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„Wichtig ist, dass in Berlin jetzt noch mehr in die Wissenschaft investiert wird“

Deutsche Universitäten brauchen auch private Gelder, meint der amerikanische Politologe Samuel H. Barnes

Auf ihrem Weg in die Zukunft wird die Freie Universität Berlin von einem Gremium weltweit renommierter Hochschulmanager und Wissenschaftler begleitet. An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig ein Mitglied dieses „International Council“. Heute: Prof. Dr. Samuel H. Barnes vom BMW Center for German and European Studies der Georgetown University in Washington D. C. Die Fragen stellte Ilka Seer.


 

In den USA haben sich 1954 die führenden Universitäten zur „Ivy League“ zusammengeschlossen und bilden die Elite der amerikanischen Hochschullandschaft. Wie ist in Amerika der in Deutschland durchgeführte Exzellenzwettbewerb aufgefasst worden?

Prof. Dr. Samuel H. Barnes
Foto: Georgetown University

Die amerikanischen Medien haben sich für den Wettbewerb in Deutschland kaum interessiert. Im Wissenschaftsbetrieb war das etwas anders, vor allem bei den Forschern, die mit internationalen Kollegen eng kooperieren und ein Netzwerk gebildet haben. Die beobachten und verfolgen natürlich genau, was in anderen Staaten vor sich geht.

In der ersten Runde konnten sich nur süddeutsche Universitäten durchsetzen. Welche Auswirkungen hat das Ihrer Meinung nach auf den Wissenschaftsstandort Berlin?

Die drei Sieger-Universitäten profitieren hauptsächlich von dem Prestige, das sie jetzt genießen. Die Entscheidung der Kommission, in der ersten Runde nur süddeutsche Hochschulen auszuzeichnen, hat das Ansehen der Freien Universität international nicht verändert. Auch der Wissenschaftsstandort Berlin wird darunter nicht nachhaltig leiden. Wichtig aber ist, dass in Berlin jetzt noch mehr in die Wissenschaft investiert wird – und zwar über einen längeren Zeitraum hinweg, um für Studierende und Forscher weiterhin attraktiv zu bleiben.

Sie sind Experte auf dem Gebiet „German and European Studies“ und haben an vielen namhaften Institutionen in der ganzen Welt gelehrt und geforscht. Welche Ratschläge können Sie der Freien Universität Berlin mit auf den Weg geben, das Ziel, eine internationale Netzwerkuniversität zu werden, zu erreichen?

Die Freie Universität verfolgt ihre Ziele konsequent und auf eine sehr kreative Art. Sie hat bereits wichtige und innovative, zuweilen sogar schwierige Entscheidungen getroffen. Das bewundere ich. Wenn sie ihre ehrgeizigen Pläne finanzieren kann, ist sie auf dem besten Weg, eine internationale Netzwerkuniversität zu werden. Aber es ist teuer, dieses Ziel zu erreichen. Die finanziellen Mittel, die mit dem Exzellenzwettbewerb zur Verfügung gestellt werden, sind ein notwendiger Schritt für die Weiterentwicklung der deutschen Hochschulen. Ihre finanziellen Probleme sind ernst – vor allem für diejenigen Universitäten, die international auf hohem Niveau mithalten wollen. Deutschland investiert längst nicht so viel Geld in der Bildungswesen wie zum Beispiel die Vereinigten Staaten. Von daher ist die Exzellenzinitiative der erste Schritt in die richtige Richtung.

Woher soll das fehlende Geld kommen?

Die Idee der gebührenfreien Universitätsausbildung ist nobel und hat in Deutschland eine lange Tradition. Aber das hat auch Folgen: Es fehlt eine zusätzliche Einnahmenquelle. Viele der bedeutendsten Universitäten in den USA sind private Einrichtungen, die ziemlich hohe Studiengebühren verlangen. Es gibt aber auch renommierte staatliche Hochschulen, zum Beispiel die Universitäten von Kalifornien und Michigan. Sogar die verlangen hohe Studiengebühren, insbesondere von internationalen Studierenden. Diesen Unis stehen darüber hinaus beachtliche Stiftungsgelder zur Verfügung, und sie erhalten enorme Drittmittel von privaten und öffentlichen Einrichtungen.

Hochschulen Geld zu stiften ist in Deutschland leider noch nicht so weit verbreitet wie in den USA.

Ich weiß. Umso beeindruckender ist die Entscheidung der Schweizer Jacobs Foundation, der International University Bremen 200 Millionen Euro zu spenden und sie dafür in „Jacobs University Bremen“ umzubennen. Vielleicht ist das ja der Beginn eines neuen Trends in Deutschland. Solche privaten Subventionierungen der Universitäten sind in den USA schon lange üblich.

INTERNATIONAL COUNCIL

Die Mitglieder

Prof. Dr. Christoph Badelt, Rektor der Wirtschaftsuniversität Wien und Präsident der Österreichischen Rektorenkonferenz ÖRK; Prof. Samuel Barnes, Georgetown University, Washington D. C., Direktor des Center of German and European Studies; Dr. Christian Bode, Generalsekretär des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD); Prof. Ian Chubb AO, Vice Chancellor der Australian National University, Canberra; Prof. Ivor Martin Crewe, Vice Chancellor der University of Essex; Richard Descoigns, Direktor des Institut d'Etudes Politiques de Paris (Science Po); Prof. Dr. Hans-Uwe Erichsen, Vorsitzender des Kuratoriums der Freien Universität Berlin, Präsident a. D. der Hochschulrektorenkonferenz HRK; Prof. Malcolm Grant, Präsident des University College London; Winfried Grolig, Botschafter, Ministerialdirektor, Leiter der Kultur- und Bildungsabteilung im Auswärtigen Amt; Prof. Peter A. Hall, Direktor des Minda de Gunzburg Center for European Studies, Harvard College; Dr. Sijbolt Noorda, Präsident der Universiteit van Amsterdam; Prof. Dr. Konrad Osterwalder, Rektor der Eidgenössischen Technischen Hochschule (ETH) Zürich; Dr. Debra W. Steward, Präsidentin des Councils of Graduate Schools, Washington D. C., Prof. Anatoly V. Torkunov, Rektor des Moscow State Institute of International Relations (MGIMO), Moskau; Prof. Dr. Hans Weiler, Stanford University, Rektor a. D. der Europa-Universität Viadrina Frankfurt/Oder. is