme, sich anderen anzuvertrauen. Wie diese Störungen entstehen und was man tun kann, um sie zu überwinden, erklären Mitarbeiter der neu gegründeten Hochschulambulanz der Freien Universität in kurzen Vorträgen (L 115, 18.00, 20.00, 22.00 Uhr). Manche schweren körperlichen und seelischen Misshandlungen bringen Menschen mehr oder weniger vollständig zum Schweigen. Mit anderen über traumatische Erfahrungen zu sprechen, ist zum Beispiel den Opfern von Folter oft unmöglich. Aber hilft es, wenn sie anonym darüber schreiben? Inwiefern sind E-Mails und Chats dazu geeignet, Traumata zu heilen? Wird es in Zukunft virtuelle Psychotherapie geben? Gemeinsam mit dem Behandlungszentrum für Folteropfer stellen Forscher der Freien Universität zwei Modelle der Online-Behandlung vor (L115, 17.00 bis 1.00 Uhr).