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Santa Claus im Schornstein

Advent, Advent...!

Das christliche Weihnachtfest vereint die unterschiedlichsten Traditionen und Bräuche. Andere Länder, andere Sitten: Wissenschaftler von der Freien Universität Berlin erzählen, wie die Festtage in den USA, in Russland und in Spanien begangen werden.

 

Santa Claus im Schornstein

Schon nach dem Erntedankfest beginnt in den USA offiziell die Weihnachtszeit

Der amerikanische Weihnachtsmann Santa Claus reist am Heiligabend mit einem Rentierschlitten von Haus zu Haus. Er klettert den Schornstein hinab und lässt Geschenke für die Kinder da, die am Morgen des ersten Weihnachtstages ausgepackt werden. Man kennt das aus den unzähligen amerikanischen Weihnachtsfilmen und -serien, die auch hierzulande gerne zu dieser Zeit ausgestrahlt werden. Santa Claus steckt Leckereien in die Weihnachtsstrümpfe, die am Kamin hängen, er isst die Kekse und trinkt die Milch, die die Kinder ihm hingestellt haben.

Mittlerweile hat in Amerika jedes Einkaufszentrum seinen eigenen Santa Claus, dem die Kinder ihre Geschenkwünsche mitteilen können. Die Erwachsenen nutzen das Fest, um Freunde und Geschäftspartner, die in den USA häufig sehr weit voneinander entfernt leben, mit Weihnachtskarten über die Geschehnisse des vergangenen Jahres zu informieren. Der Einfachheit halber geschieht das häufig per Sammelbrief. Die Größe des Freundeskreises und der Umfang der Geschäftskontakte lassen sich an der Anzahl der Karten abzählen, die man selbst bekommt. Deshalb werden sie auch so gerne auf dem Kaminsims zur Schau gestellt.

Ende November, nach dem amerikanischen Erntedankfest „Thanksgiving“, beginnt in den USA offiziell die Weihnachtszeit. Überall leuchtet und blinkt es vor allem in den Vorgärten und den Einkaufszentren. Einen Adventskranz oder einen Adventskalender kennen die Amerikaner nicht. Dafür aber einen anderen deutschen Brauch: den Tannenbaum.

Den Weihnachtsbaum verdanken die Amerikaner den Deutschen. Hessische Söldner sollen den Brauch während des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges Ende des 17. Jahrhunderts in die USA mitgebracht haben. Sehr populär war er damals allerdings noch nicht, gerade den Puritanern waren diese reich geschmückten Bäume ein Dorn im Auge. Schon in der Kolonialzeit hatten sie das „heidnische“ Weihnachtsfest verboten. In Boston musste man von 1659 bis 1681 sogar Strafe zahlen, wenn man dennoch feierte. Auch unmittelbar nach der Erlangung der Unabhängigkeit blieb Weihnachten – aufgrund seiner Nähe zum englischen Brauchtum – in den Vereinigten Staaten zunächst ein Stiefkind. Als jedoch in den 1840er Jahren immer mehr britische und deutsche Einwanderer den Brauch in der neuen Welt zelebrierten, wurde der Tannenbaum auch in den USA populär. 1848 fand sich zum ersten Mal ein Bild eines geschmückten Weihnachtsbaums auf der ersten Seite einer amerikanischen Zeitung. Innerhalb von nur wenigen Jahren hatte er sich in fast jedem amerikanischen Haushalt einen festen Platz erobert. Der 25. Dezember allerdings wurde erst im Jahr 1870 offiziell zum Feiertag erklärt. Heute sind viele amerikanische Weihnachtsbäume an Kitsch und Überladenheit kaum noch zu überbieten. Dabei haben die Amerikaner ihren ganz eigenen Stil entwickelt, der sich von der traditionellen deutschen Tanne und ihrer eher spärlichen Dekoration sehr deutlich unterscheidet.

Im Schmelztiegel USA sind die unterschiedlichsten Weihnachtsbräuche zusammengeflossen. Mit den Engländern kam das so genannte „Caroling“, das Weihnachtssingen von Tür zu Tür, und die Tradition, die Geschenke erst am 25. Dezember zu öffnen. Holländische Siedler brachten die Figur des Nikolaus (Sinterklaas), Vorbild für den Santa Claus. Doch zunächst sah Santa Claus, noch sehr ernst und asketisch aus. Dies sollte sich durch ein berühmtes Gedicht aus dem Jahre 1822 von Clement Clarke Moore ändern. In seinem „Night Before Christmas“ beschreibt er Santa Claus als gutmütigen Weihnachtsmann, wie ihn die Amerikaner heute kennen. Eine erste berühmte Illustration in der Zeitschrift „Harper's Weekly“ aus dem Jahre 1863 zeigt ihn ähnlich: gut genährt, wie er versucht, den Schornstein hinunter zu rutschen. Weltruhm erlangte der amerikanische Santa Claus dann durch eine Werbekampagne von Coca-Cola in den 1930er Jahren. Dieses Bild bestimmt bis heute die amerikanische Vorstellung vom Aussehen des Weihnachtsmanns.

Als Festessen gibt es in den USA – wie auch schon an Thanksgiving – den Weihnachtstruthahn. Zuckerstangen hängen am Christbaum und zu Trinken gibt's „Egg Nog“ (Eierpunsch). Dieses rumhaltige Getränk („Nog“ bedeutet Grog) wurde, so ist es durch Captain John Smith verbrieft, bereits 1607 in der ersten englischen Siedlung auf dem amerikanischen Festland zu Weihnachten getrunken. Vielleicht hat der amerikanische Santa Claus deshalb auch so rote Wangen. Na dann, Merry Christmas.

Von Petra Dolata-Kreutzkamp, wissenschaftliche Assistentin am John F. Kennedy-Institut für Nordamerika-Studien (Abteilung Geschichte) der Freien Universität Berlin.