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Von Leberwerten zum Marktwert

Erfolgreiche Geschäftsideen bringen der Freien Universität Berlin den Sieg im Businessplan-Wettbewerb

Von Florian Michaelis

Beim Verdacht auf Lebererkrankungen können Mediziner häufig nur eines tun: vermuten, was genau nicht stimmt. Denn die sogenannten Leberwerte, die ein Arzt misst, dienen höchstens als Indizien für Leberschäden: Sie geben nur Auskunft über Stoffe, die im Blut entstehen können, wenn Leberzellen geschädigt sind – Diagnose im Konjunktiv. Die Leber ist so etwas wie Chemiefabrik und Entgiftungsstation in einem: Sie baut Schadstoffe ab, wandelt unbrauchbare Stoffe in brauchbare um und versorgt den Körper damit – mehr als 500 verschiedene biochemische Prozesse laufen ab. Und bisher konnte niemand direkt messen, wie gut die Fabrik arbeitet. „Bei beginnender Leberzirrhose sind alle Leberwerte normal“, sagt Martin Stockmann, Chirurg an der Charité Universitätsmedizin Berlin. Obwohl die Leber dann schwer geschädigt ist, lässt sich das nicht erkennen.

Der Mediziner Stockmann hat zusammen mit dem Physiker Karsten Heyne, Juniorprofessor an der Freien Universität, ein Verfahren entwickelt, mit dem sich nun erstmals direkt messen lässt, wie gut das lebenswichtige Organ funktioniert. Es besteht aus zwei Komponenten: zum einen aus einem Diagnostikum, also einem Mittel, das einem Patienten gespritzt wird; zum anderen aus einem Gerät, das Abbauprodukte des Diagnostikums in der Luft messen kann, die ein Patient ausatmet. „Wir haben es im Labor und in der Klinik getestet, es funktioniert sehr zuverlässig“, sagt Heyne.

Jetzt wollen die Wissenschaftler das Verfahren auf den Markt bringen. Sie haben, unterstützt von der Charité und von „profund“, der Gründungsförderung der Freien Universität, das Projekt „Humedics“ gegründet und einen Businessplan verfasst. Mit dem waren sie jetzt erfolgreich im Businessplan-Wettbewerb (BPW) Berlin-Brandenburg: In der Sparte „BPW-Technology“ landeten sie auf Platz 2 und bekamen 7500 Euro. Bis zur Marktreife brauchen die akademischen Unternehmer allerdings nach eigenen Angaben noch etwa ein bis zwei Millionen Euro. „Wir sind zuversichtlich, schnell Investoren zu finden“, sagt Heyne.

Bei dem Wettbewerb schnitt die Freie Universität insgesamt sehr gut ab: Sie wurde erneut als erfolgreichste Ideenschmiede ausgezeichnet; von sechs Preisträgern stammen drei von der Freien Universität. Das sei ein weiterer Beleg für die Professionalität der Gründungsförderung an der Hochschule, sagte der Präsident der Freien Universität, Professor Dieter Lenzen. Der Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg ist der bundesweit größte seiner Art. Beim diesjährigen 13. Durchlauf konkurrierten 702 Geschäftsmodelle um Ehre und Preisgeld.

Auch „Gagamedia“ gehört zu den Gewinnern, ebenfalls eine durch „profund“ unterstützte Neugründung. Das Team um den Ingenieur Ilja Aßmus hat eine Art Content-Tankstelle fürs Handy entwickelt: An einem Automaten sucht sich der Kunde ein Lied, einen Videoguide oder eine Grußbotschaft aus, die er sich per „Bluetooth“, also kabellos, auf sein Handy herunterladen kann. Bezahlt wird bar und in Münzen – kein Abo, keine Folgekosten. „Der Automat kann jeden digitalen Inhalt bereitstellen“, sagt Aßmus. Bei der „Langen Nacht der Wissenschaften“ hat das kleine Team – ein Informatiker, zwei Betriebswirte – schon zwei der Automaten vorgeführt. Als nächstes sollen fünf Boxen von der Größe eines Kaugummi-Automaten in Diskos, an Kiosken und Bars getestet werden.

„Gagamedia“ landete auf dem zweiten Platz in der Sparte „BPW-Service“, eine Kategorie für Geschäftsideen, die sich nicht hauptsächlich auf Technik konzentrieren. Auch Aßmus und sein Team sind auf der Suche nach Investoren. Der Ingenieur gerät ins Schwärmen, wenn er von seinem Konzept spricht: Die Automaten seien nicht teuer, die Produktionskosten lägen nur bei knapp 1000 Euro – „Allein ein Zigarettenautomat kostet schon 2500 Euro“, sagt er. Sie könnten mit Solarzellen oder Akkus betrieben werden. Und sie seien sehr einfach zu bedienen, ohne dass für den Kunden versteckte Kosten entstünden.

In der Kategorie „BPW-Technology“ kamen gleich fünf der an der Freien Universität entwickelten Geschäftsideen in die engere Auswahl. Den dritten Platz in der Sparte belegten Werner Eymann und Ralf Blohberger mit ihrem Konzept „Eysono“. Sie entwickelten eine Technik, die es erlaubt, extrem flache Lautsprecher ohne Gehäuse zu bauen, die präzise im Klang sind und wenig Energie verbrauchen. „Das Besondere: Die Geräte strahlen die Schallwellen parallel ab, wodurch im gesamten Raum ein dreidimensionales Klangbild entsteht“, heißt es bei den Gründern.

„profund“ unterstützt Unternehmergeist und gute Ideen mit Beratung, mit Räumen und einem engen Netzwerk aus kompetenten Partnern.

Weiteres im Internet: www.fu-berlin.de/profund