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Nachwuchs für Europas Elite

Innenminister Otto Schily eröffnet den Studiengang Europawissenschaften

So viel Sicherheit wie an diesem dunklen Oktober-Abend ist selten am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft in Dahlem: Polizisten patrouillieren auf dem Parkplatz. Der Katalograum der Bibliothek ist zur provisorischen Sicherheitsschleuse umgebaut worden. Studierende und Dozenten, Gäste und Ehemalige, insgesamt etwa 150 Menschen, werden durchleuchtet wie am Flughafen. Jacken und Taschen müssen draußen bleiben. Es kommt schließlich der Innenminister – für den gilt die höchste Sicherheitsstufe. Otto Schily (SPD) wird die neuen Studierenden des Postgraduierten-Studiengangs Europawissenschaften begrüßen und über „Europa und den internationalen Terrorismus“ sprechen.

Die Studierenden kommen aus der ganzen Welt und sind gespannt auf den deutschen Innenminister. Justin Leahey ist 24 Jahre alt und kommt aus Boston, USA und ist seit zwei Wochen in Deutschland. Ihn interessiert die „deutsche Sicht auf den Terrorismus.“ Neben ihm sitzt Gayane Apinyah, 30 Jahre alt, aus Armenien. Sie will wissen, ob Schily etwas über den möglichen EU-Beitritt der Türkei sagen wird. In seinem Vortrag dann warnt Otto Schily vor einem „Kampf der Kulturen, in den wir uns unter keinen Umständen hineintreiben lassen dürfen.“ Fünf Punkte seien wesentlich für Europa als globalem Akteur: Die Verantwortung für Afghanistan, Europas Beitrag zur Lösung der Konflikte im Nahen Osten und im Irak, die Armutsbekämpfung in Afrika, die Grenzen der EU und die Auseinandersetzung mit dem islamistischen Terror. Schily sieht darin eine „geistig-politische Herausforderung, die sich den Europäern stellt“. Europa habe als „Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts“ eine „große Verantwortung“. Er wünscht sich von den „diplomierten Europäerinnen und Europäern“, dass sie „Europa weiter ausbauen, um unserer Verantwortung für die globale Sicherheit“ gerecht zu werden.

„Diplomiert“ werden die Studierenden der Europawissenschaften zwar nicht, aber auf die Arbeit in den europäischen Eliten mit dem „Master of European Studies“ optimal vorbereitet. In nur einem Jahr durchlaufen die 25 Studierenden einen höchst anspruchsvollen Studiengang, der von der Freien Universität Berlin gemeinsam mit der Technischen Universität und der Humboldt-Universität ausgerichtet wird. Er verbindet dabei die Bereiche Politik-, Rechts- und Wirtschaftswissenschaften miteinander. Bei den Lehrveranstaltungen geht es etwa um „Kulturelle Grundlagen der EU“, „Transatlantische Beziehungen“ oder „Europäische Zusammenarbeit im Bereich der inneren Sicherheit“. Hinzu kommen ein siebenwöchiges Praktikum, eine Masterarbeit und eine mündliche Abschlussprüfung. Das ist nichts für „Bummelstudenten“ – ausdrücklich richtet sich das Programm an „leistungsfähige und -willige Studierende“. Für qualifizierte Bewerber, die sich die 5000 Euro Gebühren nicht leisten können, gibt es Stipendien. Wer also einen weit überdurchschnittlichen Studienabschluss in der Tasche hat, fließend Deutsch, Englisch und eine weitere EU-Sprache spricht, der kann sich für nächstes Jahr bewerben.

Der Erfolg gibt den Machern des Studiengangs Recht: Seit der Einführung des Studienganges im Jahr 1998 haben zahlreiche Absolventen die sehr anspruchsvolle und schwierige Aufnahmeprüfung für den diplomatischen Dienst absolviert. Damit nicht alle zukünftigen hoch qualifizierten Europawissenschaftler für seinen Kollegen Joschka Fischer arbeiten, bittet Otto Schily die Studierenden: „Melden Sie sich bitte auch bei meiner Personalstelle.“ Oliver Trenkamp

Der Postgraduierten-Studiengang Europawissenschaften im Internet: www.europawissenschaften-berlin.de